Quelle Nummer 361
Rubrik 09 : WIRTSCHAFT Unterrubrik 09.11 : TAGESZEITUNGEN
FAZ
DIENSTAG, 29.12.1970, NR.300, SEITE 11-
(WIRTSCHAFTSBLATT)
001 Weihnachtsmüll. Seit Jahrhunderten kommt - alle
002 Jahre wieder - der Weihnachtsmann mit seinem großen Sack voll
003 Geschenken für jung und alt. Fast noch sehnlicher aber wünscht
004 man sich heutzutage nach dem Fest einen freundlichen Helfer mit
005 einem mindestens ebenso großen Sack, der das Drumherum der
006 Weihnachtsgaben, den großen Haufen von Geschenkpapier,
007 Wellpappe, Kunststoffschaum, Holzwolle und Stroh wieder aus dem
008 Hause schafft. Obwohl es kaum noch möglich erscheint: Diesmal
009 ist die Verpackungsmittelflut zum Schenkefest noch höher gestiegen
010 als in den letzten Jahren, als sie vielen schon bis zum Hals
011 gestanden war. Natürlich kommt der Schwall nicht überraschend.
012 Je hektischer der Weihnachtsverkehr bei Post und Speditionen, um
013 so größer die Bruchgefahr und Beschädigungsgefahr und
014 um so intensiver die Bemühungen, wertvolle Güter wohlumhüllt in
015 die rauhe Welt des Bahntransports und Autotransports zu
016 entlassen. So hat der Empfänger eines einigermaßen
017 verpackungsbedürftigen Geschenks - etwa wenn sich die Familie
018 mit einem neuen Haushaltsgroßgerät beschert - zugleich mit der
019 Freude über das schöne Stück den Ärger mit seiner leeren
020 Schale. Zur neuen Waschmaschine zum Beispiel bekommt man
021 ungebeten einige Quadratmeter Wellpappe, einen kräftigen
022 Holzrost und eine Reihe phantasievoll geformter Teile aus
023 Hartschaum hinzu und steht nun vor der Aufgabe, dies Zeug in der
024 Stadtwohnung ohne Aufsehen zu beseitigen. Im Keller stapeln geht
025 ebensowenig wie auf dem Balkon verbrennen; den Kram wie die
026 Leiche im Krimi per Kofferraum in den Wald transportieren ist die
027 allerschlechteste Idee. Also auf den Sperrmüllwagen warten -
028 aber was macht man dort, wo es einen solchen nicht gibt? Was
029 ungetrübte Weihnachtsfreude sein sollte, wird zwischen den Jahren
030 unversehens zum Problem. Patentrezepte bieten sich nicht an, nur
031 eine ganz nüchterne Einsicht: Der geballte
032 Weihnachtswohlstandsmüll muß wie alles auf dieser Welt bezahlt
033 werden. Aber wenn man besonders reich beschenkt worden ist, dann
034 sollte auch das Geld für die zusätzliche Müllabfuhr niemanden
035 reuen. Hilfestellung in San Franzisko. Das hartnäckige
036 Drängen jener Wirtschaftskreise, die unsere Handelsinteressen im
037 Westen der Vereinigten Staaten nur unzureichend " offiziell "
038 repräsentiert sehen, hat jetzt Erfolg gehabt. In Kürze wird
039 mit Sitz in San Franzisko eine German-American Chamber of
040 Commerce for the Pacific Coast eröffnet werden, die als eine
041 Art Zweigstelle der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in
042 New York " rein handelstechnische Aufgaben " wahrnehmen soll.
043 Auch eine Zweigstelle im Pazifikraum wird zweifellos von der ex
044 portinteressierten und importinteressierten Wirtschaft als
045 ortskundige Hilfestellung begrüßt werden, denn Kaliforniens und
046 Amerikas nordwestliche Pazifikküste wachsen wirtschaftlich
047 besonders dynamisch. Vor allem aber ergeben sich auch Fragen,
048 für deren Beurteilung New York auf der anderen Seite des
049 Kontinents einfach zu weit entfernt ist - auch wenn das dort nicht
050 immer gern gehört wird. Durch das Tor der Pazifikküste drängt
051 mit außerordentlicher Zielstrebigkeit die fernöstliche
052 Handelskonkurrenz auf den amerikanischen Markt. Keiner wird
053 erwarten, daß unsere Exportwirtschaft auch nur im entferntesten
054 jene massive " Trade Promotion " erhält, wie sie den Japanern
055 mit Regierungshilfe namentlich in San Franzisko gewährt wird.
