Quelle Nummer 371
Rubrik 26 : MEDIZIN Unterrubrik 26.02 : FACHWISSENSCHAFTLICH
CYNAEKOLOGIE
ARNULF WEIDENBACH
PRAENATALE INFEKTIONEN: DIAGNOSTIK UND BEHANDLUNG
WAEHREND DER SCHWANGERSCHAFT (SCHWANGERENVORSORGE)
HABILITATIONSSCHRIFT
DISSERTATIONS- UND FOTODRUCK FRANK, MUENCHEN 13,
TELEFON 524607, O.J. (1970), S.134-
001 Coxsackievirus-Infektion. Ist die Poliomyelitis
002 als eine Erkrankung der Neuzeit anzusprechen, so gilt das in noch
003 viel stärkerem Maße für die Infektion mit Coxsackieviren.
004 Wenn auch seit langem wohlabgegrenzte Krankheitsbilder und
005 klinische Bilder bekannt sind, für die wir heute die
006 Coxsackieviren als Ursache erkannt haben, so ist die erste
007 Isolierung eines Coxsackievirus doch erst 1948 durch
008 DALLDORF und SICKLES aus den Stuhlproben von 2
009 Poliopatienten aus der Ortschaft Coxsackie gelungen. Nach dieser
010 Ortschaft wurden die Viren der Enterovirenuntergruppe benannt.
011 Seit der ersten Virusisolierung und Beschreibung 1948 wuchsen die
012 Zahl der bekannten Typen und damit gleichzeitig das Wissen um die
013 Erkrankung. Aus der Bedeutung anderer Viruserkrankungen für die
014 Schwangerschaft, es sei an die Rubeolen und die Poliomyelitis
015 erinnert, erwächst die Notwendigkeit, auch die Coxsackieviren
016 daraufhin zu untersuchen. Erreger: Die Elementarkörperchen der
017 Coxsackieviren sind kleine angenähert kugelförmige Gebilde und
018 gehören mit einem Durchmesser von etwa 25 mu zu den kleinen Viren.
019 Es ist gelungen Coxsackieviren in kristallisierter Form
020 darzustellen (MATTERN und DUBUY). Entdeckt wurden die
021 Coxsachieviren auf Grund ihrer Pathogenität für Nagetiere im
022 Säuglingsalter, insbesondere für ganz jung säugende Mäuse
023 (sogenannte Babymäuse). Die Art und die Verteilung der
024 Schäden, die bei der Infektion dieser Mäuse entstehen, waren
025 die Grundlage für die Unterscheidung in eine Gruppe A und eine
026 Gruppe B der Viren. Innerhalb dieser beiden Gruppen wurden
027 durch serologische Methoden auf Grund ihrer Antigenstruktur eine
028 Reihe weiterer Typen unterschieden: in der Gruppe A bis heute
029 28 Serotypen, in der Gruppe B 6 Serotypen. Das gemeinsame
030 Merkmal der Viren der Gruppe A besteht in einer, nach der
031 Inkubationszeit von 2-5 Tagen auftretenden generalisierten
032 Myositis der quergestreiften Muskulatur. Sie führt zu einer
033 vollständigen Bewegungsunfähigkeit, die als Folge einer
034 degenerativen Muskelveränderung mit Auftreibung kleiner
035 Faserabschnitte und Verklumpung von Myofibrillen aufzufassen ist.
036 Gruppe A-Erkrankungen haben gewöhnlich keine Veränderungen
037 im ZNS und anderen parenchymatösen Organen zur Folge. Auch in
038 der Gruppe B findet man mit Regelmäßigkeit eine Myositis der
039 quergestreiften Muskulatur, doch überwiegt hierbei das focale
040 Infektionsbild. Daneben treten Pankreatitiden, steatitische
041 Prozesses im Interscapularfett und encephalitische Herde auf in
042 Form von diffusen Degenerationsherden und
043 Destruktionsherden auf Grund des Neurotropismus dieser
044 Virusgruppe. Die Inkubationszeit der Gruppe B dauert etwa 10
045 Tage. Die A-Stämme und B-Stämme
046 unterscheiden sich auch durch einen deutlichen cytopathogenetischen
047 Effekt der Gruppe B auf Affennierengewebekulturen, während sich
048 die Mehrheit der A-Typen in dieser Gewebekultur nicht
049 vermehrt, am ehesten noch in der HeLa-Kultur und in
050 Zellkulturen aus menschlichem Amnion. Zu erwähnen ist, daß
051 sich die Empfänglichkeit der saugenden Mäuse für die Infektion
052 mit Coxsackieviren der Gruppe A auf die ersten 10 Lebenstage
053 beschränkt, für die Gruppe B sogar nur auf die ersten 2
054 Lebenstage. Gegenüber chemischen und physikalischen Einwirkungen
055 verhalten sich die Coxsackieviren wie die übrigen Enteroviren.
