Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 313 |
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Text (Kant):
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01 | entspringen, dienen nur unserm Verstande zum Erfahrungsgebrauch; | ||||||
02 | weiter hinaus sind es willkürliche Verbindungen ohne objective Realität, | ||||||
03 | deren Möglichkeit man weder a priori erkennen, noch ihre Beziehung auf | ||||||
04 | Gegenstände durch irgend ein Beispiel bestätigen, oder nur verständlich | ||||||
05 | machen kann, weil alle Beispiele nur aus irgend einer möglichen Erfahrung | ||||||
06 | entlehnt, mithin auch die Gegenstände jener Begriffe nirgend anders, | ||||||
07 | als in einer möglichen Erfahrung angetroffen werden können. | ||||||
08 | Diese vollständige, obzwar wider die Vermuthung des Urhebers ausfallende | ||||||
09 | Auflösung des Humischen Problems rettet also den reinen Verstandesbegriffen | ||||||
10 | ihren Ursprung a priori und den allgemeinen Naturgesetzen | ||||||
11 | ihre Gültigkeit als Gesetzen des Verstandes, doch so, daß sie ihren | ||||||
12 | Gebrauch nur auf Erfahrung einschränkt, darum weil ihre Möglichkeit | ||||||
13 | blos in der Beziehung des Verstandes auf Erfahrung ihren Grund hat; | ||||||
14 | nicht aber so, daß sie sich von Erfahrung, sondern daß Erfahrung sich von | ||||||
15 | ihnen ableitet, welche ganz umgekehrte Art der Verknüpfung Hume sich | ||||||
16 | niemals einfallen ließ. | ||||||
17 | Hieraus fließt nun folgendes Resultat aller bisherigen Nachforschungen: | ||||||
18 | "Alle synthetische Grundsätze a priori sind nichts weiter als Principien | ||||||
19 | möglicher Erfahrung" und können niemals auf Dinge an sich selbst, | ||||||
20 | sondern nur auf Erscheinungen als Gegenstände der Erfahrung bezogen | ||||||
21 | werden. Daher auch reine Mathematik sowohl als reine Naturwissenschaft | ||||||
22 | niemals auf irgend etwas mehr als bloße Erscheinungen gehen können | ||||||
23 | und nur das vorstellen, was entweder Erfahrung überhaupt möglich macht, | ||||||
24 | oder was, indem es aus diesen Principien abgeleitet ist, jederzeit in irgend | ||||||
25 | einer möglichen Erfahrung muß vorgestellt werden können. | ||||||
26 | § 31. |
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27 | Und so hat man denn einmal etwas Bestimmtes, und woran man | ||||||
28 | sich bei allen metaphysischen Unternehmungen, die bisher kühn gnug, aber | ||||||
29 | jederzeit blind über alles ohne Unterschied gegangen sind, halten kann. | ||||||
30 | Dogmatische Denker haben sich es niemals einfallen lassen, daß das Ziel | ||||||
31 | ihrer Bemühungen so kurz sollte ausgesteckt werden, und selbst diejenige | ||||||
32 | nicht, die, trotzig auf ihre vermeinte gesunde Vernunft, mit zwar rechtmäßigen | ||||||
33 | und natürlichen, aber zum bloßen Erfahrungsgebrauch bestimmten | ||||||
34 | Begriffen und Grundsätzen der reinen Vernunft auf Einsichten ausgingen, | ||||||
35 | für die sie keine bestimmte Grenzen kannten, noch kennen konnten, | ||||||
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