056 Aber mehr Beistand in handelstechnischen Fragen und auch ein wenig
057 mehr offizielle Repräsentanz, als sie bislang die
058 Generalkonsulate geben konnten, wäre schon viel. Ohne
059 Gewinn kein Wachstum. Von Dr. Joseph Wickern.
060 Die folgenden Gedanken über die Funktion des Gewinns in der
061 marktwirtschaftlichen Ordnung sind aktueller denn je.
062 Vermögensbildungspläne, die zum Teil auch in Bonner Amtsstuben
063 geboren wurden, knüpfen immer wieder an den Gewinn an, der nach
064 diesen Vorstellungen " umverteilt " werden müsse. Die
065 Ausführungen sind einem Referat entnommen, das der Autor,
066 Vorstand der Cornelius Stüssgen AG in Köln, dieser Tage vor
067 den Mitarbeitern seines Hauses hält. Die Redaktion.
068 Die Polemik gegen den Gewinn, als sei er anrüchig, etwas, das
069 den Belegschaften vorenthalten werde, ist gefährlich und
070 gedankenlos. Was soll man davon halten, wenn vier
071 Staatssekretäre, Männer also, die es wissen müßten, einen
072 Plan vorstellen, wonach die Unternehmen 10 Prozent ihrer Gewinne
073 (auch der Verluste?) in einen großen Topf zahlen sollen, an
074 dem Arbeiter, Angestellte und Beamte beteiligt werden sollen:
075 die sogenannte Vermögensbildung. Ich stelle mir vor, was die
076 Mitarbeiter unseres Unternehmens sagen würden, wenn wir einen
077 Teil unseres Ertrages ablieferten, um die Vermögensbildung bei
078 den Beamten der Stadt oder der Belegschaft unserer Konkurrenz zu
079 finanzieren. Wenn man das will, was mit dem Plan bezweckt wird,
080 nämlich Gewinnabschöpfung und Umverteilung, so soll man das
081 Kind beim Namen nennen: eine Sonderertragssteuer für (Groß
082 -) Unternehmen. Ob das zu einem Zeitpunkt richtig ist, in dem
083 die Einkommensteuereinnahmen und
084 Körperschaftssteuereinnahmen erheblich zurückgehen, die
085 Lohnsteuer dagegen um mehr als 30 Prozent über dem Vorjahr liegt,
086 wird hoffentlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden,
087 die allein auf die Dauer die sozialpolitischen Wohltaten tragen.