056 Bei Zimmertemperatur und einem pH von 4-8 bleiben die
057 Coxsackieviren bis zu 7 Tagen infektionsfähig. Durch die
058 üblichen Infektionsmittel gelingt es nicht, die Coxsackieviren
059 abzutöten. Dies ist am sichersten mit höher konzentriertem
060 Formaldehyd und Salzsäure sowie Temperaturen über 60 Grad
061 möglich. Pathogenese: Die Coxsackieviruserkrankung des
062 Menschen kommt überwiegend durch orale Infektion mit
063 Coxsackieviren zustande. Da sich diese Viren ähnlich den
064 Polioviren im Oropharynx und im Dünndarm ansiedeln, können sie
065 aus Rachenspülwasser und Stuhl isoliert werden. Dabei überwiegt
066 die Nachweismöglichkeit aus dem Stuhl die aus dem Rachen zeitlich
067 bei weitem. Auch aus dem Blut konnten öfter Coxsackieviren
068 isoliert werden, sodaß sicher bei einem Teil der Erkrankungen
069 eine Virämie besteht. Analog zu diesem Befund konnte am Modell
070 einer Coxsackievirusinfektion des Schimpansen gezeigt werden, daß
071 der Erreger nach Verfütterung mehrere Tage im Blut nachweisbar
072 ist, also eine Virämie vorliegt; etwa 1 Woche lang findet man
073 das Virus im Rachen und 2-3 Wochen im Stuhl. Die
074 Nachweismöglichkeit im Stuhl bei menschlichen Erkrankungen
075 erstreckt sich meist über 5-6 Wochen (Huebner).
076 Die Infektion mit Coxsackieviren hat die Bildung streng
077 typenspezifischer Antikörper zur Folge. Diese Antikörper sind
078 diaplacentar übertragbar. Eine ausgiebige Durchseuchung einer
079 Population mit einem bestimmten Virustyp führt zu dessen schnellen
080 Verschwinden. Epidemiologie: Es hat sich gezeigt, daß die
081 Coxsackieviren weltweit verbreitet sind, wobei natürlich gewisse
082 Varianten in der Zusammensetzung der häufigsten Virustypen
083 bestehen. Man kann deshalb einzelne Erregertypen mit Seren aus
084 der ganzen Welt neutralisieren. Wie den übrigen Enteroviren ist
085 den Coxsackieviren eine jahreszeitliche Häufigkeitsschwankung
086 eigen. Bevorzugt sind die Spätsommermonate und
087 Herbstmonate. Das häufigste Reservoir für die Coxsackieviren
088 stellt der menschliche Wirt dar. Der Hauptübertragungsweg ist
089 die fäkal-orale Infektion, was ähnlich wie bei der Polio
090 dazu führt, daß in Bevölkerungsschichten mit mangelnder Hygiene
091 die Durchseuchung und Immunisierung in sehr frühem Alter erfolgt.
092 Die Infektion tritt in jedem Alter auf, häufiger aber bei
093 Kindern. Das männliche Geschlecht wird gegenüber dem weiblichen
094 etwas häufiger befallen. Die nahe Verwandtschaft zwischen
095 Poliomyelitisviren und Coxsackieviren hat die Frage
096 aufgeworfen, ob zwischen den beiden Erkrankungen eine Interferenz
097 besteht oder ob Doppelinfektionen vorkommen und den
098 Krankheitsablauf beeinflussen können. Nach tierexperimentellen
099 Befunden scheint eine Interferenz zwischen Coxsackieviren der
100 Gruppe B und Poliomyelitisviren zu bestehen, wohingegen Viren
101 der Gruppe A öfter zusammen mit Poliomyelitisviren gefunden
102 werden. Zu ähnlichen Ergebnissen kam DALLDORF auf Grund
103 der Epidemiologie; in Jahren mit geringer Poliohäufigkeit
104 konnten öfter Viren der Gruppe B gefunden werden und umgekehrt.
