Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 053

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wird also als die Bedingung der Möglichkeit der Erscheinungen und nicht      
  02 als eine von ihnen abhängende Bestimmung angesehen und ist eine Vorstellung      
  03 a priori, die nothwendiger Weise äußeren Erscheinungen zum      
  04 Grunde liegt.      
           
  05 3) Der Raum ist kein discursiver oder, wie man sagt, allgemeiner      
  06 Begriff von Verhältnissen der Dinge überhaupt, sondern eine reine Anschauung.      
  07 Denn erstlich kann man sich nur einen einigen Raum vorstellen,      
  08 und wenn man von vielen Räumen redet, so versteht man darunter      
  09 nur Theile eines und desselben alleinigen Raumes. Diese Theile können      
  10 auch nicht vor dem einigen allbefassenden Raume gleichsam als dessen      
  11 Bestandtheile (daraus seine Zusammensetzung möglich sei) vorhergehen,      
  12 sondern nur in ihm gedacht werden. Er ist wesentlich einig, das Mannigfaltige      
  13 in ihm, mithin auch der allgemeine Begriff von Räumen überhaupt      
  14 beruht lediglich auf Einschränkungen. Hieraus folgt, daß in Ansehung      
  15 seiner eine Anschauung a priori (die nicht empirisch ist) allen Begriffen      
  16 von demselben zum Grunde liegt. So werden auch alle geometrische      
  17 Grundsätze, z. E. daß in einem Triangel zwei Seiten zusammen      
  18 größer sind, als die dritte, niemals aus allgemeinen Begriffen von Linie      
  19 und Triangel, sondern aus der Anschauung und zwar a priori mit apodiktischer      
  20 Gewißheit abgeleitet.      
           
  21 4) Der Raum wird als eine unendliche gegebene Größe vorgestellt.      
  22 Nun muß man zwar einen jeden Begriff als eine Vorstellung denken, die      
  23 in einer unendlichen Menge von verschiedenen möglichen Vorstellungen      
  24 (als ihr gemeinschaftliches Merkmal) enthalten ist, mithin diese unter sich      
  25 enthält: aber kein Begriff als ein solcher kann so gedacht werden, als ob      
  26 er eine unendliche Menge von Vorstellungen in sich enthielte. Gleichwohl      
  27 wird der Raum so gedacht (denn alle Theile des Raumes ins unendliche      
  28 sind zugleich). Also ist die ursprüngliche Vorstellung vom Raume Anschauung      
  29 a priori und nicht Begriff.      
           
           
     

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