Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 269

   
         
 

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  01 sie (als Hirtenvölker) an keinen Boden geheftet sind, z. B. die Araber,    
  02 hängen so stark an ihrer, obgleich nicht völlig zwangsfreien Lebensart und    
  03 haben dabei einen so hohen Geist, mit Verachtung auf die sich anbauende    
  04 Völker herabzusehen, daß die davon unzertrennliche Mühseligkeit in Jahrtausenden    
  05 sie davon nicht hat abwendig machen können. Bloße Jagdvölker    
  06 (wie die Olenni=Tungusi) haben sich sogar durch dieses Freiheitsgefühl    
  07 (von den andern mit ihnen verwandten Stämmen getrennt) wirklich veredelt.    
  08 So erweckt nicht allein der Freiheitsbegriff unter moralischen    
  09 Gesetzen einen Affect, der Enthusiasm genannt wird, sondern die blos    
  10 sinnliche Vorstellung der äußeren Freiheit erhebt die Neigung darin zu    
  11 beharren oder sie zu erweitern durch die Analogie mit dem Rechtsbegriffe    
  12 bis zur heftigen Leidenschaft.    
         
  13 Man nennt bei bloßen Thieren auch die heftigste Neigung (z. B. der    
  14 Geschlechtsvermischung) nicht Leidenschaft: weil sie keine Vernunft haben,    
  15 die allein den Begriff der Freiheit begründet und womit die Leidenschaft    
  16 in Collision kommt; deren Ausbruch also dem Menschen zugerechnet werden    
  17 kann. - Man sagt zwar von Menschen, daß sie gewisse Dinge leidenschaftlich    
  18 lieben (den Trunk, das Spiel, die Jagd) oder hassen (z. B.    
  19 den Bisam, den Brandwein): aber man nennt diese verschiedene Neigungen    
  20 oder Abneigungen nicht eben so viel Leidenschaften, weil es nur so    
  21 viel verschiedene Instincte, d. i. so vielerlei Blos=Leidendes im Begehrungsvermögen,    
  22 sind und daher nicht nach den Objecten des Begehrungsvermögens    
  23 als Sachen (deren es unzählige giebt), sondern nach dem    
         
     

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