Quelle Nummer 457
Rubrik 11 : LITERATUR Unterrubrik 11.05 : LITERATURGESCHICHTE
SLAWISTIK
KARL DEDECIUS
DEUTSCHE UND POLEN
BOTSCHAFT DER BUECHER
HANSER VERLAG, MUENCHEN 1971 S. 51-
001 Botschaft der Bücher. In den Biographien der Dichter
002 und Schriftsteller finden sich zahlreiche Beweise dafür, wie
003 stark die Anziehungskraft der Gegensätze zwischen Deutschen und
004 Polen und auch wie inspirativ sie sein kann. Tadeusz Rittner und
005 Stanislaw Przybyszewski dichteten vor siebzig Jahren in beiden
006 Sprachen: polnisch und deutsch. Przybyszewski, eine der
007 aufregendsten Erscheinungen um die Jahrhundertwende, am Goplo-
008 See, der legendären Wiege des polnischen Staates geboren, mit
009 den Mythen seines Landes seelisch vorbelastet, vom Dämon der
010 Musik besessen, erotomanisch, von einer satanischen
011 Vorstellungskraft, reifte in Berlin zum " Schriftsteller von
012 Rang (...) mit dem schwer auszusprechenden Namen ". Wer weiß,
013 wie sein Weg ausgesehen hätte, wenn er, der haltlos geniale Pole
014 ", nicht deutsche Freunde gefunden hätte, die ihn in seinen
015 häufigen Krisen halfen. Przybyszewski - an Byron,
016 Shakespeare, Chopin, Goethe, Heine, Dostojewskij und
017 Nietzsche geschult - war im Kreis Dehmels, Bierbaums,
018 Hartlebens zu Hause und schrieb seine ersten großen Dichtungen
019 und Essays (Totenmesse, Vigilien, Nietzsche und Chopin)
020 in deutscher Sprache. Otto Julius Bierbaum hat ihn in
021 Stilpe, dem " Roman aus der Froschperspektive ", als
022 Kasimir den Fugenorgler porträtiert. Aus Berlin, wo ihm das "
023 Junge Skandinavien " und das " Junge Deutschland
024 " bekanntgeworden waren, brachte Przybyszewski 1898 den
025 modernistischen Impuls nach Krakau mit, der dann als " Junges
026 Polen " den literarischen Jugendstil an der Weichsel geprägt hat.
027 Von 1906 bis 1919 lebte Przybyszewski wieder in Deutschland,
028 und zwar in München. Der führende Dichter des " Jungen Polen
029 ", Jan Kasprowicz, hatte seine Kindheit ebenfalls in
030 Deutschland verbracht und zeitlebens enge Beziehungen, auch als
031 Übersetzer, zur deutschen Literatur unterhalten. Auch der
032 größte Lyriker über jene Zeit hinaus, Boleslaw Les1mian,
033 genoß einen Teil seiner literarischen Bildung in Deutschland,
034 und es war für ihn, wie seiner Korrespondenz zu entnehmen ist,
035 eine angenehme und fruchtbare Zeit gewesen. Seinem Herausgeber
036 Zenon Przesmycki (Miriam), dem Redakteur der " Chimera ",
037 schrieb er oft aus München auf Bildpostkarten (" Partie aus dem
038 Hofgarten ", " Villa Lenbach ", " Caf‚ Luitpold "):
039 München, 29.5.1903. Ich bin bezaubert von der
040 Reise, Salzburg, wo ich zwei Stunden war, erschien mir wie ein
041 Traum. Wien hat mich mit seiner Enormität erdrückt. München
042 - ist ein wahres Wunder (...) Hier gibts in München einen
043 gewissen H[ errn ]Marchlewski (Spekulant), der eine
044 Verlags-Übersetzungs-Gesellschaft gegründet hat. Bald
045 werden deutsche Übersetzungen von Berent, Zeromski, Reymont,
046 Orkan und von anderen erscheinen (...) Gisela Str. 15
047 Pension Gisela 3 Stock N. 15. München, 13.
048 8.1903. Hier ist es besser als in der Udzialowa.