105 Auch für die tierexperimentellen Befunde über die Virusgruppe A
106 finden sich epidemiologische Analoga: eine gleichzeitige
107 Infektion mit Polioviren und Coxsackieviren der Gruppe
108 A scheint einen höheren Anteil von Erkrankungen mit Lähmungen
109 zur Folge haben. Symptomatologie: Die Inkubationszeit bei
110 Infektionen mit Coxsackieviren beträgt zwischen 2 und 9 Tagen.
111 Der größte Teil der Virusinfektionen verläuft sich inapparent;
112 auch können sie eine recht verschiedenartige und teilweise wenig
113 typische Symptomatik verursachen. Einige Krankheitsbilder haben
114 sich aber doch durch gemeinsame Merkmale abgrenzen lassen.
115 Herpangina. Die Herpangina wurde erstmals 1920 von
116 ZAHORSKY in den USA beschrieben. 1951 bewies
117 HUEBNER durch die Isolierung des Virus die Ätiologie der
118 Erkrankung. Die meist im Sommer auftretende Herpangina wird
119 vorwiegend durch Viren der Typen A2, 4, 5, 6 und A10
120 hervorgerufen. Sie beginnt nach einer Inkubationszeit von 2-6
121 Tagen meist akut mit Fieber, Erbrechen und Halsschmerzen. Bei
122 der Inspektion der Patienten findet man neben einem geröteten
123 Rachen bevorzugt auf dem vorderen Gaumenbogen, aber auch am
124 Gaumen, an der Uvula, auf den Tonsillen und der Zunge grau-
125 weiße Bläschen, die unter Ausbildung eines roten Hofes
126 ulcerieren. Sie bilden sich dann langsam wieder zurück und auch
127 das Fieber klingt nach 1-4 Tagen wieder ab. Das
128 Krankheitsbild wird fast ausschließlich bei Kindern beobachtet.
129 Differentialdiagnose: In erster Linie muß an Stomatitis
130 aphtosa gedacht werden, doch sind die Erscheinungen dabei
131 ausgeprägter und finden sich eher in der vorderen Mundhöhle.
132 Auch die bläschenförmige Angina bei anderen Viruskrankheiten
133 muß in Erwägung gezogen werden. Therapie: Da eine
134 ätiologische Therapie nicht möglich ist, muß man sich auf eine
135 rein symptomatische Behandlung und auf diätetische Maßnahmen
136 beschränken. epidemische Myalgie (Bornholm " sche
137 Erkrankung). Im Gegensatz zur Herpangina steht dieses
138 Krankheitsbild in einem ätiologischen Zusammenhang mit der
139 Infektion durch Viren der Gruppe B (besonders B 1 und 6).
140 Die Erkrankung ist in Nordeuropa schon länger bekannt. Die
141 Beschreibung einer Epidemie 1930 auf Bornholm durch SYLVEST
142 hat der Krankheit auch den Namen gegeben. Von Skandinavien aus
143 hat sie sich in allen Ländern verbreitet. Charakteristischerweise
144 findet man zu Beginn der Erkrankung einen Fieberanstieg, der mit
145 anfallsweisen Schmerzen, vorwiegend im Thoraxbereich, aber auch
146 im Bauch, im Rücken und in den Extremitäten, einhergeht. Die
147 Schmerzen werden am häufigsten substernal und im Bereich des
148 Rippenbogens empfunden und verstärken sich bei Atemexkursionen.
149 Daneben kommen auch paraumbilikale Schmerzsensationen mit
150 Bauchdeckenspannung häufiger vor. Seltener wird über
151 Kopfschmerzen geklagt. Gelegentlich treten auch meningitische
152 Symptome auf. Mit dem Fieberanfall nach einigen Tagen bis zu 2
153 Wochen gehen auch die Beschwerden zurück. Der Krankheitsverlauf
154 ist gutartig, doch kann die bei 10 % der männlichen Kranken
155 auftretende Orchitis zur Sterilität führen.
156 Differentialdiagnose: Wegen der Vielfalt der Symptome ist die
157 Abgrenzung der Coxsackieinfektionen gegenüber einer Reihe anderer
158 Erkrankungen schwierig. So wird man beim Erwachsenen an einen
159 Herzinfarkt denken müssen, oft an Pleuritiden, auch an eine
160 Appendicitis, beim Säugling an eine Aspiration. Therapie:
161 Man muß sich auf symptomatische Maßnahmen wie Schmerzbekämpfung,
162 heiße Wickel und Bettruhe beschränken, um so wenigstens
163 Erleichterung zu verschaffen und Rückfälle zu vermeiden.
164 abakterielle Meningitis. Sämtliche Coxsackie-B-Typen
165 und einzelne A-Typen können als Ursache einer Erkrankung
166 auftreten, bei der eine aseptische Meningitis im Vordergrund steht.
