Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 526 |
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01 | beruht, daß jedermann thue, was er soll, d. i. alle Handlungen | ||||||
02 | vernünftiger Wesen so geschehen, als ob sie aus einem obersten Willen, | ||||||
03 | der alle Privatwillkür in sich oder unter sich befaßt, entsprängen. Da | ||||||
04 | aber die Verbindlichkeit aus dem moralischen Gesetze für jedes besonderen | ||||||
05 | Gebrauch der Freiheit gültig bleibt, wenn gleich andere diesem Gesetze | ||||||
06 | sich nicht gemäß verhielten, so ist weder aus der Natur der Dinge der | ||||||
07 | Welt, noch der Causalität der Handlungen selbst und ihrem Verhältnisse | ||||||
08 | zur Sittlichkeit bestimmt, wie sich ihre Folgen zur Glückseligkeit verhalten | ||||||
09 | werden; und die angeführte nothwendige Verknüpfung der Hoffnung, | ||||||
10 | glücklich zu sein, mit dem unablässigen Bestreben, sich der Glückseligkeit | ||||||
11 | würdig zu machen, kann durch die Vernunft nicht erkannt werden, wenn | ||||||
12 | man bloß Natur zum Grunde legt, sondern darf nur gehofft werden, wenn | ||||||
13 | eine höchste Vernunft, die nach moralischen Gesetzen gebietet, zugleich | ||||||
14 | als Ursache der Natur zum Grunde gelegt wird. | ||||||
15 | Ich nenne die Idee einer solchen Intelligenz, in welcher der moralisch | ||||||
16 | vollkommenste Wille, mit der höchsten Seligkeit verbunden, die Ursache | ||||||
17 | aller Glückseligkeit in der Welt ist, so fern sie mit der Sittlichkeit (als der | ||||||
18 | Würdigkeit glücklich zu sein) in genauem Verhältnisse steht, das Ideal | ||||||
19 | des höchsten Guts. Also kann die reine Vernunft nur in dem Ideal | ||||||
20 | des höchsten ursprünglichen Guts den Grund der praktisch nothwendigen | ||||||
21 | Verknüpfung beider Elemente des höchsten abgeleiteten Guts, nämlich | ||||||
22 | einer intelligibelen, d. i. moralischen, Welt antreffen. Da wir uns nun | ||||||
23 | nothwendiger Weise durch die Vernunft als zu einer solchen Welt gehörig | ||||||
24 | vorstellen müssen, obgleich die Sinne uns nichts als eine Welt von Erscheinungen | ||||||
25 | darstellen, so werden wir jene als eine Folge unseres Verhaltens | ||||||
26 | in der Sinnenwelt und, da uns diese eine solche Verknüpfung nicht | ||||||
27 | darbietet, als eine für uns künftige Welt annehmen müssen. Gott also | ||||||
28 | und ein künftiges Leben sind zwei von der Verbindlichkeit, die uns reine | ||||||
29 | Vernunft auferlegt, nach Principien eben derselben Vernunft nicht zu | ||||||
30 | trennende Voraussetzungen. | ||||||
31 | Die Sittlichkeit an sich selbst macht ein System aus, aber nicht die | ||||||
32 | Glückseligkeit, außer sofern sie der Moralität genau angemessen ausgetheilt | ||||||
33 | ist. Dieses aber ist nur möglich in der intelligibelen Welt unter einem | ||||||
34 | weisen Urheber und Regierer. Einem solchen sammt dem Leben in einer | ||||||
35 | solchen Welt, die wir als eine künftige ansehen müssen, sieht sich die Vernunft | ||||||
36 | genöthigt anzunehmen, oder die moralischen Gesetze als leere Hirngespinste | ||||||
37 | anzusehen, weil der nothwendige Erfolg derselben, den dieselbe | ||||||
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