049 Boleslaw Die Zeitschrift Zdr¢j (Quelle) in
050 Posen orientierte sich in den Jahren 1917-1921 an den deutschen
051 Expressionisten, die sie häufig in Übersetzungen vorstellte,
052 während sie eine polnische Version des Expressionismus
053 durchzusetzen versuchte. Unverkennbar ist der Einfluß, den
054 Franz Kafka auf Bruno Schulz ausgeübt hat. Der polnische
055 Zeichenlehrer aus Drohobycz hatte sich nachweislich mit Kafka
056 beschäftigt. Aufschlußreich ist der Vergleich der Stücke von
057 Georg Kaiser (Gas 1 und Gas 2, 1918 u. 1920)
058 mit den Dramen von St. I. Witkiewicz (Witkacy, z.B.
059 Die Schuster 1934), worauf Andrzej Wirth 1964 in
060 Florenz (Convegno Internationale die Studi sull "
061 Espressionismo) hingewiesen hatte. Großartige Übersetzer
062 deutscher Dichtung jener Zeit waren Leopold Staff und Witold
063 Hulewicz. Jaroslaw Iwaszkiewicz hatte vor kurzem (1970) als
064 Gast des Verbandes deutscher Schriftsteller in Stuttgart in
065 seiner Freundschaftsrede unterstrichen, daß er Deutsch als erste
066 Fremdsprache gelernt hatte. Die Spuren deutscher Lektüre
067 können bei ihm in zahlreichen Gedichten und Prosawerken verfolgt
068 werden, so in den Bänden Die Liebenden von Verona und
069 Heimkehr nach Europa, dann im Motiv der Freundschaft
070 zwischen Henryk Sandomierski und Friedrich Barbarossa in den
071 Roten Wehrschildern, in der Einbeziehung von Goethe-
072 Zitaten in sein opus vitae Ruhm und Ehre, schließlich in
073 seinen Übersetzungen aus dem Deutschen, darunter einiger George
074 -Gedichte. Die Bücher waren und blieben zwischen Deutschen
075 und Polen die treuesten und zuverlässigsten Botschafter. Selbst
076 im Zustand belastender Spannungen, die Hitlers Machtübernahme
077 1933 mit sich brachte, war es wieder das Buch, das auf beiden
078 Seiten die gefährdete Wechselwirkung aufrecht hielt und die
079 Gemeinsamkeiten nicht zerstören ließ. Im Jahre 1933 schrieb Jo
080 1zef Wittlin eine Verteidigung der deutschen Bücher:
081 " Die Boykottaktion gegen Hitlerdeutschland (...) hat Sinn,
082 wenn es um Waren geht, die durch andere ersetzt werden können,
083 dagegen scheint der Boykott deutscher Bücher, den ein Teil
084 unserer Jugend zusammen mit dem Boykott der Zeitungen und
085 Zeitschriften fordert, sinnlos (...) fast die ganze deutsche
086 Gegenwartsliteratur, vor allem die Belletristik, ist, bis jetzt,
087 antinationalistisch gestimmt, hat nicht viel mit dem germanischen
088 Hochmut gemein, und eben deshalb, wie auch durch ihr hohes
089 intellektuelles und ethisches Niveau, ist sie dem Hitlerismus ein
090 Stein des Anstoßes. Außerdem glaube ich, daß man kein gutes
091 Buch durch ein anderes ersetzen kann. Die Literatur eines Landes
092 ist durch die Literatur eines anderen nicht zu ersetzen. Das sind
093 keine Apfelsinen, keine Chemikalien, keine Präservativs,
094 sondern Thomas und Heinrich Mann, Alfred Döblin, Hermann
095 Hesse, Kafka, Rilke, Roth und Ringelnatz, die nicht ersetzt
096 werden können, weder durch Gide, noch durch Duhamel, Mauriac,
097 Joyce, Virginia Woolf, Huxley oder Aldington (...) Indem wir
098 aufhören gute Bücher in deutscher Sprache zu lesen, schaden wir
099 uns selber mehr als den deutschen Verlegern (...) Indem wir die
100 hervorragenden deutschen Schriftsteller boykottieren, tun wir
101 eigentlich dasselbe wie Hitler (...) " Wittlins Appell wurde
102 gehört. Zeitschriften wie Kamena, die zwischen 1933 und
103 1939 in Chelmno erschien und deren Interesse vorwiegend den
104 slawischen Literaturen galt, hörten nicht auf, auch deutsche
105 Texte und Gedichte zu publizieren. Übersetzer der deutschen
106 Lyrik, die in der Kamena veröffentlichten, waren
107 Tadeusz Bochen1ski, Pawel Hertz, St. J. Lec,
108 Leopold Lewin, Stefan Napierski, Jerzy Kamil Weintraub und
109 Zbigniew Was1niewski. In den Nummern 51-52 (1938)
110 wurde Ossietzky vor einheimischen Verleumdern verteidigt. Im
111 Verlag der Kamena erschien außerdem eine eigene Buchreihe
112 Bibliothek Kamena (Biblioteka Kameny), in der Stefan
113 Napierski (1899-1940) eine Anthologie deutscher Lyrik in
114 zwei Bänden erscheinen ließ. Etwa 20 Briefe und Karten von
115 Napierski an Jaworski sind erhalten geblieben und zeugen von den
116 Nachforschungen und Vorbereitungsarbeiten des Autors. Napierski
117 (eigentlich Stefan Marek Eiger) war zu jener Zeit mehrmals nach
118 Deutschland gereist. Um so tragischer, daß dieser Freund
119 deutscher Literatur 1940 von den Nazis erschossen wurde.
