Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 407

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 zum Allgemeinen (durch Begriffe und Gesetze) zusammenstimmen soll,      
  02 um darunter subsumirt werden zu können, welche Zusammenstimmung      
  03 unter solchen Umständen sehr zufällig und für die Urtheilskraft ohne bestimmtes      
  04 Princip sein muß.      
           
  05 Um nun gleichwohl die Möglichkeit einer solchen Zusammenstimmung      
  06 der Dinge der Natur zur Urtheilskraft (welche wir als zufällig, mithin      
  07 nur durch einen darauf gerichteten Zweck als möglich vorstellen) wenigstens      
  08 denken zu können, müssen wir uns zugleich einen andern Verstand      
  09 denken, in Beziehung auf welchen und zwar vor allem ihm beigelegten      
  10 Zweck wir jene Zusammenstimmung der Naturgesetze mit unserer Urtheilskraft,      
  11 die für unsern Verstand nur durch das Verbindungsmittel der      
  12 Zwecke denkbar ist, als nothwendig vorstellen können.      
           
  13 Unser Verstand nämlich hat die Eigenschaft, daß er in seinem Erkenntnisse,      
  14 z. B. der Ursache eines Products, vom Analytisch=Allgemeinen      
  15 (von Begriffen) zum Besondern (der gegebenen empirischen Anschauung)      
  16 gehen muß; wobei er also in Ansehung der Mannigfaltigkeit      
  17 des letztern nichts bestimmt, sondern diese Bestimmung für die Urtheilskraft      
  18 von der Subsumtion der empirischen Anschauung (wenn der Gegenstand      
  19 ein Naturproduct ist) unter dem Begriff erwarten muß. Nun können      
  20 wir uns aber auch einen Verstand denken, der, weil er nicht wie der unsrige      
  21 discursiv, sondern intuitiv ist, vom Synthetisch=Allgemeinen (der      
  22 Anschauung eines Ganzen als eines solchen) zum Besondern geht, d. i.      
  23 vom Ganzen zu den Theilen; der also und dessen Vorstellung des Ganzen      
  24 die Zufälligkeit der Verbindung der Theile nicht in sich enthält, um      
  25 eine bestimmte Form des Ganzen möglich zu machen, die unser Verstand      
  26 bedarf, welcher von den Theilen als allgemeingedachten Gründen zu verschiedenen      
  27 darunter zu subsumirenden möglichen Formen als Folgen fortgehen      
  28 muß. Nach der Beschaffenheit unseres Verstandes ist hingegen ein      
  29 reales Ganze der Natur nur als Wirkung der concurrirenden bewegenden      
  30 Kräfte der Theile anzusehen. Wollen wir uns also nicht die Möglichkeit      
  31 des Ganzen als von den Theilen, wie es unserm discursiven Verstande      
  32 gemäß ist, sondern nach Maßgabe des intuitiven (urbildlichen) die Möglichkeit      
  33 der Theile (ihrer Beschaffenheit und Verbindung nach) als vom      
  34 Ganzen abhängend vorstellen: so kann dieses nach eben derselben Eigenthümlichkeit      
  35 unseres Verstandes nicht so geschehen, daß das Ganze den      
  36 Grund der Möglichkeit der Verknüpfung der Theile (welches in der discursiven      
  37 Erkenntnißart Widerspruch sein würde), sondern nur daß die      
           
     

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