Quelle Nummer 430
Rubrik 05 : KULTUR Unterrubrik 05.01 : SCHULWESEN
DAS INSTITUT FUER ERZIEHUNGWISSENSCHAFTEN
HELMUT HIRSCH
LEHRER MACHEN GESCHICHTE
DAS INSTITUT FUER ERZIEHUNGSWISSENSCHAFTEN UND DAS
INTERNATIONALE SCHULBUCHINSTITUT
A. HENN VERLAG, RATINGEN WUPPERTAL KASTELLAUN 1971
S. 117-
001 Die publizistischen Leistungen des Schulbuchinstituts.
002 Daß die Geschichte Riekels und seines kurzlebigen Initituts ein
003 erregendes Kapitel bildet, ist kaum zu bestreiten. Eine gewisse
004 Dramatik bieten auch die mit den frühen Schicksalen des
005 Schulbuchinstituts verbundenen Geschehnisse und Kontroversen, die
006 von den verschiedensten Seiten gegen seine Aktivitäten geführt
007 wurden. In noch höherem Grad gilt das von den personellen und
008 materiellen Nöten, unter denen seine Arbeit später zu leiden
009 hatte und die unsere Aufmerksamkeit im letzten Kapitel in Anspruch
010 nehemen werden. Den Nebenumstand, daß eine Darstellung, die
011 Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, infolge ihres spannenden
012 Inhalts lesbarer ist als irgendeine undramatische, wird ihr niemand
013 zum Vorwurf machen. Aber Unterhaltsamkeit gehört nicht zum
014 Wesen der Wissenschaft; und wir sehen uns gezwungen, im
015 vorliegenden Kapitel eine zwar nicht minder bedeutsame, wohl jedoch
016 weniger unterhaltsame Materie zu behandeln: das, was in
017 Braunschweig in bezug auf Institutsveröffentlichungen bisher
018 geleistet worden ist. Damit möchten wir vor allem einer
019 Unterbewertung der betreffenden Publikationen entgegenwirken, wie
020 sie uns aus einer Umfrage bei mehreren Bibliotheken hervorzugehen
021 scheint. Zugleich aber möchten wir uns unseres stärkeren
022 historischen Interesses wegen von jüngeren
023 politikwissenschaftlichen Beiträgen zur Kritik der
024 Geschichtslehrbücher abgrenzen. Der größte Teil der folgenden
025 Übersicht wird übrigens im Herbst 1970 auch in der " Neuen
026 Politischen Literatur " veröffentlicht werden. Diese
027 Zeitschrift, an der Eckert lange als einer der Herausgeber
028 mitwirkte, hat auch vorher schon ein bemerkenswertes Interesse an
029 der Schulbuchreform bewiesen. Auf zwei Erweiterungen des dort
030 erscheinenden Textes ist jedoch an dieser Stelle hinzuweisen.
031 Einmal werden wir etwas näher auf die schon erwähnten " braunen
032 Ergänzungsbogen " zu sprechen kommen. Sodann soll die deutsch
033 -amerikanische Tagung, an welcher der Verfasser dieses Buches
034 teilnehmen durfte, einer schärferen Beleuchtung ausgesetzt werden.
035 Schriftenreihe. Die ein Jahrzehnt umspannende
036 " Schriftenreihe des Internationalen Schulbuchinstituts " eröffnet
037 eine Studie, die durch die Weite ihrer Konzeption und die
038 Klarheit ihres Aufbaus von vornherein einen hohen Standard
039 errichtet. Ernst Weymar, heute Professor für Geschichte und
040 Didaktik der Geschichte an der Pädagogischen Hochschule in
041 Osnabrück, behandelt hier die Darstellung der Neueren
042 Geschichte in den Schulbüchern von zehn europäischen Ländern.
043 Nach einem präzisen Vorwort definiert eine gleich prägnante
044 Einleitung den Charakter und die Struktur der als
045 zeitgeschichtliche Quellen verwendbaren Geschichtslehrbücher.
046 Sorgfältig gegliederte Kapitel beleuchten dann - mit reichlichen
047 Quellenangaben und erläuternden Fußnoten - " Die Geschichte
048 der europäischen Staatenwelt ", " Die abendländisch-
049 europäische Kulturgeschichte und Geistesgeschichte ",
050 " Die abendländische Glaubensbewegungen " und " Die
051 europäische Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte ".
