Kant: AA VIII, Recensionen von J. G. Herders ... , Seite 060 |
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01 | der Meinungen, der Übung und Gewohnheit durch Beispiele verschiedener | ||||||
02 | Nationen. | ||||||
03 | Das neunte beschäftigt sich mit der Abhängigkeit des Menschen von | ||||||
04 | andern in der Entwickelung seiner Fähigkeiten, mit der Sprache als Mittel | ||||||
05 | zur Bildung der Menschen, mit der Erfindung der Künste und Wissenschaften | ||||||
06 | durch Nachahmung, Vernunft und Sprache, mit den Regierungen | ||||||
07 | als festgestellten Ordnungen unter den Menschen meistens aus ererbten | ||||||
08 | Traditionen: und schließt mit Bemerkungen über die Religion und die | ||||||
09 | älteste Tradition. | ||||||
10 | Das zehnte enthält größtentheils das Resultat der Gedanken, die | ||||||
11 | der Verf. schon anderwärts vorgetragen; indem es außer den Betrachtungen | ||||||
12 | über den ersten Wohnsitz der Menschen und die asiatischen Traditionen | ||||||
13 | über die Schöpfung der Erde und des Menschengeschlechts das | ||||||
14 | Wesentlichste der Hypothese über die mosaische Schöpfungsgeschichte aus | ||||||
15 | der Schrift: älteste Urkunde des Menschengeschlechts wiederholt. | ||||||
16 | Diese trockene Anzeige soll auch bei diesem Theile nur Ankündigung | ||||||
17 | des Inhalts, nicht Darstellung des Geistes von diesem Werke sein; sie soll | ||||||
18 | einladen, es zu lesen, nicht die Lectüre desselben ersetzen oder unnöthig | ||||||
19 | machen. | ||||||
20 | Das sechste und siebente Buch enthalten fast größtentheils nur Auszüge | ||||||
21 | aus Völkerbeschreibungen; freilich mit geschickter Wahl ausgesucht, | ||||||
22 | meisterhaft disponirt und allerwärts mit eignen sinnreichen Beurtheilungen | ||||||
23 | begleitet; aber eben darum desto weniger eines ausführlichen Auszugs | ||||||
24 | fähig. Es gehört auch hier nicht zu unsrer Absicht, so manche schöne | ||||||
25 | stellen voll dichterischer Beredsamkeit auszuheben oder zu zergliedern, | ||||||
26 | die jedem Leser von Empfindung sich selbst anpreisen werden. Aber eben | ||||||
27 | so wenig wollen wir hier untersuchen, ob nicht der poetische Geist, der den | ||||||
28 | Ausdruck belebt, auch zuweilen in die Philosophie des Verfassers eingedrungen; | ||||||
29 | ob nicht hie und da Synonymen für Erklärungen und Allegorien | ||||||
30 | für Wahrheiten gelten; ob nicht statt nachbarlicher Übergänge aus dem | ||||||
31 | Gebiete der philosophischen in den Bezirk der poetischen Sprache zuweilen | ||||||
32 | die Grenzen und Besitzungen von beiden völlig verrückt seien; und ob an | ||||||
33 | manchen Orten das Gewebe von kühnen Metaphern, poetischen Bildern, | ||||||
34 | mythologischen Anspielungen nicht eher dazu diene, den Körper der Gedanken | ||||||
35 | wie unter einer Vertugade zu verstecken, als ihn wie unter einem | ||||||
36 | durchscheinenden Gewande angenehm hervorschimmern zu lassen. Wir überlassen | ||||||
37 | es Kritikern der schönen philosophischen Schreibart, oder der letzten | ||||||
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