Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 427 |
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05 | Das Laster in dieser Art der Unmäßigkeit wird hier nicht aus dem | ||||||
06 | Schaden, oder den körperlichen Schmerzen, (solchen Krankheiten), die der | ||||||
07 | Mensch sich dadurch zuzieht, beurtheilt; denn da wäre es ein Princip des | ||||||
08 | Wohlbefindens und der Behaglichkeit (folglich der Glückseligkeit), wodurch | ||||||
09 | ihm entgegen gearbeitet werden sollte, welches aber nie eine Pflicht, sondern | ||||||
10 | nur eine Klugheitsregel begründen kann: wenigstens wäre es kein | ||||||
11 | Princip einer directen Pflicht. | ||||||
12 | Die thierische Unmäßigkeit im Genuß der Nahrung ist der Mißbrauch | ||||||
13 | der Genießmittel, wodurch das Vermögen des intellectuellen Gebrauchs | ||||||
14 | derselben gehemmt oder erschöpft wird. Versoffenheit und Gefräßigkeit | ||||||
15 | sind die Laster, die unter diese Rubrik gehören. Im Zustande der | ||||||
16 | Betrunkenheit ist der Mensch nur wie ein Thier, nicht als Mensch zu behandeln; | ||||||
17 | durch die Überladung mit Speisen und in einem solchen Zustande | ||||||
18 | ist er für Handlungen, wozu Gewandtheit und Überlegung im Gebrauch | ||||||
19 | seiner Kräfte erfordert wird, auf eine gewisse Zeit gelähmt. | ||||||
20 | Daß sich in einen solchen Zustand zu versetzen Verletzung einer Pflicht | ||||||
21 | wider sich selbst sei, fällt von selbst in die Augen. Die erste dieser Erniedrigungen, | ||||||
22 | selbst unter die thierische Natur, wird gewöhnlich durch gegohrene | ||||||
23 | Getränke, aber auch durch andere betäubende Mittel, als den | ||||||
24 | Mohnsaft und andere Producte des Gewächsreichs, bewirkt und wird dadurch | ||||||
25 | verführerisch, daß dadurch auf eine Weile geträumte Glückseligkeit | ||||||
26 | und Sorgenfreiheit, ja wohl auch eingebildete Stärke hervorgebracht, | ||||||
27 | Niedergeschlagenheit aber und Schwäche und, was das Schlimmste ist, | ||||||
28 | Nothwendigkeit dieses Betäubungsmittel zu wiederholen, ja wohl gar damit | ||||||
29 | zu steigern eingeführt wird. Die Gefräßigkeit ist sofern noch unter | ||||||
30 | jener thierischen Sinnenbelustigung, daß sie blos den Sinn als passive | ||||||
31 | Beschaffenheit und nicht einmal die Einbildungskraft, welche doch noch ein | ||||||
32 | thätiges Spiel der Vorstellungen, wie im vorerwähnten Genuß der Fall | ||||||
33 | ist, beschäftigt; mithin sich dem des Viehes noch mehr nähert. | ||||||
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