Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 277 |
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01 | vernünftigen Geschöpfe selbst mitten in Kriegen nicht hindert, dem | ||||||
02 | Menschengeschlecht in kommenden Jahrhunderten einen Glückseligkeitszustand, | ||||||
03 | der nicht mehr rückgängig sein wird, im Prospect unzweideutig vorzustellen. | ||||||
05 | Von dem höchsten moralisch=physischen Gut. |
[ entsprechender Abschnitt in den Reflexionen zur Antropologie (AA XV, 493) ] | |||||
06 | § 88. Die beiden Arten des Gutes, das physische und moralische, | ||||||
07 | können nicht zusammen gemischt werden; denn so würden sie sich neutralisiren | ||||||
08 | und zum Zweck der wahren Glückseligkeit gar nicht hinwirken; sondern | ||||||
09 | Neigung zum Wohlleben und Tugend im Kampfe mit einander | ||||||
10 | und Einschränkung des Princips der ersteren durch das der letzteren | ||||||
11 | machen zusammenstoßend den ganzen Zweck des wohlgearteten, einem | ||||||
12 | Theil nach sinnlichen, dem anderen aber moralisch intellectuellen Menschen | ||||||
13 | aus; der aber, weil im Gebrauch die Vermischung schwerlich abzuhalten | ||||||
14 | ist, einer Zersetzung durch gegenwirkende Mittel ( reagentia ) bedarf, um | ||||||
15 | zu wissen, welches die Elemente und die Proportion ihrer Verbindung ist, | ||||||
16 | die, mit einander vereinigt, den Genuß einer gesitteten Glückseligkeit | ||||||
17 | verschaffen können. | ||||||
18 | Die Denkungsart der Vereinigung des Wohllebens mit der Tugend | ||||||
19 | im Umgange ist die Humanität. Es kommt hier nicht auf den Grad | ||||||
20 | des ersteren an; denn da fordert einer viel, der andere wenig, was ihm | ||||||
21 | dazu erforderlich zu sein dünkt, sondern nur auf die Art des Verhältnisses, | ||||||
22 | wie die Neigung zum ersteren durch das Gesetz der letzteren eingeschränkt | ||||||
23 | werden soll. | ||||||
24 | Die Umgänglichkeit ist auch eine Tugend, aber die Umgangsneigung | ||||||
25 | wird oft zur Leidenschaft. Wenn aber gar der gesellschaftliche Genu | ||||||
26 | prahlerisch durch Verschwendung erhöht wird, so hört diese falsche | ||||||
27 | Umgänglichkeit auf Tugend zu sein und ist ein Wohlleben, was der Humanität | ||||||
28 | Abbruch thut. | ||||||
29 | Musik, Tanz und Spiel machen eine sprachlose Gesellschaft aus (denn | ||||||
30 | die wenigen Worte, die zum letzteren nöthig sind, begründen keine Conversation, | ||||||
31 | welche wechselseitige Mittheilung der Gedanken fordert). Das | ||||||
32 | Spiel, welches, wie man vorgiebt, nur zur Ausfüllung des Leeren der | ||||||
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