052 Eine Zusammenfassung, nützliche Beilagen und ein
053 Verzeichnis der 56 benutzten Bücher und Lehrpläne
054 vervollständigen die Analyse, die sich durch ihre Sachlichkeit
055 und Anschaulichkeit, selbständiges Urteil und plausible
056 Alternativvorschläge auszeichnet. Ihre Übersicht über
057 belgische, britische, bundesdeutsche, dänische, französische,
058 irische, italienische, niederländische, norwegische und
059 schwedische Schulgeschichtswerke ergibt ein verwirrendes Bild.
060 " Die Haltung Josef 2.gegenüber der katholischen Kirche und
061 dem katholischen Glauben wird unterschiedlich dargestellt ",
062 lautet ein charakteristischer Passus. " In dem Lehrbuch von
063 Klett liest man, er sei nicht gerade ein " Freigeist
064 " gewesen, habe aber dem " kirchlichen Glauben kühl
065 " gegenübergestanden. Tapi‚ betont besonders seinen
066 Hang zur Philosophie, Josef 2.habe die Vergangenheit
067 verachtet und die Kirche nicht geliebt. Diesterweg
068 schreibt dagegen, er sei " im Grunde seines Herzens Katholik
069 " gewesen, und in dem Lehrbuch von Schwann liest man: "
070 Persönlich " war Josef der Kirche treu ergeben und hielt trotz
071 des Toleranzdeliktes von 1782 an ihrer " dominanten " Stellung in
072 seinen Ländern fest. Dennoch blieb er bei seiner Absicht, die
073 Kirche zum Werkzeug des Staates zu machen ". Man müsse sich
074 fragen, schließt Weymar: " Wie konnte Josef 2.der Kirche "
075 treu ergeben " sein, wenn er beabsichtigte, sie zum "
076 Werkzeug des Staates " zu machen? " Uns beunruhigt jedoch
077 nicht sosehr die Verschwommenheit und Uneinheitlichkeit der
078 Auskünfte wie deren apodiktischer Ton. Ein Symposium setzt die
079 Reihe auf noch höherer Ebene fort. Anlaß, wie das gut
080 zusammenfassende Vorwort des Germanisten Johannes Klein erklärt,
081 ist " ein geistiges Gespräch mit Frankreich ". Klein stellt
082 hierbei (wie schon 1941 der Harvard-Ph. D. Peter
083 Viereck in " Metapolitics: From the Romantics to Hitler ")
084 " Romantik und Realismus in der deutschen Geistesgeschichte "
085 als gleich bedeutsame Komponenten dar. Drei weitere
086 Universitätsprofessoren visieren das Thema von anderen
087 Gesichtspunkten aus an. " Erich Ruprecht entwirft ein Bild der
088 romantischen Weltanschauung und berührt dabei zu Anfang wie zum
089 Schluß bereits deren politische Auswirkungen sowie die Wertung
090 der Romantik in der Gegenwart (...). Wilhelm Mommsen läßt die
091 ursprüngliche Fragestellung am deutlichsten erkennen. Er begrenzt
092 die Bedeutung der politischen Romantik, warnt davor, den
093 Nationalsozialismus mit ihr in eine zu einfache Verbindung zu
094 setzen und weist u.a. darauf hin, daß die geistig-
095 politischen Bewegungen im zersplitterten Deutschland nicht von der
096 Warte des geschlossenen Nationalstaates gewertet werden dürfen,
097 den Frankreich seit der Französischen Revolution besaß. Franz
098 Walter Müller untersucht die französischen Urteile über die
099 deutsche Romantik und wie es kam, daß man mit deren Inbegriff ein
100 antifranzösisches Ressentiment verbunden glaubte (Madame de Sta‰l
101 und A. W. Schlegel); weiter stellt er fest welche
102 deutschen Romantiker in Frankreich bekannt waren, wie weit ihre
103 Wirkung ging und in welchem Verhältnis französische und deutsche
104 Romantiker zueinander stehen ". Hätte Klein das Resumee
105 ausgebaut und angezeigt, daß hier die deutsche und die
106 französische Entstehungsgeschichte des mehrschichtigen Begriffs
