Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 021 |
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01 | vorauszusetzen bedürfe, weil die Regel nur alsdann objectiv und allgemein gültig | ||||||
02 | ist, wenn sie ohne zufällige, subjective Bedingungen gilt, die ein vernünftig | ||||||
03 | Wesen von dem andern unterscheiden. Nun sagt jemanden, er solle niemals lügenhaft | ||||||
04 | versprechen, so ist dies eine Regel, die blos seinen Willen betrifft; die Absichten, | ||||||
05 | die der Mensch haben mag, mögen durch denselben erreicht werden können, | ||||||
06 | oder nicht; das bloße Wollen ist das, was durch jene Regel völlig a priori bestimmt | ||||||
07 | werden soll. Findet sich nun, daß diese Regel praktisch richtig sei, so ist sie | ||||||
08 | ein Gesetz, weil sie ein kategorischer Imperativ ist. Also beziehen sich praktische | ||||||
09 | Gesetze allein auf den Willen, unangesehen dessen, was durch die Causalität desselben | ||||||
10 | ausgerichtet wird, und man kann von der letztern (als zur Sinnenwelt gehörig) | ||||||
11 | abstrahiren um sie rein zu haben. | ||||||
12 | § 2. |
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13 | Lehrsatz I |
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14 | Alle praktische Principien, die ein Object (Materie) des Begehrungsvermögens | ||||||
15 | als Bestimmungsgrund des Willens voraussetzen, sind insgesammt | ||||||
16 | empirisch und können keine praktische Gesetze abgeben. | ||||||
17 | Ich verstehe unter der Materie des Begehrungsvermögens einen Gegenstand, | ||||||
18 | dessen Wirklichkeit begehrt wird. Wenn die Begierde nach diesem | ||||||
19 | Gegenstande nun vor der praktischen Regel vorhergeht und die Bedingung | ||||||
20 | ist, sie sich zum Princip zu machen, so sage ich(erstlich): dieses Princip | ||||||
21 | ist alsdann jederzeit empirisch. Denn der Bestimmungsgrund der Willkür | ||||||
22 | ist alsdann die Vorstellung eines Objects und dasjenige Verhältniß derselben | ||||||
23 | zum Subject, wodurch das Begehrungsvermögen zur Wirklichmachung | ||||||
24 | desselben bestimmt wird. Ein solches Verhältniß aber zum Subject heißt | ||||||
25 | die Lust an der Wirklichkeit eines Gegenstandes. Also müßte diese als | ||||||
26 | Bedingung der Möglichkeit der Bestimmung der Willkür vorausgesetzt | ||||||
27 | werden. Es kann aber von keiner Vorstellung irgend eines Gegenstandes, | ||||||
28 | welche sie auch sei, a priori erkannt werden, ob sie mit Lust oder Unlust | ||||||
29 | verbunden, oder indifferent sein werde. Also muß in solchem Falle der | ||||||
30 | Bestimmungsgrund der Willkür jederzeit empirisch sein, mithin auch das | ||||||
31 | praktische materiale Princip, welches ihn als Bedingung voraussetzte. | ||||||
32 | Da nun (zweitens) ein Princip, das sich nur auf die subjective Bedingung | ||||||
33 | der Empfänglichkeit einer Lust oder Unlust (die jederzeit nur | ||||||
34 | empirisch erkannt und nicht für alle vernünftige Wesen in gleicher Art | ||||||
35 | gültig sein kann) gründet, zwar wohl für das Subject, das sie besitzt, zu | ||||||
36 | ihrer Maxime, aber auch für diese selbst (weil es ihm an objectiver | ||||||
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