Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 118 |
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| 01 | Ansehung der Gegenstände, als die transscendentale Ästhetik die Grenzen | ||||||
| 02 | des Gebrauchs der reinen Form unserer sinnlichen Anschauung bestimmte. | ||||||
| 03 | Raum und Zeit gelten als Bedingungen der Möglichkeit, wie uns Gegenstände | ||||||
| 04 | gegeben werden können, nicht weiter als für Gegenstände der Sinne, | ||||||
| 05 | mithin nur der Erfahrung. Über diese Grenzen hinaus stellen sie gar | ||||||
| 06 | nichts vor; denn sie sind nur in den Sinnen und haben außer ihnen keine | ||||||
| 07 | Wirklichkeit. Die reinen Verstandesbegriffe sind von dieser Einschränkung | ||||||
| 08 | frei und erstrecken sich auf Gegenstände der Anschauung überhaupt, sie | ||||||
| 09 | mag der unsrigen ähnlich sein oder nicht, wenn sie nur sinnlich und nicht | ||||||
| 10 | intellectuell ist. Diese weitere Ausdehnung der Begriffe, über unsere sinnliche | ||||||
| 11 | Anschauung hinaus, hilft uns aber zu nichts. Denn es sind alsdann | ||||||
| 12 | leere Begriffe von Objecten, von denen, ob sie nur einmal möglich sind | ||||||
| 13 | oder nicht, wir durch jene gar nicht urtheilen können, bloße Gedankenformen | ||||||
| 14 | ohne objective Realität, weil wir keine Anschauung zur Hand | ||||||
| 15 | haben, auf welche die synthetische Einheit der Apperception, die jene allein | ||||||
| 16 | enthalten, angewandt werden, und sie so einen Gegenstand bestimmen | ||||||
| 17 | könnten. Unsere sinnliche und empirische Anschauung kann ihnen allein | ||||||
| 18 | Sinn und Bedeutung verschaffen. | ||||||
| 19 | Nimmt man also ein Object einer nicht=sinnlichen Anschauung | ||||||
| 20 | als gegeben an, so kann man es freilich durch alle die Prädicate vorstellen, | ||||||
| 21 | die schon in der Voraussetzung liegen, daß ihm nichts zur sinnlichen | ||||||
| 22 | Anschauung Gehöriges zukomme: also daß es nicht ausgedehnt oder | ||||||
| 23 | im Raume sei, daß die Dauer desselben keine Zeit sei, daß in ihm keine | ||||||
| 24 | Veränderung (Folge der Bestimmungen in der Zeit) angetroffen werde | ||||||
| 25 | u. s. w. Allein das ist doch kein eigentliches Erkenntniß, wenn ich bloß | ||||||
| 26 | anzeige, wie die Anschauung des Objects nicht sei, ohne sagen zu können, | ||||||
| 27 | was in ihr denn enthalten sei; denn alsdann habe ich gar nicht die Möglichkeit | ||||||
| 28 | eines Objects zu meinem reinen Verstandesbegriff vorgestellt, weil | ||||||
| 29 | ich keine Anschauung habe geben können, die ihm correspondirte, sondern | ||||||
| 30 | nur sagen konnte, daß die unsrige nicht für ihn gelte. Aber das Vornehmste | ||||||
| 31 | ist hier, daß auf ein solches Etwas auch nicht einmal eine einzige | ||||||
| 32 | Kategorie angewandt werden könnte; z. B. der Begriff einer Substanz, | ||||||
| 33 | d. i. von Etwas, das als Subject, niemals aber als bloßes Prädicat | ||||||
| 34 | existiren könne, wovon ich gar nicht weiß, ob es irgend ein Ding geben | ||||||
| 35 | könne, das dieser Gedankenbestimmung correspondirte, wenn nicht empirische | ||||||
| 36 | Anschauung mir den Fall der Anwendung gäbe. Doch mehr hievon | ||||||
| 37 | in der Folge. | ||||||
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