Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 059 |
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01 | Vermögen der Zwecke definiren könnte, indem sie jederzeit Bestimmungsgründe | ||||||
02 | des Begehrungsvermögens nach Principien sind), so würden doch | ||||||
03 | die praktischen Maximen, die aus dem obigen Begriffe des Guten blos | ||||||
04 | als Mittel folgten, nie etwas für sich selbst, sondern immer nur irgend | ||||||
05 | wozu Gutes zum Gegenstande des Willens enthalten: das Gute würde | ||||||
06 | jederzeit blos das Nützliche sein, und das, wozu es nutzt, müßte allemal | ||||||
07 | außerhalb dem Willen in der Empfindung liegen. Wenn diese nun, als | ||||||
08 | angenehme Empfindung, vom Begriffe des Guten unterschieden werden | ||||||
09 | müßte, so würde es überall nichts unmittelbar Gutes geben, sondern das | ||||||
10 | Gute nur in den Mitteln zu etwas anderm, nämlich irgend einer Annehmlichkeit, | ||||||
11 | gesucht werden müssen. | ||||||
12 | Es ist eine alte Formel der Schulen: nihil appetimus, nisi sub ratione | ||||||
13 | boni; nihil aversamur, nisi sub ratione mali ; und sie hat einen | ||||||
14 | oft richtigen, aber auch der Philosophie oft sehr nachtheiligen Gebrauch, | ||||||
15 | weil die Ausdrücke des boni und mali eine Zweideutigkeit enthalten, daran | ||||||
16 | die Einschränkung der Sprache Schuld ist, nach welcher sie eines | ||||||
17 | doppelten Sinnes fähig sind, und daher die praktischen Gesetze unvermeidlich | ||||||
18 | auf Schrauben stellen und die Philosophie, die im Gebrauche derselben | ||||||
19 | gar wohl der Verschiedenheit des Begriffs bei demselben Worte inne | ||||||
20 | werden, aber doch keine besondere Ausdrücke dafür finden kann, zu subtilen | ||||||
21 | Distinctionen nöthigen, über die man sich nachher nicht einigen kann, | ||||||
22 | indem der Unterschied durch keinen angemessenen Ausdruck unmittelbar | ||||||
23 | bezeichnet werden konnte.*) | ||||||
24 | Die deutsche Sprache hat das Glück, die Ausdrücke zu besitzen, welche | ||||||
25 | diese Verschiedenheit nicht übersehen lassen. Für das, was die Lateiner | ||||||
26 | mit einem einzigen Worte bonum benennen, hat sie zwei sehr verschiedene | ||||||
27 | Begriffe und auch eben so verschiedene Ausdrücke: für bonum das Gute | ||||||
28 | und das Wohl, für malum das Böse und das Übel (oder Weh), so | ||||||
*) Überdem ist der Ausdruck sub ratione boni auch zweideutig. Denn er kann so viel sagen: wir stellen uns etwas als gut vor, wenn und weil wir es begehren (wollen); aber auch: wir begehren etwas darum, weil wir es uns als gut vorstellen, so daß entweder die Begierde der Bestimmungsgrund des Begriffs des Objects als eines Guten, oder der Begriff des Guten der Bestimmungsgrund des Begehrens (des Willens) sei; da denn das sub ratione boni im ersteren Falle bedeuten würde, wir wollen etwas unter der Idee des Guten, im zweiten, zu Folge dieser Idee, welche vor dem Wollen als Bestimmungsgrund desselben vorhergehen muß. | |||||||
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