120 Angeblich war der Vorwurf, er habe Remarques Im Westen
121 nichts Neues übersetzt, einer der Gründe seiner Verhaftung.
122 In der Kamena-Reihe wurde auch ein Trakl-Band, von J.K.
123 Weintraub vorbereitet: dieser Plan konnte nicht mehr
124 verwirklicht werden. Auch Weintraub (1916-1943), der
125 während des Krieges eine maschinell vervielfältigte und geheim
126 kolportierte Poetische Bibliothek der Untermieter der Zukunft
127 herausgab, darunter zwei Rilke-Titel (mit den
128 Sonetten an Orpheus), wurde Opfer des Krieges. Jerzy
129 Pomianowski, Theaterkritiker und Übersetzer, schreibt, er habe
130 während des letzten Krieges - trotz allem - Erich Kästners
131 Lyrische Hauspostille die ganze Zeit im Tornister
132 getragen. Es sei, fügt er hinzu, natürlich ein polnischer
133 Tornister gewesen. Einer polnischen Bibliographie zufolge
134 (herausgegeben vom germanistischen Lehrstuhl der Universität Posen
135 für die Jahre 1945-1958 und 1958 bis 1960) wurden in den
136 Jahren 1946 bis 1948 fast keine deutschen Bücher übersetzt. Die
137 wenigen Ausnahmen beziehen sich vorwiegend auf Neuerscheinungen von
138 Vorkriegspublikationen. 90 % waren davon Kinderbücher
139 und Jugendbücher wie Märchen der Gebrüder Grimm, Romane
140 von Karl May, insgesamt 66 Titel von 44 Autoren. Heidi
141 von Johanna Spyri und ähnliche Bücher waren darunter. Bücher
142 katholischer Verlage wogen vor. Die restlichen zehn Prozent
143 entfielen auf Unterhaltungsliteratur, Bücher solcher Autoren wie
144 Vicki Baum. Als beachtenswerteste und wertvollste Neuerscheinung
145 jener Jahre hoben die polnischen Germanisten Erich Maria
146 Remarque's Arc de Triomphe hervor. Das Buch erschien
147 1947 und erlebte in einem Jahr mehrere Auflagen. Das Jahr 1948
148 brachte außerdem zwei Romane von Feuchtwanger und zwei Bücher
149 von Stefan Zweig auf den polnischen Buchmarkt. Es ist kein
150 Wunder, daß in den ersten Nachkriegsjahren in Polen nur wenige
151 deutsche Bücher übersetzt wurden: es wollte niemand Germanistik
152 studieren, und es wollte niemand die schwere Arbeit und
153 Verantwortung auf sich nehmen, die neuere deutsche Literatur zu
154 beobachten, zu studieren, auszuwählen und sie dann unter einem
155 ziemlichen Risiko polnischen Verlagen anzubieten. Das Interesse
156 am deutschen Buch, behauptet die polnische Publikation, wuchs in
157 Polen erst ab 1949 mit der Bildung der Deutschen Demokratischen
158 Republik, mit der Bildung eines Staates also, mit dem Polen
159 politische und nachbarliche Berührungspunkte hatte. Der Anteil
160 der seichten Unterhaltungsliteratur sank in diesem Jahr von 90
161 Prozent auf 50 Prozent, die andere Hälfte bildeten
162 Übersetzungen solcher Autoren wie Bert Brecht, Lion
163 Feuchtwanger, Egon Erwin Kisch, Thomas Mann, Jan Petersen,
164 A. Seghers, B. Traven, J. Wassermann, F.
165 Werfel. Bis 1951 stieg die Übersetzungsliteratur aus dem
166 Deutschen in Polen von Jahr zu Jahr. Erweitert wurde das
167 Programm durch Übersetzungen von Willi Bredel, Johannes R.
168 Becher, Friedrich Wolf und Scharrer. Aus der Tatsache, daß
169 allein von Willi Bredel zwölf Titel erschienen sind, ist zu
170 entnehmen, daß proletarische und sozialistische Schriftsteller in
171 dieser Periode bevorzugt wurden. Sehr populär wurde in Polen in
172 diesen Jahren Anna Seghers, von der man zehn Titel übersetzt
173 hatte; Friedrich Wolf war ebenfalls mit zehn Büchern vertreten.
174 1951 hatte man in Polen bereits 54 deutsche Bücher von 34
175 Autoren übersetzt. Nach 1951, als der erste Bedarf an deutscher
176 antifaschistischer Literatur in etwa gedeckt war, wandte man sich
177 wieder der deutschen Klassik zu. Von diesem Jahr datieren
178 Neuübersetzungen der Werke von Goethe, Schiller, Heine,
179 Lessing, u. a.. Einen plötzlichen Anstieg der
180 deutschen Literatur brachte der polnische Oktober im Jahre 1956.