088 Unternehmen ohne Gewinn oder gar mit Verlust sind nicht viel wert.
089 Sie können ihren Mitarbeitern keinen gesicherten Arbeitsplatz
090 und vor allen Dingen kein gesichertes Alter garantieren. Ein
091 Unternehmen ohne Gewinn kann nicht wachsen und bietet keine
092 Aufstiegschancen. Nur ein Unternehmen mit Gewinn ist für
093 Mitarbeiter interessant. Ich bin überzeugt, daß wir unter
094 unseren Mitarbeitern keine Umfrage darüber anzustellen brauchen,
095 ob sie lieber in einem Unternehmen arbeiten, das einen ordentlichen
096 Gewinn erwirtschaftet, oder ob sie es vorzögen, wenn kein Gewinn
097 oder gar Verlust gemacht wird. Das ertragslose Unternehmen wird
098 sehr bald seine Kunden enttäuschen; denn keine Unternehmung ohne
099 oder mit schlechtem Gewinn kann im wirtschaftlichen Fortschritt
100 mithalten. Der Kampf um den Markt kann nicht anders als mit
101 Gewinn bestanden werden. Eine Unternehmung mit schlechtem Gewinn
102 erhält keine Kredite: Würde auch nur ein Mitarbeiter seine
103 ehrlich erarbeiteten Ersparnisse einem Unternehmen anvertrauen,
104 das schlechten oder gar keinen Gewinn macht? Ebensowenig kann
105 dies die Bank oder die Versicherung tun, die solche Ersparnisse
106 verwaltet. Nur Unternehmen mit gesicherten Gewinnchancen haben
107 Aussicht auf Geld am Kapitalmarkt. Das Geld sucht immer den
108 Weg zur besten Investition mit langfristig gesichertem Ertrag.
109 Was sind eigentlich Unternehmensgewinne? In den periodischen
110 Berichten des Statistischen Bundesamtes werden " Nettoeinnahmen
111 aus Unternehmertätigkeit " denen aus " unselbständiger Arbeit "
112 gegenübergestellt. Unternehmergewinne werden also Personen
113 zugeschrieben. Das stimmt nur zum geringsten Teil, insoweit
114 nämlich, als unter diesen Begriff die Gewinne der freien Berufe,
115 wie Rechtsanwälte, Ärzte, Handwerker, Hausbesitzer, sowie
116 die der vielen kleinen Kaufleute erfaßt sind, kurzum des gesamten
117 Mittelstandes, dessen Einkommen niemand umverteilen will. Das
118 größere Gewicht haben die Erträge, die nicht von Personen,
119 sondern von Institutionen, nämlich den größeren Unternehmen in
120 Form von Aktiengesellschaften, GmbHs, Kommanditgesellschaften,
121 erwirtschaftet und mit den ersteren in einen Topf geworfen werden.
122 Es sind also nicht die Gesellschafter oder Aktionäre, der
123 Aufsichtsrat oder der Vorstand oder was man sich sonst unter
124 " Kapitalisten " vorstellen mag, die diese Gewinne machen. Was
125 geschieht mit dem Gewinn? Er dient in erster Linie zur
126 Stärkung des Unternehmens. Es gibt - besser gab - in jeder
127 Branche Unternehmen, in denen die Unternehmerfamilien die
128 Gewinne - was ihnen rechtlich niemand streitig machen kann -
129 für sich verbraucht haben. Ein solches Unternehmen zum Beispiel
130 hatte 1949 einen Umsatz von 7 Millionen DM, heute an die 40
131 Millionen. Unsere Gesellschaft hatte damals jedoch 10 Millionen
132 und geht heute auf die 350 Millionen zu. Das zeigt deutlicher als
133 alles andere die Funktion des Gewinns in einem Unternehmen,
134 dessen Anteile sich in der Hand verantwortungsbewußter
135 Eigentümer befinden. Vermögen entsteht eben nicht durch
136 Gewinnverteilung, sondern durch Konsumverzicht. Dieser Weg
137 steht heute jedem offen, der es will, nicht nur den Unternehmen,
138 sondern auch den unabhängig Tätigen. " Was nichts kostet, gilt
139 auch nichts " - das trifft auch für die Vermögensbildung zu.
140 Der Gewinn von heute, der im Unternehmen investiert wird, trägt
141 die Unkosten von morgen. Investitionen werden über die
142 Abschreibungen zu den Kosten von morgen. Gewinn ist außerdem
143 dazu da, neue Entwicklungen zu finanzieren. Jede neue Aktivität
144 beinhaltet neue Risiken. Gewinne werden ferner verwendet, um die
145 Vermögensbildung der Mitarbeiter aufzubauen, ein Faktum, das in
146 der Polemik um den Gewinn gern übersehen wird. Und doch sind die
147 Tatsachen offensichtlich. Unsere Unterstützungskasse besitzt ein
148 Vermögen von 3 Millionen DM, und im Versorgungswerk sind mehr
149 als 2,5 Millionen DM zurückgestellt - alles
150 ausschließlich aus dem Gewinn. Das sind echte Schulden der
151 Unternehmung gegenüber unseren Mitarbeitern. Jeder Mitarbeiter
152 kann mit einer entsprechenden Altersversorgung rechnen, wenn er die
153 Bedingungen erfüllt. Diese ist ein echtes Vermögen jedes