107 und seine jeweilige Entwicklung bis zur Gegenwart an vielen
108 überzeugenden Beispielen verdeutlicht wird - wohl am tiefsten bei
109 Ruprecht und auch bei Klein mit vorzüglichen Hinweisen auf die
110 von der Romantik abweichende Gesinnung der Nationalsozialisten -;
111 hätte er besonders das Gemeinsame und die Unterschiede der
112 einzelnen Interpretationen herausgearbeitet: so wäre daraus ein
113 wertvolles Werk geworden. Soviel Ehrgeiz haben die Teilnehmer an
114 der Aussprache offenbar nicht. Sie sehen sich anscheinend nur als
115 Rahmen für das sympathische, aber gedrängte " Bild der
116 deutschen Romantik im französischen Unterricht ", das
117 Schüddekopf auf 11 Druckseiten von etwa zwei Dutzend
118 Lehrbüchern entwirft. Zugleich liegt ihnen unverkennbar an einer
119 Auseinandersetzung mit der französischen Wissenschaft, deren
120 Stellungnahme herausgefordert, jedoch, sofern sie erfolgt ist,
121 nicht mitgedruckt wird. Der immer noch spürbare Abstand der
122 versöhnlichen, gelegentlich sogar ängstlichen Sachlichkeit der
123 Lehrerschaft und den kombattiveren Universitaires wird auf
124 die Art ebenso sichtbar wie deren souveräne, dafür manchmal aber
125 auch etwas zuviel Distanz bewahrende Haltung. Welche hochwertigen
126 schulbuchgeschichtlichen Forschungen der wie Eckert auch als
127 Historiker hervorgetretene Schüddekopf, mit ersterem Herausgeber
128 der Schriftenreihe, durchzuführen versteht, zeigt am besten sein
129 Beitrag über die Behandlung der amerikanischen Geschichte in den
130 Lehrbüchern der Bundesrepublik (für die Mittelstufe
131 und Oberstufe der Gymnasien). Es ist mit Abstand die beste von
132 vier Studien, in denen außerdem die Darstellung der USA in den
133 Englischbüchern (Paul Hartig), Lesewerken (Gerhard Linne)
134 und Erdkundebüchern (J. U. Samel) vorgenommen wird.
135 Vorbildlich sind speziell die Strukturierung, die reichen, von
136 Fußnotenzitaten unbeschwerten Quellenhinweise, die Kombination
137 von Zurückhaltung und Bekennermut bei der Bewertung des
138 ausreichend zitierten Materials und der Fülle der Anlagen, in
139 denen u.a. zusätzliche Beispiele für das Begutachtete
140 geboten werden. Die Kulturabteilung der amerikanischen Botschaft
141 und die DUK, denen die Finanzierung der Durchführung und
142 Drucklegung der Arbeiten zu verdanken ist, haben also ihre Mittel
143 gut angelegt. Bedauerlich ist bloß, daß die Experten, zwei
144 Oberstudiendirektoren und zwei Lehrkräfte an Pädagogischen
145 Hochschulen, keine Vereinheitlichung ihrer Untersuchungs
146 technik und Darstellungstechnik verabredeten. Nur dadurch
147 wäre ein integriertes und damit ansprechendes Buch zustandegekommen.
148 Allerdings hätte ein solches auch ein flüssigeres Geleitwort
149 benötigt, als es die paternalistischen Feststellungen und
150 Ratschläge des amerikanischen Kulturattach‚s sind. Sie
151 erleichtern es freilich indirekt dem kritischen Beobachter, " ein
152 tiefes Verständnis dieser Weltmacht zu gewinnen, deren Politik
153 das deutsche Schicksal mitbestimmt ". Dieser Notwendigkeit
154 entspricht unmittelbar ein späterer Band der Serie. Für ihn
155 verfaßt ein als Kulturattach‚ tätiger Deutsch-Texaner
156 die Vorrede, der nicht nur als Universitätsprofessor für
157 Erziehungswesen mit einer wesentlichen Seite der Materie vertraut
158 ist, sondern 1963 - zeitweilig unter dem effektiven Ehrenvorsitz
159 des berühmten pädagogischen Spezialisten James B. Conant!
