Quelle Nummer 324
Rubrik 11 : LITERATUR Unterrubrik 11.02 : POETIK
ROMANTHEORIE
EBERHARD LAEMMERT
ROMANTHEORIE
DOKUMENTATION IHRER GESCHICHTE IN DEUTSCHLAND
1620-1880, HERAUSGEGEBEN VON EBERHARD LAEMMERT,
HARTMUT EGGERT,HARL-HEINZ HARTMANN, GERHARD HINZMANN
DIETRICH SCHEUNEMANN, FRITZ WAHRENBURG
KIEPENHEUER UND WITSCH, KOELN BERLIN 1971, S. XV-
001 Vorbericht.. Der vorliegende Band bietet den ersten
002 Teil einer zweibändigen, kommentierten Sammlung von Dokumenten
003 zur Theorie des Romans in Deutschland. Eine um ein mehrfaches
004 reichere, wenn auch noch auswählende Bibliographie der Schriften,
005 die an der Einbürgerung der Romanliteratur in Deutschland
006 Anteil haben, ist den Bänden beigefügt. Die Einführungen zu
007 den größeren historischen Abschnitten und die Vorbemerkungen zu
008 den einzelnen Textgruppen beziehen sich auf diesen weiteren Bestand
009 von Schriften und zeigen den literaturpolitischen,
010 sozialpädagogischen und gattungsgeschichtlichen Zusammenhang an,
011 in den die nachfolgenden Texte als paradigmatische Äußerungen
012 oder eigenwillige Stellungnahmen sich einordnen. Dabei klären sie
013 zugleich über die Tendenzen der Sammlung auf und begründen die
014 gelegentliche Abweichung von der chronologischen Abfolge der Texte.
015 Die Auswahl der Texte wurde nach der Auswertung gemeinsamer
016 Vorarbeit in einigen Semiaren zur Romantheorie und nach
017 umfänglicher Materialsammlung von den Bearbeitern der jeweiligen
018 Zeiträume vorgeschlagen. In einer Reihe von
019 Redaktionsbesprechungen wurden die Texte nach den in den
020 Vorbemerkungen kenntlich gemachten Gesichtspunkten gruppiert. Die
021 Bearbeiter benachbarter Zeiträume stimmten in besonderen
022 Arbeitsgängen ihre Auswahl und Kommentierung aufeinander ab.
023 Ein gemeinsam angelegtes Archiv von Kopien bzw. Daten zu den
024 im Werkverzeichnis mitgeteilten Texten kam diesen und späteren
025 Arbeiten zugute. Nach der Fertigstellung von
026 Entwurfsmanuskripten wurden Texte und Kommentare einer
027 koordinierenden Gesamtdurchsicht unterzogen, wobei Gegensätze
028 nicht prinzipiell getilgt, wohl aber ergänzende Gesichtspunkte in
029 verschiedenen Abschnitten nachträglich zur Geltung gebracht wurden.
030 Die Gliederung der Sammlung nach Bearbeitungszeiträumen und
031 größeren Abschnitten folgt erkennbaren historischen Zäsuren und
032 Neuansätzen. Auf zusammenfassende Überschriften für diese
033 Zeitabschnitte wurde jedoch verzichtet, um den Eindruck, es
034 handele sich um durchgehend abrundbare Epochen, eher abzuschwächen
035 als ihm Vorschub zu leisten. Dies schien um so eher geboten, als
036 die Texte benachbarter Textgruppen von der Ungleichzeitigkeit der
037 Standorte ihrer Verfasser hinreichend oft Zeugnis ablegen. Als
038 Überschrift zu den einzelnen Textgruppen sind in aller Regel
039 zeitgenössische Formulierungen gewählt, die eine abhebbare
040 Haupttendenz der gesichteten Texte kennzeichnen. So lassen sie,
041 für sich betrachtet, einen Überblick über die Konstanten wie
042 über den Wandel der Leitvorstellungen zu, die eine
043 Beschäftigung mit dem Roman unter den gegebenen Zeitumständen
044 wichtig erscheinen ließen, und kennzeichnen auch die aktuellen
045 Kontroversen, in denen eine wünschbare Romanliteratur
046 vorgezeichnet und die vorhandene gerechtfertigt oder kritisiert wurde.
