Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 437 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
|
|
||||
| 01 | wir nachher einen Endzweck und für diesen dann das Princip der Causalität | ||||||
| 02 | dieser obersten Ursache zu suchen haben. | ||||||
| 03 | Nach dem teleologischen Princip können und müssen viele Nachforschungen | ||||||
| 04 | der Natur geschehen, ohne daß man nach dem Grunde der Möglichkeit, | ||||||
| 05 | zweckmäßig zu wirken, welche wir an verschiedenen der Producte | ||||||
| 06 | der Natur antreffen, zu fragen Ursache hat. Will man nun aber auch | ||||||
| 07 | hievon einen Begriff haben, so haben wir dazu schlechterdings keine weitergehende | ||||||
| 08 | Einsicht, als bloß die Maxime der reflectirenden Urtheilskraft: | ||||||
| 09 | daß nämlich, wenn uns auch nur ein einziges organisches Product der | ||||||
| 10 | Natur gegeben wäre, wir nach der Beschaffenheit unseres Erkenntnißvermögens | ||||||
| 11 | dafür keinen andern Grund denken können, als den einer Ursache | ||||||
| 12 | der Natur selbst (es sei der ganzen Natur oder auch nur dieses Stücks derselben), | ||||||
| 13 | die durch Verstand die Causalität zu demselben enthält; ein Beurtheilungsprincip, | ||||||
| 14 | wodurch wir in der Erklärung der Naturdinge und | ||||||
| 15 | ihres Ursprungs zwar um nichts weiter gebracht werden, das uns aber | ||||||
| 16 | doch über die Natur hinaus einige Aussicht eröffnet, um den sonst so unfruchtbaren | ||||||
| 17 | Begriff eines Urwesens vielleicht näher bestimmen zu können. | ||||||
| 18 | Nun sage ich: die Physikotheologie, so weit sie auch getrieben werden | ||||||
| 19 | mag, kann uns doch nichts von einem Endzwecke der Schöpfung eröffnen; | ||||||
| 20 | denn sie reicht nicht einmal bis zur Frage nach demselben. Sie kann | ||||||
| 21 | also zwar den Begriff einer verständigen Weltursache als einen subjectiv | ||||||
| 22 | für die Beschaffenheit unseres Erkenntnißvermögens allein tauglichen Begriff | ||||||
| 23 | von der Möglichkeit der Dinge, die wir uns nach Zwecken verständlich | ||||||
| 24 | machen können, rechtfertigen, aber diesen Begriff weder in theoretischer | ||||||
| 25 | noch praktischer Absicht weiter bestimmen; und ihr Versuch erreicht seine | ||||||
| 26 | Absicht nicht, eine Theologie zu gründen, sondern sie bleibt immer nur eine | ||||||
| 27 | physische Teleologie: weil die Zweckbeziehung in ihr immer nur als in der | ||||||
| 28 | Natur bedingt betrachtet wird und werden muß; mithin den Zweck, wozu | ||||||
| 29 | die Natur selbst existirt (wozu der Grund außer der Natur gesucht werden | ||||||
| 30 | muß) gar nicht einmal in Anfrage bringen kann, auf dessen bestimmte | ||||||
| 31 | Idee gleichwohl der bestimmte Begriff jener oberen verständigen Weltursache, | ||||||
| 32 | mithin die Möglichkeit einer Theologie ankommt. | ||||||
| 33 | Wozu die Dinge in der Welt einander nützen; wozu das Mannigfaltige | ||||||
| 34 | in einem Dinge für dieses Ding selbst gut ist; wie man sogar Grund | ||||||
| 35 | habe anzunehmen, daß nichts in der Welt umsonst, sondern alles irgend | ||||||
| 36 | wozu in der Natur, unter der Bedingung daß gewisse Dinge (als Zwecke) | ||||||
| 37 | existiren sollten, gut sei, wobei mithin unsere Vernunft für die Urtheilskraft | ||||||
| [ Seite 436 ] [ Seite 438 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||