160 - die Verhandlungen der 5.amerikanisch-deutschen
161 Historikertagung im Internationalen Schulbuchinstitut leitet. Er
162 übertreibt nicht, wenn er von dieser ersten Konferenz, auf der
163 man unter Beteiligung von 16 amerikanischen und deutschen
164 Historikern durch vorgetragene, durchdiskutierte Gutachten und
165 gemeinsam erarbeitete Empfehlungen um die Verbesserung
166 maßgeblicher Geschichtsbücher für Oberprimen bzw. fürs erste
167 Collegesemester oder Universitätssemester ringt, die
168 Behauptung aufstellt, sie beweise " ein sehr hohes Niveau
169 zusammenwirkenden Forschergeistes ". Das als " Elemente eines
170 atlantischen Geschichtsbildes " vorgelegte ausführliche Protokoll
171 muß auch den skeptischen Leser hiervon überzeugen. Dennoch sei
172 (aufgrund persönlicher Teilnahme an der Tagung) der Euphemismus
173 bemängelt, mit dem jener Texaner, Arthur H. Moehlman,
174 nachträglich von einer " press conference " spricht - statt etwa
175 von Informierung der Nachrichtenmedien. Für eine
176 Pressekonferenz im amerikanischen oder westdeutschen Wortgebrauch
177 fehlte an jenem Freitag vormittag allein schon die Zeit. Es
178 fehlte, wie hinzugesetzt werden darf, auch eine Kardinaltugend des
179 Journalistenberufs - das hartnäckige Mißtrauen gegen die in
180 eigener Sache aufgetischten Mitteilungen. Wer sich vor Beginn
181 der Tagung mit einigen Braunschweiger Pressevertretern über
182 solche heiklen Themen wie " deutsche Arbeiterbildung " unterhielt
183 und hernach den übrigens recht getreu und anschaulich geschriebenen
184 Pressebericht hierüber las; wer bei der " Pressekonferenz "
185 den jovialen Ton des Gastgebers und die bescheidenen Fragen der
186 Pressevertreter mitanhörte, erfuhr, falls er es noch nicht wußte,
187 daß Braunschweig nicht Berlin (oder Brüssel) und allgemeines
188 Wohlwollen bei einem derartigen Anlaß die Regel war. Eckert
189 hatte dem Zeitungsbericht zufolge, von einer " glänzenden
190 Besetzung " gesprochen, die vermuten lasse, " daß wir zu sehr
191 guten Ergebnissen kommen ". Nun, es ist ganz unwahrscheinlich,
192 daß dieser dem Bereich des Theaters entnommene Terminus für die
193 zwei Dutzend Teilnehmer und acht Beobachter benutzt wurde - es
194 sei denn mit einem entsprechenden Lächeln. Professor Fritz
195 Stern von der New Yorker Columbia-Universität durfte
196 allenfalls als namhafter jüngerer Autor gerühmt werden. Auf
197 Professor James B. Conant, dem Verfasser des Conant-
198 Berichts und ehemaligen US-Botschafter in Bonn, der
199 kürzlich zum Präsidenten eines neugeschaffenen Pädagogischen
200 Zentrums in Berlin gemacht worden war, ruhte ein unbestrittener
201 Glanz. Aber obwohl er Fachmann für die Reform der
202 amerikanischen High School war, konnte er als
203 Naturwissenschaftler nicht das Gelingen einer Historikertagung
204 garantieren. Diese Garantie gab allein die Anwesenheit der
205 " alten Garde " der Braunschweiger Reformbestrebungen, die zwar
206 nicht glanzvoll, dafür jedoch um so kompetenter war. Negativ
207 ausgedrückt, erwies das freundliche Arbeitsklima, für das von
208 Eckert als unübertrefflichem Manager derartiger Veranstaltungen
209 auf jede erdenkliche Art gesorgt wurde, sich mitunter als kaum
210 widerstehliche Verlockung zu jener Konzessionsbereitschaft, vor
211 der schon Dance, wie wir uns erinnern, eindringlich gewarnt hatte.
212 Ich selbst verstand ihr bedauerlicherweise nicht immer zu entgehen,
213 was die " Elemente eines atlantischen Geschichtsbilds " dem
214 aufmerksamen Leser mühelos verraten. Wir lesen da im Anschluß
215 an die erwähnte Begegnung mit den Journalisten unter der
216 Überschrift " Verabschiedung der Presse und Fortsetzung der
217 Diskussion über den endgültigen Wortlaut der Empfehlungen,
218 zuerst über den von Professor Moltmann entworfenen Punkt 8 betr.