047 Als Vorlage für den Textabdruck wurden nach Möglichkeit
048 Erstdrucke oder zuverlässige kritische Ausgaben verwandt. Dabei
049 sind die Seitenzahlen der Vorlage dem Abdruck eingefügt und
050 Hervorhebungen durch Sperrdruck, Fettdruck, Antiqua usw.
051 durchgängig kursiv wiedergegeben. Der Textbestand wurde bis auf
052 sinnentstellende Druckfehler und eine vereinfachte Schreibung der
053 Umlaute gewahrt. Kürzungen sind stets angezeigt und so
054 vorgenommen worden, daß der gebotene Zuschnitt den Gesamttenor
055 der vorgestellten Schrift nict einschneidend verändert. Wo der
056 verfügbare Raum eine Auswahl unter gleich gewichtigen Texten
057 erzwang, hat für eine Zurückstellung die leichtere
058 Zugänglichkeit bzw. das Vorliegen von Neudrucken den
059 Ausschlag gegeben. Knappe Angaben zu den einzelnen Autoren und
060 gegebenenfalls zu den Entstehungsumständen des abgedruckten Textes
061 sowie Anmerkungen zu einzelnen Textstellen und Zitaten sollen dem
062 nicht schon speziell orientierten Leser Verständnishilfen geben
063 und weitere Nachforschungen erleichtern. Richtmaß für die
064 Mitteilung allgemeiner biographischer Daten war dabei die Aufnahme
065 oder das Fehlen der betreffenden Angaben in der Allgemeinen
066 Deutschen Biographie und der Neuen Deutschen Biographie. Auf
067 Titel in dem chronologisch angeordneten Werkverzeichnis wird im
068 Textteil mit der Sigle W und der Verzeichnis-Nummer
069 verwiesen. Ein zugehöriges Autorenregister erleichtert das
070 Auffinden verschiedener Beiträge eines Verfassers. Ein
071 zusätzliches Verzeichnis der in den Texten zitierten Romantitel
072 gewährt einen Überblick über wiederholte und unterschiedliche
073 Bezugnahmen auf einzelne Romane und hat darüber hinaus den Sinn,
074 auf die wichtige Rolle aufmerksam zu machen, die eine Reihe von
075 anerkannten und zum Vorbild erhobenen Romanen bei der
076 Theoriebildung über die Romanliteratur und bei der Aufstellung
077 von Maßstäben für die zeitgenössischen Schriftsteller einnimmt.
078 Ein systematisch untergliedertes Sachverzeichnis schien bei aller
079 Schwierigkeit, auf die jeder derartige Einteilungsversuch stößt,
080 als ein Komplement zu den Einführungen und Vorbemerkungen
081 geboten, um ein Aufsuchen der wiederkehrenden Perspektiven und
082 Argumente möglich zu machen, die dort nicht eigens angezeigt
083 werden konnten. Die Aufteilung von Nachweisen zum gleichen
084 Stichwort auf verschiedene thematische Rubiken soll die Breite
085 seines Argumentationswertes belegen, aber auch den Ärger des
086 Benutzers über eine Häufung disparater Argumente unter eine
087 Kolonne mindern helfen. Die Forschungsliteratur zur Romantheorie
088 in einer ihrer Expansion entsprechenden Breite aufzuführen,
089 erschien uns eher eine Zumutung als eine Hilfe. Allein die Reihe
090 der Nachbarunternehmungen der letzten Jahre zur Aufarbeitung der
091 Romantheorie entlastet uns hier und zeigt womöglich deutlicher als
092 eine Liste der Einzelarbeiten an, daß die heute unter den
093 epischen Großformen noch das Feld beherrschende Gattung des
094 Romans in ein Statium einzurücken beginnt, in dem eine
095 Retospektive auf ihre Geschichte schon als Kulminationsphasen
096 nachbetrachtend erkennen läßt. Spezielle Hinweise auf
