Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 247 |
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Text (Kant):
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01 | § 24. |
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02 | Von der Eintheilung einer Untersuchung des Gefühls |
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03 | des Erhabenen. |
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04 | Was die Eintheilung der Momente der ästhetischen Beurtheilung der | ||||||
05 | Gegenstände in Beziehung auf das Gefühl des Erhabenen betrifft, so wird | ||||||
06 | die Analytik nach demselben Princip fortlaufen können, wie in der Zergliederung | ||||||
07 | der Geschmacksurtheile geschehen ist. Denn als Urtheil der | ||||||
08 | ästhetischen reflectirenden Urtheilskraft muß das Wohlgefallen am Erhabenen | ||||||
09 | eben sowohl als am Schönen der Quantität nach allgemeingültig, | ||||||
10 | der Qualität nach ohne Interesse, der Relation nach subjective | ||||||
11 | Zweckmäßigkeit und der Modalität nach die letztere als nothwendig vorstellig | ||||||
12 | machen. Hierin wird also die Methode von der im vorigen Abschnitte | ||||||
13 | nicht abweichen: man müßte denn das für etwas rechnen, daß wir dort, | ||||||
14 | wo das ästhetische Urtheil die Form des Objects betraf, von der Untersuchung | ||||||
15 | der Qualität anfingen; hier aber bei der Formlosigkeit, welche | ||||||
16 | dem, was wir erhaben nennen, zukommen kann, von der Quantität, als | ||||||
17 | dem ersten Moment des ästhetischen Urtheils über das Erhabene, anfangen | ||||||
18 | werden: wozu aber der Grund aus dem vorhergehenden § zu ersehen | ||||||
19 | ist. | ||||||
20 | Aber eine Eintheilung hat die Analysis des Erhabenen nöthig, welche | ||||||
21 | die des Schönen nicht bedarf, nämlich die in das Mathematisch= und in | ||||||
22 | das Dynamisch=Erhabene. | ||||||
23 | Denn da das Gefühl des Erhabenen eine mit der Beurtheilung des | ||||||
24 | Gegenstandes verbundene Bewegung des Gemüths als seinen Charakter | ||||||
25 | bei sich führt, anstatt daß der Geschmack am Schönen das Gemüth in | ||||||
26 | ruhiger Contemplation voraussetzt und erhält; diese Bewegung aber als | ||||||
27 | subjectiv zweckmäßig beurtheilt werden soll (weil das Erhabene gefällt): so | ||||||
28 | wird sie durch die Einbildungskraft entweder auf das Erkenntniß | ||||||
29 | oder auf das Begehrungsvermögen bezogen, in beiderlei Beziehung | ||||||
30 | aber die Zweckmäßigkeit der gegebenen Vorstellung nur in Ansehung dieser | ||||||
31 | Vermögen (ohne Zweck oder Interesse) beurtheilt werden: da dann die | ||||||
32 | erste als eine mathematische, die zweite als dynamische Stimmung | ||||||
33 | der Einbildungskraft dem Objecte beigelegt und daher dieses auf gedachte | ||||||
34 | zwiefache Art als erhaben vorgestellt wird. | ||||||
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