Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 342

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Nutzen sein, ihrem Unterschiede angemessene Kunstausdrücke einzuführen.      
  02 Ich glaube, man werde nichts dawider haben, wenn ich einige in Vorschlag      
  03 bringe. - Ideen in der allgemeinsten Bedeutung sind nach einem      
  04 gewissen (subjectiven oder objectiven) Princip auf einen Gegenstand bezogene      
  05 Vorstellungen, sofern sie doch nie eine Erkenntniß desselben werden      
  06 können. Sie sind entweder nach einem bloß subjectiven Princip der Übereinstimmung      
  07 der Erkenntnißvermögen unter einander (der Einbildungskraft      
  08 und des Verstandes) auf eine Anschauung bezogen: und heißen alsdann      
  09 ästhetische; oder nach einem objectiven Princip auf einen Begriff      
  10 bezogen, können aber doch nie eine Erkenntniß des Gegenstandes abgeben:      
  11 und heißen Vernunftideen; in welchem Falle der Begriff ein transscendenter      
  12 Begriff ist, welcher vom Verstandesbegriffe, dem jederzeit eine      
  13 adäquat correspondirende Erfahrung untergelegt werden kann, und der      
  14 darum immanent heißt, unterschieden ist.      
           
  15 Eine ästhetische Idee kann keine Erkenntniß werden, weil sie eine      
  16 Anschauung (der Einbildungskraft) ist, der niemals ein Begriff adäquat      
  17 gefunden werden kann. Eine Vernunftidee kann nie Erkenntniß      
  18 werden, weil sie einen Begriff (vom Übersinnlichen) enthält, dem niemals      
  19 eine Anschauung angemessen gegeben werden kann.      
           
  20 Nun glaube ich, man könne die ästhetische Idee eine inexponible      
  21 Vorstellung der Einbildungskraft, die Vernunftidee aber einen indemonstrabeln      
  22 Begriff der Vernunft nennen. Von beiden wird vorausgesetzt,      
  23 daß sie nicht etwa gar grundlos, sondern (nach der obigen Erklärung einer      
  24 Idee überhaupt) gewissen Principien der Erkenntnißvermögen, wozu sie      
  25 gehören (jene den subjectiven, diese objectiven Principien), gemäß erzeugt      
  26 seien.      
           
  27 Verstandesbegriffe müssen als solche jederzeit demonstrabel sein      
  28 (wenn unter demonstriren wie in der Anatomie bloß das Darstellen      
  29 verstanden wird); d. i. der ihnen correspondirende Gegenstand muß jederzeit      
  30 in der Anschauung (reinen oder empirischen) gegeben werden können:      
  31 denn dadurch allein können sie Erkenntnisse werden. Der Begriff der      
  32 Größe kann in der Raumesanschauung a priori, z. B. einer geraden      
  33 Linie u. s. w., gegeben werden; der Begriff der Ursache an der Undurchdringlichkeit,      
  34 dem Stoße der Körper u. s. w.. Mithin können beide durch      
  35 eine empirische Anschauung belegt, d. i. der Gedanke davon an einem Beispiele      
  36 gewiesen (demonstrirt, aufgezeigt) werden; und dieses muß geschehen      
           
     

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