Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 218 |
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01 | freien Spiele der Einbildungskraft und des Verstandes (sofern sie unter | ||||||
02 | einander, wie es zu einem Erkenntnisse überhaupt erforderlich ist, zusammen | ||||||
03 | stimmen) sein, indem wir uns bewußt sind, daß dieses zum Erkenntniß | ||||||
04 | überhaupt schickliche subjective Verhältniß eben so wohl für jedermann | ||||||
05 | gelten und folglich allgemein mittheilbar sein müsse, als es eine jede | ||||||
06 | bestimmte Erkenntniß ist, die doch immer auf jenem Verhältniß als subjectiver | ||||||
07 | Bedingung beruht. | ||||||
08 | Diese bloß subjective (ästhetische) Beurtheilung des Gegenstandes, | ||||||
09 | oder der Vorstellung, wodurch er gegeben wird, geht nun vor der Lust an | ||||||
10 | demselben vorher und ist der Grund dieser Lust an der Harmonie der Erkenntnißvermögen; | ||||||
11 | auf jener Allgemeinheit aber der subjectiven Bedingungen | ||||||
12 | der Beurtheilung der Gegenstände gründet sich allein diese allgemeine | ||||||
13 | subjective Gültigkeit des Wohlgefallens, welches wir mit der Vorstellung | ||||||
14 | des Gegenstandes, den wir schön nennen, verbinden. | ||||||
15 | Daß, seinen Gemüthszustand, selbst auch nur in Ansehung der Erkenntnißvermögen, | ||||||
16 | mittheilen zu können, eine Lust bei sich führe, könnte | ||||||
17 | man aus dem natürlichen Hange des Menschen zur Geselligkeit (empirisch | ||||||
18 | und psychologisch) leichtlich darthun. Das ist aber zu unserer Absicht nicht | ||||||
19 | genug. Die Lust, die wir fühlen, muthen wir jedem andern im Geschmacksurtheile | ||||||
20 | als nothwendig zu, gleich als ob es für eine Beschaffenheit des | ||||||
21 | Gegenstandes, die an ihm nach Begriffen bestimmt ist, anzusehen wäre, | ||||||
22 | wenn wir etwas schön nennen; da doch Schönheit ohne Beziehung auf das | ||||||
23 | Gefühl des Subjects für sich nichts ist. Die Erörterung dieser Frage aber | ||||||
24 | müssen wir uns bis zur Beantwortung derjenigen: ob und wie ästhetische | ||||||
25 | Urtheile a priori möglich sind, vorbehalten. | ||||||
26 | Jetzt beschäftigen wir uns noch mit der mindern Frage: auf welche | ||||||
27 | Art wir uns einer wechselseitigen subjectiven Übereinstimmung der Erkenntnißkräfte | ||||||
28 | unter einander im Geschmacksurtheile bewußt werden, ob | ||||||
29 | ästhetisch durch den bloßen innern Sinn und Empfindung, oder intellectuell | ||||||
30 | durch das Bewußtsein unserer absichtlichen Thätigkeit, womit wir jene | ||||||
31 | ins Spiel setzen. | ||||||
32 | Wäre die gegebene Vorstellung, welche das Geschmacksurtheil veranlaßt, | ||||||
33 | ein Begriff, welcher Verstand und Einbildungskraft in der Beurtheilung | ||||||
34 | des Gegenstandes zu einem Erkenntnisse des Objects vereinigte, so | ||||||
35 | wäre das Bewußtsein dieses Verhältnisses intellectuell (wie im objectiven | ||||||
36 | Schematism der Urtheilskraft, wovon die Kritik handelt). Aber das Urtheil | ||||||
37 | wäre auch alsdann nicht in Beziehung auf Lust und Unlust gefällt, | ||||||
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