Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 168 |
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01 | vermag) dadurch auch die Möglichkeit aller Dinge überhaupt in | ||||||
02 | diesen Gränzen beschlossen habe, zurück zu halten, theils um ihn selbst in | ||||||
03 | der Betrachtung der Natur nach einem Princip der Vollständigkeit, wiewohl | ||||||
04 | er sie nie erreichen kann, zu leiten und dadurch die Endabsicht alles | ||||||
05 | Erkenntnisses zu befördern. | ||||||
06 | Es war also eigentlich der Verstand, der sein eigenes Gebiet und | ||||||
07 | zwar im Erkenntnißvermögen hat, sofern er constitutive Erkenntnißprincipien | ||||||
08 | a priori enthält, welcher durch die im Allgemeinen so benannte | ||||||
09 | Kritik der reinen Vernunft gegen alle übrige Competenten in sicheren | ||||||
10 | alleinigen Besitz gesetzt werden sollte. Eben so ist der Vernunft, welche | ||||||
11 | nirgend als lediglich in Ansehung des Begehrungsvermögens constitutive | ||||||
12 | Principien a priori enthält, in der Kritik der praktischen Vernunft | ||||||
13 | ihr Besitz angewiesen worden. | ||||||
14 | Ob nun die Urtheilskraft, die in der Ordnung unserer Erkenntnißvermögen | ||||||
15 | zwischen dem Verstande und der Vernunft ein Mittelglied | ||||||
16 | ausmacht, auch für sich Principien a priori habe; ob diese constitutiv oder | ||||||
17 | bloß regulativ sind (und also kein eigenes Gebiet beweisen), und ob sie | ||||||
18 | dem Gefühle der Lust und Unlust, als dem Mittelgliede zwischen dem Erkenntnißvermögen | ||||||
19 | und Begehrungsvermögen, (eben so wie der Verstand | ||||||
20 | dem ersteren, die Vernunft aber dem letzteren a priori Gesetze vorschreiben) | ||||||
21 | a priori die Regel gebe: das ist es, womit sich gegenwärtige Kritik der | ||||||
22 | Urtheilskraft beschäftigt. | ||||||
23 | Eine Kritik der reinen Vernunft, d. i. unseres Vermögens nach Principien | ||||||
24 | a priori zu urtheilen, würde unvollständig sein, wenn die der Urtheilskraft, | ||||||
25 | welche für sich als Erkenntnißvermögen darauf auch Anspruch | ||||||
26 | macht, nicht als ein besonderer Theil derselben abgehandelt würde; obgleich | ||||||
27 | ihre Principien in einem System der reinen Philosophie keinen besonderen | ||||||
28 | Theil zwischen der theoretischen und praktischen ausmachen dürfen, | ||||||
29 | sondern im Nothfalle jedem von beiden gelegentlich angeschlossen werden | ||||||
30 | können. Denn wenn ein solches System unter dem allgemeinen Namen | ||||||
31 | der Metaphysik einmal zu Stande kommen soll (welches ganz vollständig | ||||||
32 | zu bewerkstelligen, möglich und für den Gebrauch der Vernunft | ||||||
33 | in aller Beziehung höchst wichtig ist): so muß die Kritik den Boden zu | ||||||
34 | diesem Gebäude vorher so tief, als die erste Grundlage des Vermögens | ||||||
35 | von der Erfahrung unabhängiger Principien liegt, erforscht haben, damit | ||||||
36 | es nicht an irgend einem Theile sinke, welches den Einsturz des Ganzen | ||||||
37 | unvermeidlich nach sich ziehen würde. | ||||||
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