Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 076 |
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01 | allererst gelangt, wenn die Wissenschaft schon lange fertig ist und nur die | ||||||
02 | letzte Hand zu ihrer Berichtigung und Vollkommenheit bedarf. Denn | ||||||
03 | man muß die Gegenstände schon in ziemlich hohem Grade kennen, wenn | ||||||
04 | man die Regeln angeben will, wie sich eine Wissenschaft von ihnen zu | ||||||
05 | Stande bringen lasse. | ||||||
06 | Die allgemeine Logik ist nun entweder die reine, oder die angewandte | ||||||
07 | Logik. In der ersteren abstrahiren wir von allen empirischen Bedingungen, | ||||||
08 | unter denen unser Verstand ausgeübt wird, z. B. vom Einfluß der | ||||||
09 | Sinne, vom Spiele der Einbildung, den Gesetzen des Gedächtnisses, der | ||||||
10 | Macht der Gewohnheit, der Neigung etc., mithin auch den Quellen der | ||||||
11 | Vorurtheile, ja gar überhaupt von allen Ursachen, daraus uns gewisse | ||||||
12 | Erkenntnisse entspringen, oder untergeschoben werden mögen, weil sie bloß | ||||||
13 | den Verstand unter gewissen Umständen seiner Anwendung betreffen, und, | ||||||
14 | um diese zu kennen, Erfahrung erfordert wird. Eine allgemeine, aber | ||||||
15 | reine Logik hat es also mit lauter Principien a priori zu thun und ist | ||||||
16 | ein Kanon des Verstandes und der Vernunft, aber nur in Ansehung | ||||||
17 | des Formalen ihres Gebrauchs, der Inhalt mag sein, welcher er wolle | ||||||
18 | (empirisch oder transscendental). Eine allgemeine Logik heißt aber | ||||||
19 | alsdann angewandt, wenn sie auf die Regeln des Gebrauchs des Verstandes | ||||||
20 | unter den subjectiven empirischen Bedingungen, die uns die Psychologie | ||||||
21 | lehrt, gerichtet ist. Sie hat also empirische Principien, ob sie zwar | ||||||
22 | in so fern allgemein ist, daß sie auf den Verstandesgebrauch ohne Unterschied | ||||||
23 | der Gegenstände geht. Um deswillen ist sie auch weder ein Kanon | ||||||
24 | des Verstandes überhaupt, noch ein Organon besondrer Wissenschaften, | ||||||
25 | sondern lediglich ein Kathartikon des gemeinen Verstandes. | ||||||
26 | In der allgemeinen Logik muß also der Theil, der die reine Vernunftlehre | ||||||
27 | ausmachen soll, von demjenigen gänzlich abgesondert werden, | ||||||
28 | welcher die angewandte (obzwar noch immer allgemeine) Logik ausmacht. | ||||||
29 | Der erstere ist eigentlich nur allein Wissenschaft, obzwar kurz und trocken, | ||||||
30 | und wie es die schulgerechte Darstellung einer Elementarlehre des Verstandes | ||||||
31 | erfordert. In dieser müssen also die Logiker jederzeit zwei Regeln | ||||||
32 | vor Augen haben. | ||||||
33 | 1) Als allgemeine Logik abstrahirt sie von allem Inhalt der Verstandeserkenntniß | ||||||
34 | und der Verschiedenheit ihrer Gegenstände und hat mit | ||||||
35 | nichts als der bloßen Form des Denkens zu thun. | ||||||
36 | 2) Als reine Logik hat sie keine empirische Principien, mithin schöpft | ||||||
37 | sie nichts (wie man sich bisweilen überredet hat) aus der Psychologie, die | ||||||
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