181 Das Jahr 1957 hatte die bis dahin höchste Zahl, nämlich 61
182 deutsche Bücher von 54 Autoren aufzuweisen. Auch in der Wahl
183 der Themen wurde mehr Mut und mehr Toleranz gezeigt. Allmählich
184 tauchen Namen westdeutscher Autoren auf. Es sind Böll,
185 Kästner und Kirst. Außerdem wenden sich die Übersetzer so
186 schwierigen Aufgaben zu wie dem Werk von Thomas Mann und Franz
187 Kafka. Im Jahre 1957 macht Polen eine Kisch-Mode mit.
188 Sieben Bücher dieses Autors werden in einem Jahr übersetzt und
189 auch restlos verkauft. Darüber hinaus beginnt man Autoren aus der
190 Schweiz, wie Dürrenmatt und Frisch, und aus Österreich,
191 Czokor, Musil und Joseph Roth zu entdecken. Zu den 1958 ins
192 Polnische übersetzten deutschen Autoren gehören vor allem
193 Elisabeth Langgässer, Plivier, Borchert und Habe. Wollte
194 man von 1945 bis 1960 eine Bestsellerliste deutscher Autoren in
195 Polen aufstellen, würde sie etwa folgendermaßen aussehen: Anna
196 Seghers an 1.Stelle: 14 Bücher, 26 Auflagen, Willi
197 Bredel an 2.Stelle: 15 Bücher, 19 Auflagen, Goethe an 3.
198 Stelle: 15 Bücher, 22 Auflagen, Feuchtwanger 14 Bücher,
199 20 Auflagen, Kisch: 11 Bücher, 15 Auflagen. Es folgen
200 Karl May: 10 Bücher, 11 Auflagen, Friedrich Wolf und
201 Gebrüder Grimm: 10 Bücher, 17 Auflagen, und Arnold Zweig:
202 7 Bücher, 8 Auflagen. 51 Prozent der übersetzten Bücher
203 waren Romane, 22,5 Prozent Erzählungen, Novellen,
204 Reportagen, Erinnerungen, Briefe. Den Rest bildeten
205 satirische, phantastische und Sensationsbücher. In der gleichen
206 Zeit, also bis zum Jahre 60, erschienen in Polen 24 deutsche
207 Bühnenwerke mit Goethe, Schiller, Kleist, Brecht,
208 Hauptmann, Büchner und Wolf an der Spitze. Die Lyrik machte
209 nur 4 Prozent der Produktion aus. Im Jahre 1952 war lediglich
210 eine kleine Anthologie deutscher Lyrik erschienen, sehr einseitig
211 dazu, weil in der stalinistischen Periode unter entsprechenden
212 Auspizien gemacht. Während der Polnischen Woche des Senders
213 Bremen setzte Roman Karst in einer Sendung über " Deutsche
214 Literatur in Polen " die Bilanz bis 1963 fort und konnte bereits
215 über solche Autoren, wie Hans Erich Nosack, Günter Grass,
216 Walter Jens, Hans Werner Richter, Wolfdietrich Schnurre und
217 ihre Rezeption in Polen berichten. Von den wachsenden
218 Wechselwirkungen spricht summarisch ein Brief des Lyrikers
219 Zbigniew Herbert, den dieser nach dem Tode von Thomas Mann, am
220 19.August 1955 (damals dreißigjährig) an den älteren
221 Kollegen Jerzy Zawieyski schrieb: " Thomas Mann ist gestorben.
222 Seit dem Tode von Ghandi hat mich kein Abgang so stark bewegt.
223 Ich hatte gerade seine großartige Studie über Tschechow gelesen,
224 als die Nachricht kam. In Angesicht dieses Todes erscheinen
225 alle Maßstäbe in der Gegenwartskunst kümmerlich klein. Was