167 Die Coxsackieviren sind eine häufige Ursache von
168 Meningoencephalitiden. In den USA machen sie 20 % aus.
169 Auf ein häufig zu beobachtendes Prodromalstadium von 2-6
170 Tagen schließt sich nach einem kurzen Intervall das meningitische
171 Stadium an. Zu Beginn der Erkrankung klagen die Befallenen
172 über ein allgemeines Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen und
173 Schwindel, seltener Bauchschmerzen. Beim überwiegenden Teil
174 der Fälle stellt sich schon im Prodromalstadium ein
175 Temperaturanstieg ein, bei einigen erst mit dem Auftreten der
176 meningitischen Zeichen, wie Nackensteife, starker Kopfschmerzen,
177 Erbrechen oder auffallender Müdigkeit. Im Liquor besteht in
178 diesem Stadium eine Pleiocytose um 500 Zellen/(Formel). Die
179 Erkrankung verläuft gewöhnlich gutartig. Zusammen mit dem
180 Fieber verschwinden nach 3-9 Tagen die übrigen Symptome.
181 Gelegentlich wird neben der Meningitis eine muskuläre Schwäche
182 oder auch eine Parese als Zeichen einer Vorderhornschädigung
183 gefunden. Das Bild kann sich soweit verschieben, daß bei einer
184 Infektion mit dem Typ A7 eine poliomyelitisähnliche Erkrankung
185 vorliegt (CHUMAKOV). Es kommt dabei sogar zum tödlichen
186 Ausgang der Coxsackieinfektion unter dem Bild einer
187 Bulbärparalyse. Differentialdiagnose: Die Erkrankung muß
188 gegenüber anderen abakteriellen Menigitiden abgegrenzt werden.
189 Besonders die Unterscheidung gegenüber der tuberkulösen
190 Meningitis ist wegen der therapeutischen Konsequenz von
191 Wichtigkeit. Auch die Abgrenzung gegen die Polio kann schwierig
192 sein. Die Lösung bringt oft der vollständige Rückgang der
193 Paresen nach durchgemachten Coxsackieinfektionen. Therapie:
194 Auch hier ist nur eine symptomatische Behandlung möglich.
195 Neugeborenenmyocarditis. Von besonderer Wichtigkeit für den
196 Geburtshelfer ist die schon länger bekannte Krankheitseinheit
197 Neugeborenenmyocarditis (sie wurde schon 1899 durch FIEDLER
198 von Myocarditiden bekannter Ätiologie abgegrenzt), als deren
199 Ursache heute eine Infektion mit Coxsackieviren der Typen B2, 3,
200 4, 5 bekannt ist. Besondere Aufmerksamkeit beansprucht sie
201 wegen häufiger Epidemien in Neugeborenenstationen. Es liegen
202 darüber eine Reihe von Berichten vor, so aus Johannesburg
203 (GEAR, JAVETT), aus Rhodesien (MONTGOMERY),
204 aus Holland (VAN CREVELD) und aus Boston
205 (KIBRICK und BENIRSCKE). Nach uncharakteristischen
206 Prodromalzeichen kommt es meist in den ersten 8-9 Lebenstagen
207 zu einem plötzlichen Erkrankungsbeginn mit Appetitlosigkeit,
208 Erbrechen, Durchfall und Apathie; Fieber fehlt in der Regel.
209 Neben einer raschen Hinfälligkeit und Bläße tritt gelegentlich
210 ein leichter Ikterus auf. Auf die cardiale Beteiligung weisen
211 Tachykardie, Dyspnoe und Zyanose hin. Selten vermißt wird eine
212 generalisierte Muskelhypotonie. Das Röntgenbild zeigt eine
213 Herzvergrößerung. Die Letalität liegt zwischen 43 und 57 %.
214 Der Tod der Neugeborenen kann innerhalb weniger Stunden bis
215 Tage eintreten, doch ist durchaus eine vollständiger Erholung
216 möglich. Pathologisch-anatomisch findet sich am häufigsten
217 eine focale Myocarditis und eine focale Meningoencephalitis.
