Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 260

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 2. Der Form (Erwerbungsart) nach ist es entweder ein Sachenrecht      
  02 ( ius reale ) oder persönliches Recht ( ius personale ) oder ein      
  03 dinglich=persönliches Recht ( ius realiter personale ) des Besitzes (obzwar      
  04 nicht des Gebrauchs) einer anderen Person als einer Sache.      
           
  05 3. Nach dem Rechtsgrunde ( titulus ) der Erwerbung; welches      
  06 eigentlich kein besonderes Glied der Eintheilung der Rechte, aber doch ein      
  07 Moment der Art ihrer Ausübung ist: entweder durch den Act einer einseitigen      
  08 oder doppelseitigen oder allseitigen Willkür, wodurch      
  09 etwas Äußeres ( facto, pacto, lege ) erworben wird.      
           
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Erster Abschnitt.

     
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Vom Sachenrecht.

     
           
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§ 11.
     
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Was ist ein Sachenrecht?
     
           
  14 Die gewöhnliche Erklärung des Rechts in einer Sache ( ius reale,      
  15 ius in re ), "es sei das Recht gegen jeden Besitzer derselben", ist eine      
  16 richtige Nominaldefinition. - Aber was ist das, was da macht, daß ich      
  17 mich wegen eines äußeren Gegenstandes an jeden Inhaber desselben halten      
  18 und ihn ( per vindicationem ) nöthigen kann, mich wieder in Besitz desselben      
  19 zu setzen? Ist dieses äußere rechtliche Verhältniß meiner Willkür etwa      
  20 ein unmittelbares Verhältniß zu einem körperlichen Dinge? So müßte      
  21 derjenige, welcher sein Recht nicht unmittelbar auf Personen, sondern auf      
  22 Sachen bezogen denkt, es sich freilich (obzwar nur auf dunkele Art) vorstellen:      
  23 nämlich, weil dem Recht auf einer Seite eine Pflicht auf der andern      
  24 correspondirt, daß die äußere Sache, ob sie zwar dem ersten Besitzer      
  25 abhanden gekommen, diesem doch immer verpflichtet bleibe, d. i. sich      
  26 jedem anmaßlichen anderen Besitzer weigere, weil sie jenem schon verbindlich      
  27 ist, und so mein Recht gleich einem die Sache begleitenden und vor      
  28 allem fremden Angriffe bewahrenden Genius den fremden Besitzer      
  29 immer an mich weise. Es ist also ungereimt, sich Verbindlichkeit einer      
  30 Person gegen Sachen und umgekehrt zu denken, wenn es gleich allenfalls      
  31 erlaubt werden mag, das rechtliche Verhältniß durch ein solches Bild zu      
  32 versinnlichen und sich so auszudrücken.      
           
  33 Die Realdefiniton würde daher so lauten müssen. Das Recht in      
           
     

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