226 nutzt es, daß das Werk bleibt. Wir wissen doch, daß das
227 Beispiel eines Lebenden, das heißt eines, der mit uns die
228 Erfahrungen der Geschichte teilt, die gleichen Zeitungen liest
229 und das gleiche Brot ißt - suggestiver ist und verpflichtender
230 als das Beispiel von zehn Shakespeares. Von ihm selbst weiß ich
231 sehr wenig, nur daß er viele Kinder hatte und wie Bach nicht vor
232 dem Leben floh. Ich dachte an ihn stets als an einen vollkommenen
233 Menschen und träumte einst jugendlich affektiert davon, zu ihm zu
234 wallfahrten und seine Hand zu küssen (...) " Der katholische
235 Publizist, Musikologe und Sejmabgeordneter Stefan Kisielewski
236 bereiste die Bundesrepublik und stellte folgendes fest: " Jeder
237 Pole, der durch die Bundesrepublik reist, trifft gewollt oder
238 ungewollt auf verschiedene, überall gegenwärtige Spuren der
239 Polenfreundschaft, die sich durch dieses Land wie Quarzadern
240 durch Granit ziehen (...) Ich habe mir 45 Titel polnischer Autoren
241 notiert, die in der Bundesrepublik übersetzt und erschienen sind:
242 unter anderen Andrzejewski, Iwaszkiewicz, R¢zewicz,
243 Mrozek, Lec, Schulz, Gombrowicz, Kolakowski, Mackiewicz,
244 Bratny, Dobraczyn1ski, Tyrmand, Brandys, Lem, Braun,
245 Jastrun, Bochen1ski, Mach, Bonarski und viele andere. 45
246 Titel, das ist schon etwas - das gibt es in keinem anderen
247 westlichen Land und das ist ein deutlicher Beweis für das
248 bestehende Interesse (...) " Dabei sind die von Kisielewski auf
249 seiner Reise bemerkten Bücher wirklich nur ein Teil dessen, was
250 wir inzwischen aus dem Polnischen ins Deutsche übertragen und für
251 uns gewonnen haben. In der Zeit von 1944 bis 1961 wurden 282
252 Werke in die deutsche Sprache übersetzt. Wir wissen aber, daß
253 eigentlich erst nach 1960 bei uns ein reges und breiteres Interesse
254 für die polnische Gegenwartsliteratur einsetzte. Der 1966 vom
255 Börsenverein des Deutschen Buchhandels herausgegebene Polonica
256 -Katalog bietet bereits einen imposanten Querschnitt der
257 Autorennamen und Titel. In der Zeit von 1944 bis 1963 wurden
258 1550 Werke aus der deutschen Sprache in die polnische übersetzt,
259 darunter 679 schöngeistige Bücher. Polen steht an zwölfter
260 Stelle in der Absatzstatistik der westdeutschen Buchverlage, vor
261 allen übrigen Ostblockländern und Jugoslawien, aber auch vor
262 Ländern wie Finnland, Griechenland, Norwegen oder Brasilien.
263 Noch eine Zahl aus dem Jahre 1966, scheint interessant: in
264 diesem Jahr hatte Polen 11230 verschiedene Zeitschriften aus aller
265 Welt bezogen, darunter 1730 Titel (also etwa 15 %) aus der
266 Bundesrepublik und 740 Titel aus der DDR. Dabei waren aus der
267 BRD von den vielen Zeitschriften nur 667000 Exemplare
268 eingeführt worden, und aus der DDR von den wenigen 1,6
269 Millionen Exemplare.
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