218 Lebernekrosen, Hepatitis und Pankreatitis sind seltenere Befunde.
219 Eine Pericarditis findet sich überwiegend bei älteren Kindern;
220 diese zeigt einen günstigeren Verlauf. Therapie: Die
221 Behandlung muß in rascher Digitalisierung, Gabe von hohen
222 Steroiddosen, breitspektrigen Antibiotika, Sauerstoff,
223 Diuretica, salzloser Diät und strengster Ruhe bestehen.
224 uncharakteristische fieberhafte Erkrankungen. Unter dem
225 allgemeinen Bild einer Grippe verbirgt sich häufig eine Infektion
226 mit verschiedenen Coxsackieviren wobei es zu einer Pharyngitis mit
227 Halsschmerzen, Hustenreiz und Temperatursteigerung kommt. Auch
228 die sogenannte Sommergrippe hat wahrscheinlich eine Infektion mit
229 Coxsackieviren zur Ursache. Diese kurzdauernden fieberhaften
230 Erkrankungen gehen gewöhnlich gutartig aus. Diagnose: Da die
231 Erkrankung an Coxsackieviren unter den verschiedensten klinischen
232 Bildern und oft mit recht uncharakteristischen Symptomen abläuft,
233 müssen zur Sicherheit der Diagnose neben den klinischen Befund
234 Laboratoriumsmethoden treten. Beim Verdacht auf eine
235 Coxsackievirusätiologie wird man versuchen, den Virusnachweis
236 durch Verimpfen auf Babymäuse und Gewebekulturen zu erbringen.
237 Als Material eignen sich am besten vorbehandelter Stuhl und
238 Rachensekret, weniger aussichtsreich ist Blut oder auch Liquor
239 beim Vorliegen meningitischer Symptome. Dabei wird so vorgegangen,
240 daß das Untersuchungsgut in einer physiologischen Salzlösung zu
241 einer etwa 10 % igen Suspension aufgeschwemmt wird.
242 Anschließend wird durch Zentrifugieren und durch Zusatz von
243 Antibiotica die Suspension von Bakterien befreit. Mit der so
244 erhaltenen bakterienfreien Suspension werden sowohl Gewebekulturen
245 als auch säugende Mäuse eines Wurfes (der nicht älter als 48
246 Stunden sein sollte) subcutan, intraperitoneal und intracerebral
247 beimpft. Sobald sich bei den Mäusen typische Erkrankungszeichen
248 einstellen, werden die Tiere getötet und histologisch untersucht.
249 Auf Grund der histologischen Kriterien wird die Zuordnung der
250 Viren zu Gruppe A oder B vorgenommen, wobei auch der Zeitpunkt
251 des Auftretens der ersten Krankheitszeichen verwertet wird. Bei
252 Gruppe A ist dies nach 3-8 Tagen der Fall, bei Viren der
253 Gruppe B zwischen dem 5.und 14.Tag. Bei der
254 Virusverimpfung auf Gewebekulturen tritt nur bei der Gruppe B
255 regelmäßig ein CPE ein. An die Virusanzüchtung und
256 Gruppenbestimmung müssen sich serologische Verfahren anschließen,
257 um den Serotyp des Erregers zu bestimmen. Alle serologischen
258 Untersuchungen müssen aber zweimal durchgeführt werden, damit der
259 für die Diagnose unerläßliche Titeranstieg beobachtet werden
260 kann. Beim Neutralisationstest werden dem infektiösen
261 Untersuchungsmaterial bekannte typenspezifische Antiseren zugesetzt.
262 Kann durch diese Antiseren die Erkrankung der Versuchstiere
263 oder der CPE auf der Gewebekultur verhindert werden, so kann
264 dadurch auf den Typ des Virus rückgeschlossen werden. Das
265 umgekehrte Vorgehen, der Nachweis von neutralisierenden
266 Antikörpern im Serum des Erkrankten, ist von geringerer
267 Bedeutung für die Diagnose einer augenblicklichen Erkrankung.
268 Dies hat seinen Grund in dem sehr kurzfristigen Anstieg des
269 Antikörpertiters vom 5.Erkrankungstag ab (DALLDORF
270 und SICKLES) und in dem Persistieren der Titerhöhe über
271 lange Zeit (MELNICK), sodaß die Aussage schwierig ist,
272 ob der Titer von einer abgelaufenen oder einer floriden Erkrankung
273 herrührt.
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