Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 501

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 unter Censur bringt, ohne diesen Verstand in Ansehung seines ganzen      
  02 Vermögens auf die Probirwage der Kritik zu bringen, und, indem er ihm      
  03 dasjenige abspricht, was er wirklich nicht leisten kann, weiter geht und      
  04 ihm alles Vermögen, sich a priori zu erweitern, bestreitet, unerachtet er      
  05 dieses ganze Vermögen nicht zur Schätzung gezogen: so widerfährt ihm      
  06 das, was jederzeit den Scepticism niederschlägt, nämlich daß er selbst bezweifelt      
  07 wird, indem seine Einwürfe nur auf Factis , welche zufällig sind,      
  08 nicht aber auf Principien beruhen, die eine nothwendige Entsagung auf      
  09 das Recht dogmatischer Behauptungen bewirken könnten.      
           
  10 Da er auch zwischen den gegründeten Ansprüchen des Verstandes      
  11 und den dialektischen Anmaßungen der Vernunft, wider welche doch hauptsächlich      
  12 seine Angriffe gerichtet sind, keinen Unterschied kennt: so fühlt die      
  13 Vernunft, deren ganz eigenthümlicher Schwung hiebei nicht im mindesten      
  14 gestört, sondern nur gehindert worden, den Raum zu ihrer Ausbreitung      
  15 nicht verschlossen und kann von ihren Versuchen, unerachtet sie hie oder      
  16 da gezwackt wird, niemals gänzlich abgebracht werden. Denn wider Angriffe      
  17 rüstet man sich zur Gegenwehr und setzt noch um desto steifer seinen      
  18 Kopf drauf, um seine Forderungen durchzusetzen. Ein völliger Überschlag      
  19 aber seines ganzen Vermögens und die daraus entspringende Überzeugung      
  20 der Gewißheit eines kleinen Besitzes bei der Eitelkeit höherer Ansprüche      
  21 hebt allen Streit auf und bewegt, sich an einem eingeschränkten, aber unstrittigen      
  22 Eigenthume friedfertig zu begnügen.      
           
  23 Wider den unkritischen Dogmatiker, der die Sphäre seines Verstandes      
  24 nicht gemessen, mithin die Grenzen seiner möglichen Erkenntniß nicht      
  25 nach Principien bestimmt hat, der also nicht schon zum voraus weiß, wie      
  26 viel er kann, sondern es durch bloße Versuche ausfindig zu machen denkt,      
  27 sind diese sceptische Angriffe nicht allein gefährlich, sondern ihm sogar verderblich.      
  28 Denn wenn er auf einer einzigen Behauptung betroffen wird,      
  29 die er nicht rechtfertigen, deren Schein er aber auch nicht aus Principien      
  30 entwickeln kann, so fällt der Verdacht auf alle, so überredend sie auch sonst      
  31 immer sein mögen.      
           
  32 Und so ist der Sceptiker der Zuchtmeister des dogmatischen Vernünftlers      
  33 auf eine gesunde Kritik des Verstandes und der Vernunft selbst.      
  34 Wenn er dahin gelangt ist, so hat er weiter keine Anfechtung zu fürchten;      
  35 denn er unterscheidet alsdann seinen Besitz von dem, was gänzlich außerhalb      
  36 demselben liegt, worauf er keine Ansprüche macht und darüber auch      
  37 nicht in Streitigkeiten verwickelt werden kann. So ist das sceptische Verfahren      
           
     

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