Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 239

   
         
 

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  01 und Betragen äußern, wirken sympathetisch auf den Zuschauer und hinterlassen    
  02 nach der Beängstigung desselben durch die Einbildungskraft (deren    
  03 Stärke durch die Feierlichkeit noch erhöht wird) das sanfte, aber doch ernste    
  04 Gefühl einer Abspannung, welche den darauf folgenden Lebensgenuß desto    
  05 fühlbarer macht.    
         
  06 Auch wenn man seinen Schmerz mit andern möglichen an seiner    
  07 eigenen Person vergleicht, wird er dadurch doch erträglicher. Dem, welcher    
  08 ein Bein gebrochen hat, kann man dadurch sein Unglück doch erträglicher    
  09 machen, wenn man ihm zeigt, daß es leicht hätte das Genick treffen können.    
         
  10 Das gründlichste und leichteste Besänftigungsmittel aller Schmerzen    
  11 ist der Gedanke, den man einem vernünftigen Menschen wohl anmuthen    
  12 kann: daß das Leben überhaupt, was den Genuß desselben betrifft, der    
  13 von Glücksumständen abhängt, gar keinen eigenen Werth und nur, was    
  14 den Gebrauch desselben anlangt, zu welchen Zwecken es gerichtet ist, einen    
  15 Werth habe, den nicht das Glück, sondern allein die Weisheit dem Menschen    
  16 verschaffen kann; der also in seiner Gewalt ist. Wer ängstlich wegen    
  17 des Verlustes desselben bekümmert ist, wird des Lebens nie froh werden.    
         
  18

B.

[ entsprechender Abschnitt in den Reflexionen zur Antropologie (AA XV, 265) ]    
  19

Vom Gefühl für das Schöne,

   
  20

d. i.

   
  21

der theils sinnlichen theils intellectuellen Lust in der reflectirten

   
  22

Anschauung, oder dem Geschmack.

   
         
  23 § 67. Geschmack in der eigentlichen Bedeutung des Worts ist, wie    
  24 schon oben gesagt, die Eigenschaft eines Organs (der Zunge, des Gaumens    
  25 und des Schlundes), von gewissen aufgelöseten Materien im Essen oder    
  26 Trinken specifisch afficirt zu werden. Er ist in seinem Gebrauche entweder    
  27 blos als Unterscheidungs= oder auch zugleich als Wohlgeschmack zu    
  28 verstehen [ z. B. ob etwas süß oder bitter sei, oder ob das Gekostete (süße    
  29 oder bittere) angenehm sei ]. Der erstere kann allgemeine Übereinstimmung    
  30 in der Art, wie gewisse Materien zu benennen sind, der letztere    
  31 aber kann niemals ein allgemeingültiges Urtheil abgeben: daß nämlich    
  32 (z. B. das Bittere), was mir angenehm ist, auch jedermann angenehm    
  33 sein werde. Der Grund davon ist klar: weil Lust oder Unlust nicht zum    
  34 Erkenntnißvermögen in Ansehung der Objecte gehören, sondern Bestimmungen    
         
     

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