Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 091

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 überzeugen können, werden solche Vergleichungen Vergnügen machen;      
  02 denn sie veranlassen mit Recht die Erwartung, es vielleicht dereinst bis      
  03 zur Einsicht der Einheit des ganzen reinen Vernunftvermögens (des theoretischen      
  04 sowohl als praktischen) bringen und alles aus einem Princip ableiten      
  05 zu können; welches das unvermeidliche Bedürfniß der menschlichen      
  06 Vernunft ist, die nur in einer vollständig systematischen Einheit ihrer      
  07 Erkenntnisse völlige Zufriedenheit findet.      
           
  08 Betrachten wir nun aber auch den Inhalt der Erkenntniß, die wir      
  09 von einer reinen praktischen Vernunft und durch dieselbe haben können,      
  10 so wie ihn die Analytik derselben darlegt, so finden sich bei einer merkwürdigen      
  11 Analogie zwischen ihr und der theoretischen nicht weniger merkwürdige      
  12 Unterschiede. In Ansehung der theoretischen konnte das Vermögen      
  13 eines reinen Vernunfterkenntnisses a priori durch Beispiele      
  14 aus Wissenschaften (bei denen man, da sie ihre Principien auf so mancherlei      
  15 Art durch methodischen Gebrauch auf die Probe stellen, nicht so leicht      
  16 wie im gemeinen Erkenntnisse geheime Beimischung empirischer Erkenntnißgründe      
  17 zu besorgen hat) ganz leicht und evident bewiesen werden.      
  18 Aber daß reine Vernunft ohne Beimischung irgend eines empirischen Bestimmungsgrundes      
  19 für sich allein auch praktisch sei: das mußte man aus      
  20 dem gemeinsten praktischen Vernunftgebrauche darthun können,      
  21 indem man den obersten praktischen Grundsatz als einen solchen, den jede      
  22 natürliche Menschenvernunft als völlig a priori, von keinen sinnlichen      
  23 Datis abhängend, für das oberste Gesetz seines Willens erkennt, beglaubigte.      
  24 Man mußte ihn zuerst der Reinigkeit seines Ursprungs nach      
  25 selbst im Urtheile dieser gemeinen Vernunft bewähren und rechtfertigen,      
  26 ehe ihn noch die Wissenschaft in die Hände nehmen konnte, um      
  27 Gebrauch von ihm zu machen, gleichsam als ein Factum, das vor allem      
  28 Vernünfteln über seine Möglichkeit und allen Folgerungen, die daraus zu      
  29 ziehen sein möchten, vorhergeht. Aber dieser Umstand läßt sich auch aus      
  30 dem kurz vorher Angeführten gar wohl erklären: weil praktische reine Vernunft      
  31 nothwendig von Grundsätzen anfangen muß, die also aller Wissenschaft      
  32 als erste Data zum Grunde gelegt werden müssen und nicht allererst      
  33 aus ihr entspringen können. Diese Rechtfertigung der moralischen      
  34 Principien als Grundsätze einer reinen Vernunft konnte aber auch darum      
  35 gar wohl und mit gnugsamer Sicherheit durch bloße Berufung auf      
  36 das Urtheil des gemeinen Menschenverstandes geführt werden, weil sich      
  37 alles Empirische, was sich als Bestimmungsgrund des Willens in unsere      
           
     

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