219 Mißdeutungen der Politik Wilsons und Roosevelts " den
220 nachstehenden Protokollpassus: Professor Hirsch: Der
221 Satz " Der Morgenthau-Plan, der niemals angenommen wurde "
222 scheint mir einfach eine ungenaue Feststellung. Man müßte
223 hinzufügen, von wem er niemals angenommen wurde. Wenn jener Satz
224 bedeuten soll, der Morgenthau-Plan sei niemals offiziell die
225 Politik der Vereinigten Staaten gewesen, so ist das eine falsche
226 Feststellung, weil der Präsident den Morgenthau-Plan mit
227 seinen Initialen unterzeichnet hat. Professor Moltmann: Wenn
228 ich ganz kurz sagen soll, wie es nach den zugänglichen Akten und
229 Memoiren aussieht, so ist der Morgenthau-Plan in der Form,
230 wie er seinerzeit veröffentlicht worden ist, niemals unterzeichnet
231 worden. Nur ein sehr viel kürzeres Dokument wurde mit den
232 Paraphen von Roosevelt und Churchill versehen, das wesentliche
233 Punkte nicht enthielt, allerdings andere wesentliche Punkte
234 übernahm. Dieses Dokument ist über die juristisch schwer zu
235 beurteilende Paraphierung niemals hinausgelangt. Der Morgenthau
236 -Plan wurde unmittelbar danach von der Majorität der Regierung
237 und von der Majorität der Presse abgelehnt. Professor
238 Günter Moltmann, der damals an der Pädagogischen Hochschule
239 Bielefeld wirkte, war - und ist heute immer noch - ein von mir
240 sehr geschätzter Kollege. Doch mit der aus seinen Worten
241 herauszulesenden Vorstellung, daß die Politik der Vereinigten
242 Staaten durch die Annahme oder Ablehnung von Vorschlägen seitens
243 einer Mehrheit der Regierung bestimmt wird, konnte ich mich bisher
244 bei aller Sympathie und Achtung nicht anfreunden. Die Politik
245 der USA wird (unter einer gewissen Kontrolle zweier anderer
246 Körperschaften) vom Präsidenten der USA festgelegt - mit
247 einigen mehr oder minder genau definierten Ausnahmen, die uns hier
248 nicht zu beschäftigen brauchen und die nichts mit einer
249 " Majorität der Regierung " zu tun haben, von der Meinung der
250 Zeitungen einmal ganz abgesehen. Ich sagte also (dem Protokoll
251 nach) folgendes: Professor Hirsch: Ich kenne Professor
252 Moltmanns Buch sowohl als auch die Originaldokumente sehr gut,
253 auch die verschiedenen Formen ihrer Anfangsstadien. Und ich
254 glaube wirklich, daß das unterzeichnete Dokument oft der
255 " Morgenthau-Plan " genannt worden ist. Die Formulierung
256 " Der Morgenthau-Plan ist niemals angenommen worden " halte ich
257 daher für anfechtbar, sie sollte geändert werden. Wenn Sie sie
258 nicht ändern wollen, so bitte ich meinen Einspruch festzuhalten.
259 Durch diesen Protest erlitt die bis dahin so angenehme
260 Temperatur der Tagung eine merkliche Abkühlung. Ich werde nie
261 den ärgerlich-erstaunten Ausdruck vergessen, mit dem der
262 Ehrenvorsitzende der Tagung, Exharvardpräsident Conant, mich
263 in jenem Augenblick anstarrte. Zum Glück fiel Moehlmann, der
264 den effektiven Vorsitz führte, ein diplomatischer
265 Vermittlungsvorschlag ein, den ich annehmen durfte, wenn ich den
266 in der amerikanischen Politik als ein Novum auftauchenden Einfall
267 akzeptiere, daß kasuistisch zwischen einer sozusagen privaten
268 Politik des Präsidenten (als er den kürzeren " Morgenthau-
269 Plan " durch die Paraphierung zur Politik der USA machte) und
270 einer öffentlichen, ex cathedra proklamierten Politik zu
271 unterscheiden sei. Zwei meiner Landsleute, Stern und ein
272 Professor Brison D. Gooch von der University of Oklahoma,
273 hatten offenbar kein Bedenken dagegen; und ich schloß mich ihnen,
274 um nicht starrköpfig zu erscheinen, wie man sehen wird, an.
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