Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 319

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 daß die erstere kein anderes Richtmaß hat, als das Gefühl der      
  02 Einheit in der Darstellung, die andere aber hierin bestimmte Principien      
  03 befolgt; für die schöne Kunst gilt also nur die erstere. Allein manierirt      
  04 heißt ein Kunstproduct nur alsdann, wenn der Vortrag seiner Idee in      
  05 demselben auf die Sonderbarkeit angelegt und nicht der Idee angemessen      
  06 gemacht wird. Das Prangende (Preciöse), das Geschrobene und Affectirte,      
  07 um sich nur vom Gemeinen (aber ohne Geist) zu unterscheiden, sind dem      
  08 Benehmen desjenigen ähnlich, von dem man sagt, daß er sich sprechen      
  09 höre, oder welcher steht und geht, als ob er auf einer Bühne wäre, um      
  10 angegafft zu werden, welches jederzeit einen Stümper verräth.      
           
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§ 50.

     
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Von der Verbindung des Geschmacks mit Genie in Producten

     
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der schönen Kunst.

     
           
  14 Wenn die Frage ist, woran in Sachen der schönen Kunst mehr gelegen      
  15 sei, ob daran, daß sich an ihnen Genie, oder ob daß sich Geschmack      
  16 zeige, so ist das eben so viel, als wenn gefragt würde, ob es darin mehr      
  17 auf Einbildung, als auf Urtheilskraft ankomme. Da nun eine Kunst in      
  18 Ansehung des ersteren eher eine geistreiche, in Ansehung des zweiten      
  19 aber allein eine schöne Kunst genannt zu werden verdient: so ist das      
  20 letztere wenigstens als unumgängliche Bedingung ( conditio sine qua non )      
  21 das Vornehmste, worauf man in Beurtheilung der Kunst als schöne Kunst      
  22 zu sehen hat. Reich und original an Ideen zu sein, bedarf es nicht so      
  23 nothwendig zum Behuf der Schönheit, aber wohl der Angemessenheit jener      
  24 Einbildungskraft in ihrer Freiheit zu der Gesetzmäßigkeit des Verstandes.      
  25 Denn aller Reichthum der ersteren bringt in ihrer gesetzlosen Freiheit      
  26 nichts als Unsinn hervor; die Urtheilskraft ist hingegen das Vermögen,      
  27 sie dem Verstande anzupassen.      
           
  28 Der Geschmack ist so wie die Urtheilskraft überhaupt die Disciplin      
  29 (oder Zucht) des Genies, beschneidet diesem sehr die Flügel und macht es      
  30 gesittet oder geschliffen; zugleich aber giebt er diesem eine Leitung, worüber      
  31 und bis wie weit es sich verbreiten soll, um zweckmäßig zu bleiben; und      
  32 indem er Klarheit und Ordnung in die Gedankenfülle hineinbringt, macht      
  33 er die Ideen haltbar, eines daurenden, zugleich auch allgemeinen Beifalls,      
  34 der Nachfolge anderer und einer immer fortschreitenden Cultur fähig.      
  35 Wenn also im Widerstreite beiderlei Eigenschaften an einem Producte      
           
     

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