Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 360

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 in der Welt) legen, ohne die Welt dazu für sich selbst zureichend zu      
  02 finden *).      
           
  03 Auf solche Weise verschwinden die Schwierigkeiten, die dem Theismus      
  04 zu widerstehen scheinen, dadurch: daß man mit dem Grundsatze des Hume,      
  05 den Gebrauch der Vernunft nicht über das Feld aller möglichen Erfahrung      
  06 dogmatisch hinaus zu treiben, einen anderen Grundsatz verbindet,      
  07 den Hume gänzlich übersah, nämlich: das Feld möglicher Erfahrung nicht      
  08 für dasjenige, was in den Augen unserer Vernunft sich selbst begrenzte,      
  09 anzusehen. Kritik der Vernunft bezeichnet hier den wahren Mittelweg      
  10 zwischen dem Dogmatism, den Hume bekämpfte, und dem Scepticism,      
  11 den er dagegen einführen wollte, einen Mittelweg, der nicht wie andere      
  12 Mittelwege, die man gleichsam mechanisch (etwas von einem und etwas      
  13 von dem andern) sich selbst zu bestimmen anräth, und wodurch kein Mensch      
  14 eines besseren belehrt wird, sondern einen solchen, den man nach Principien      
  15 genau bestimmen kann.      
           
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§ 59.
     
           
  17 Ich habe mich zu Anfange dieser Anmerkung des Sinnbildes einer      
  18 Grenze bedient, um die Schranken der Vernunft in Ansehung ihres ihr      
  19 angemessenen Gebrauchs festzusetzen. Die Sinnenwelt enthält blos Erscheinungen,      
  20 die doch nicht Dinge an sich selbst sind, welche letztere (Noumena)      
  21 also der Verstand, eben darum weil er die Gegenstände der Erfahrung      
  22 für bloße Erscheinungen erkennt, annehmen muß. In unserer Vernunft      
  23 sind beide zusammen befaßt, und es frägt sich: wie verfährt Vernunft,      
  24 den Verstand in Ansehung beider Felder zu begrenzen? Erfahrung,      
  25 welche alles, was zur Sinnenwelt gehört, enthält, begrenzt sich nicht selbst:      
  26 sie gelangt von jedem Bedingten immer nur auf ein anderes Bedingte.      
  27 Das, was sie begrenzen soll, muß gänzlich außer ihr liegen, und dieses ist      
  28 das Feld der reinen Verstandeswesen. Dieses aber ist für uns ein leerer      
  29 Raum, so fern es auf die Bestimmung der Natur dieser Verstandeswesen      
           
    *) Ich werde sagen: die Causalität der obersten Ursache ist dasjenige in Ansehung der Welt, was menschliche Vernunft in Ansehung ihrer Kunstwerke ist. Dabei bleibt mir die Natur der obersten Ursache selbst unbekannt; ich vergleiche nur ihre mir bekannte Wirkung (die Weltordnung) und deren Vernunftmäßigkeit mit den mir bekannten Wirkungen menschlicher Vernunft und nenne daher jene eine Vernunft, ohne darum eben dasselbe, was ich am Menschen unter diesem Ausdruck verstehe, oder sonst etwas mir Bekanntes ihr als ihre Eigenschaft beizulegen.      
           
     

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