154 einzelnen Mitarbeiters, genausogut wie das Geld, das er auf der
155 Sparkasse oder in der Lebensversicherung für sein Alter
156 zurücklegt oder mit dem er sich - ebenfalls für seine
157 Altersversorgung - ein Häuschen baut. Das Unternehmen bucht
158 dafür entsprechende Schuldverpflichtungen und bestätigt so die
159 Ansprüche der Mitarbeiterschaft ausdrücklich. Wer erkennt,
160 daß die Gewinne von heute die Unkosten von morgen tragen müssen,
161 der weiß auch, daß man den für die gesunde Erneuerung und das
162 gesunde Wachstum notwendigen Gewinn nicht schmälern kann. Gewinn
163 ist eben nicht, was übrigbleibt, um es zu verteilen, sondern was
164 für das Unternehmen notwendig ist, um zu überleben. Wieder
165 Engpässe in der Stromversorgung der DDR. Die SED
166 fordert zum Stromsparen auf/Schwierigkeiten bei der
167 Braunkohleförderung. BERLIN, 28.Dezember. Mit den
168 Schneefällen ist in der Energiewirtschaft und
169 Transportwirtschaft der DDR wieder " Alarmstufe eins "
170 ausgerufen worden. Obwohl die SED seit November die
171 Bevölkerung und die Betriebe zwischen Elbe und Oder zum
172 Stromsparen aufgefordert und in einer groß angelegten
173 " Winteroffensive " die Wirtschaft ideologisch unter Druck gesetzt
174 hat, ist es schon jetzt zu empfindlichen Engpässen in der
175 Stromversorgung der DDR gekommen. So berichten die Ost-
176 Berliner Zeitungen in den letzten Tagen über den " pausenlosen
177 Kampf " der Kumpel in den Braunkohletagebauen gegen die
178 Witterung, die der Wirtschaft der DDR im letzten Jahr durch
179 Produktionsausfälle einen Schaden von drei Milliarden Ost-
180 Mark beschert hat. Schätzungen zufolge wird die Energie-
181 Versorgungslücke in diesem Jahr mindestens 20 Milliarden
182 Kilowattstunden betragen. Wie verlautet, ist auch an den
183 Weihnachtsfeiertagen " rund um die Uhr " gearbeitet worden,
184 wobei in erster Linie Reparaturen ausgeführt wurden. In den
185 nächsten Tagen muß damit gerechnet werden, daß erneut
186 freiwillige Arbeitskräfte und die Armee zu Hilfe gerufen werden.
187 Nach einem Bericht der " Berliner Zeitung " mußten schon im
188 November 900 zusätzliche Hilfskräfte, darunter auch Angehörige
189 der Sowjetarmee, in den Tagebauen eingesetzt werden, nachdem die
190 Braunkohleförderung durch Schlamm und Regen fast zum Erliegen
191 gekommen war. Erschwert wird die Lage dadurch, daß die Vorräte
192 an festen Brennstoffen nach dem extremen Winter im letzten Jahr
193 noch kaum wieder aufgefüllt sind. So fordert die Partei alle
194 Betriebe im Lande auf, den spezifischen Energieverbrauch auf der
195 ganzen Front zu senken. Nach Feststellungen der " Leipziger
196 Volkszeitung " wird in der DDR für die Herstellung der
197 verschiedensten Erzeugnisse im Durchschnitt 20 Prozent mehr
198 Energie aufgewendet als in vergleichbaren westlichen
199 Industriestaaten. Dieser relativ unwirtschaftliche
200 Energieverbrauch, der ganz wesentlich aus der überalterten
201 Produktionsstruktur der DDR-Wirtschaft resultiert, ist zum
202 größten Teil daran schuld, daß das Energieangebot besonders in
203 den Wintermonaten mit dem Bedarf bei weitem nicht Schritt hält.
204 Da sich alle Jahre wieder die Energieversorgung als schwächstes
205 Glied der DDR-Wirtschaft erweist, will die Partei in einer
206 Art Schwerpunktprogramm diesem alten Übel zu Leibe rücken.
207 Wie auf der 14.Tagung des Zentralkomitees vor wenigen Tagen
208 bekanntgegeben wurde, soll vor allem die Energiewirtschaft in den
209 Genuß höherer Investitionen kommen, obwohl die Summe der
210 geplanten Investitionen im nächsten Jahr um 1,5 Prozent
211 unter der diesjährigen liegt. Für den Bau neuer Kraftwerke und
212 zum Erschließen neuer Tagebaue sollen in den nächsten Jahren
213 rund 20 Prozent mehr Mittel aufgewendet werden als bisher. In den
214 vergangenen sieben Jahren hat die Ostberliner Wirtschaftsführung
215 ungefähr 3,3 Milliarden Mark in den Bau neuer
216 Großkraftwerke gesteckt. Trotz der jetzt verkündeten
217 Schwerpunktpolitik zweifeln westliche Experten daran, daß die
218 DDR in absehbarer Zeit mit ihrem Elektrizitätsdilemma fertig
219 werden kann. Denn auch die neuen Maßnahmen werden vorerst nicht
220 ändern können, daß die unwirtschaftliche Braunkohle auf
221 absehbare Zeit der wichtigste Energieträger der DDR bleibt.
