Kant: AA I, Untersuchung der Frage, ob die ... , Seite 190

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 andern daher das Verdienst überlasse diesen Mangel wo möglich zu      
  02 ergänzen.      
           
  03 Wenn die Erde sich dem Stillstande ihrer Umwälzung mit stetigen      
  04 Schritten nähert, so wird die Periode dieser Veränderung alsdann      
  05 vollendet sein, wenn ihre Oberfläche in Ansehung des Mondes in      
  06 respectiver Ruhe sein wird, d. i. wenn sie sich in derselben Zeit um      
  07 die Achse drehen wird, darin der Mond um sie läuft, folglich ihm      
  08 immer dieselbe Seite zukehren wird. Dieser Zustand wird ihr durch      
  09 die Bewegung der flüssigen Materie verursacht, die einen Theil ihrer      
  10 Oberfläche nur bis auf eine gar gringe Tiefe bedeckt. Wenn sie bis      
  11 in den Mittelpunkt durch und durch flüssig wäre, so würde die Anziehung      
  12 des Mondes in gar kurzer Zeit ihre Achsenbewegung bis zu      
  13 diesem abgemessenen Überrest bringen. Dieses legt uns auf einmal      
  14 die Ursache deutlich dar, die den Mond genöthigt hat, in seinem Umlaufe      
  15 um die Erde ihr immer dieselbe Seite zuzukehren. Nicht eine      
  16 Überwicht der zugekehrten Theile über die abgewandte, sondern      
  17 eine wirklich gleichförmige Umwendung des Mondes um seine Achse      
  18 gerade in der Zeit, da er um die Erde läuft, bringt diese immerwährende      
  19 Darbietung derselben Hälfte zuwege. Hieraus läßt sich mit      
  20 Zuverlässigkeit schließen: daß die Anziehung, welche die Erde an dem      
  21 Monde ausübt, zu Zeit seiner ursprünglichen Bildung, als seine      
  22 Masse noch flüssig war, die Achsendrehung, die dieser Nebenplanet      
  23 damals vermuthlich mit größerer Geschwindigkeit gehabt haben mag,      
  24 auf die angeführte Art bis zu diesem abgemessenen Überreste gebracht      
  25 haben müsse. Woraus auch zu ersehen, daß der Mond ein      
  26 späterer Himmelskörper sei, der der Erde hinzugegeben worden, nachdem      
  27 sie schon ihre Flüssigkeit abgelegt und einen festen Zustand überkommen      
  28 hatte; sonst würde die Anziehung des Mondes sie unfehlbar      
  29 demselben Schicksale in kurzer Zeit unterworfen haben, das der Mond      
  30 von unserer Erde erlitten hat. Man kann die letztere Bemerkung      
  31 als eine Probe einer Naturgeschichte des Himmels ansehen, in welcher      
  32 der erste Zustand der Natur, die Erzeugung der Weltkörper und die      
  33 Ursachen ihrer systematischen Beziehungen aus den Merkmaalen, die      
  34 die Verhältnisse des Weltbaues an sich zeigen, mußten bestimmt      
  35 werden. Diese Betrachtung, die dasjenige im großen oder vielmehr      
  36 im unendlichen ist, was die Historie der Erde im kleinen enthält,      
  37 kann in solcher weiten Ausdehnung eben so zuverlässig begriffen      
           
     

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