222 Erdöl als Energieträger wird bisher nur in geringem Umfang
223 verwendet: In diesem Jahr war es weniger als 5 Prozent am
224 Stromaufkommen der DDR beteiligt. Fachleute rechnen damit,
225 daß die Energieversorgung frühestens in fünf Jahren auf Erdöl
226 umgestellt werden kann. Große Anstrengungen unternimmt die Ost
227 -Berliner Wirtschaftsführung indessen mit dem Aufbau von
228 Kernkraftwerken. Das erste Atomkraftwerk bei Rheinsberg war vor
229 vier Jahren mit einer Leistung von 70 Megawatt in Betrieb
230 genommen worden; nun soll - wie das SED-Zentralorgan
231 " Neues Deutschland " kürzlich berichtete - das zweite
232 Atomkraftwerk in Lubmin bei Greifswald 1973 den Probebetrieb für
233 die ersten 440 Megawatt aufnehmen. Wenn dies nicht gelänge,
234 " wird sich die Energiesituation bei uns weiter komplizieren ",
235 meinte der SED-Chef des Bezirks Rostock, Harry Tisch.
236 Dieses zweite Kernkraftwerk der DDR soll rund eine halbe
237 Milliarde Mark kosten und eine Endleistung von 500 Megawatt haben.
238 Neue Einheitswerte erst ab 1974. BONN, 28.
239 Dezember. Die Bundesregierung hat sich nun endgültig entschieden,
240 die neuen Einheitswerte für den Grundbesitz, die auf den 1.
241 Januar 1964 abgestellt sind, erst zum 1.Januar 1974 in Kraft
242 zu setzen. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist dem Bundesrat
243 zugeleitet worden. In dem 1965 verabschiedeten Bewertungsgesetz
244 war bestimmt worden, daß die Einheitswerte nur durch ein
245 besonderes Gesetz als Besteuerungsgrundlage eingeführt werden
246 konnten. Allgemein war damals davon ausgegangen worden, die
247 Einheitswerte 1972 wirksam werden zu lassen. Die Bundesregierung
248 möchte die Einheitswerte jedoch nunmehr mit der geplanten
249 Steuerreform verbinden, für die ebenfalls der Termin vom 1.
250 Januar 1974 anvisiert wird. Bis 1974 werden damit, die
251 Zustimmung der Länder vorausgesetzt, die alten Einheitswerte
252 weiter gelten. Die neuen Einheitswerte des Grundvermögens
253 führen im Durchschnitt zu einer Erhöhung der Einheitswerte auf
254 das Zweieinhalbfache der geltenden Werte. Das zwingt zu einer
255 Neuregelung der Besteuerungsmaßstäbe, vor allem der
256 Freibeträge und Tarife bei den einheitswertabhängigen Steuern.
257 Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Neubewertung zwar zu
258 größerer Steuergerechtigkeit, aber nicht zu einer insgesamt
259 höheren steuerlichen Belastung führen. Die Regierung kündigt
260 in dem Gesetzentwurf an, daß sie Vorschläge zur Änderung der
261 Besteuerungsmaßstäbe in das Zweite Steuerreformgesetz einfügen
262 wird, das im Sommer 1971 dem Bundestag zugeleitet werden soll.
263 Durch die frühzeitige Festlegung des Termins soll der Verwaltung
264 genügend Zeit gegeben werden, um die seit 1964 aufgelaufenen
265 Fälle von Fortschreibungen, Nachfeststellungen und Aufhebungen
266 zu bearbeiten. Die für die Fortschreibung von Einheitswerten
267 gesetzten Wertgrenzen sollen durch den vorliegenden Entwurf
268 geändert werden. Durch die Festlegung einer hohen Mindestgrenze
269 von 5000 DM soll die Zahl der Fortschreibungen verringert werden,
270 während zugunsten des Steuerpflichtigen der Einheitswert auch
271 schon bei verhältnismäßig geringfügigen Wertabweichungen nach
272 unten korrigiert werden soll. Der Gesetzentwurf sieht auch vor,
273 daß die Einheitswerte für Mineralgewinnungsrechte, die noch auf
274 das Jahr 1935 zurückgehen, zum 1.Januar 1972 neu festgelegt
275 und der Besteuerung zugrunde gelegt werden sollen.
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