097 weiterführende Literatur und auch auf nützliche Sammlungen finden
098 sich jeweils in den Angaben und Anmerkungen zu den einzelnen
099 Texten; dabei ist zu berücksichtigen, daß das Manuskript des
100 Bandes bereits im Dezember 1969 druckfertig gemacht wurde. Dem
101 Fachbereich Germanistik der Freien Universität Berlin ist für
102 die Einrichtung einer Arbeitsstätte zu danken und damit auch für
103 die Möglichkeit, bei der Schlußredaktion der Anmerkungen und
104 Verzeichnisse Unterstützung zu gewinnen. Walter Fähnders,
105 Horst-Günther Kosiol, Martin Rector, Jürgen Schutte
106 und insbesondere Ekhard Haack sind materialsichtend und reaktionell
107 an den Vorbereitungen zur Drucklegung beteiligt gewesen. Frau
108 Margarete Elster war eine ebenso geduldige wie gewissenhafte
109 Helferin bei der Herstellung der Reinschriften. Die Erfahrungen
110 mit der Aufgabenteilung wie mit dem Zusammenwirken dieser
111 größeren Arbeitsgruppe legen es nahe, auch andere als editorische
112 Unternehmungen in solchen Arbeitsformen zu planen. Im Überblick
113 über die Dokumente einer Beschäftigung mit dem Roman der letzten
114 dreieinhalb Jahrhunderte läßt sich ausmachen, wie sehr der
115 Aufstieg und die Überwindung einer bürgerlichen Nationalkultur,
116 ihrer Bildungserwartungen und nicht zuletzt ihrer
117 Repräsentationsbedürfnisse, mit der Geschichte dieser
118 literarischen Gattung verbunden sind und mit welcher Aufmerksamkeit
119 die zeitgenössische Romankritik deren einzelne Stadien jeweils
120 nachgezeichnet oder vorgezeichnet hat. Die Befestigung
121 dieser Einsicht während der mehrjährigen Vorarbeiten zu der
122 vorliegenden Sammlung ließ die Bearbeiter von dem ursprünglichen
123 Plan Abstand nehmen, eine Zusammenstellung europäischer und
124 amerikanischer Zeugnisse zur Romantheorie in chronologischer Reihe
125 vorzulegen. Um solche Synopsis zu ermöglichen, sind
126 entsprechende Bände zur Romantheorie der angelsächsischen und
127 romanischen Länder geplant. Mindestens seit dem mittleren 18.
128 Jahrhundert und bis zur Mitte des 20.unterscheiden sich jedoch,
129 keineswegs nur durch Ungleichzeitigkeit, die Äußerungen über
130 die Romanliteratur und auch die dominanten Formen des Romans in
131 den verschiedenen Ländern nicht mehr nur als regionale Varianten
132 einer europäischen Entwicklung. Die Profilierung, Kulmination
133 und Krisis nationalstaatlicher Politik und Gesinnung in Europa
134 und die jeweiligen Entfaltungsbedingungen und Reglements des
135 gesellschaftlichen Lebens in den ungleich verfaßten Nationen
136 modellieren mehr als jede andere Literaturgattung das Gesicht
137 derjenigen, die als sogenannte und tatsächliche bürgerliche
138 Epopöe ein Brennspiegel der zeitgenössischen
139 Sozialgeschichte sein sollte. Die heftige Proklamation des
140 Nationalromans in Deutschland und hernach seine besonders intensive,
141 auch in der Satire noch strenge Ausrichtung auf die
142 Bildungsideale des deutschen Bürgertums und selbst das ungeduldige
143 Hervorkehren oder Abstandnehmen von ausländischen Autoren wie
144 Richardson, Rousseau, Scott, Dickens, Zola und Tolstoi
145 gehören durchaus ins Bild der verspäteten und darum besonders
146 spannungsvollen und widerspruchsvollen Entfaltung des
147 deutschen Nationalbewußtseins. Deutlich erscheinen die
148 Vorzeichnen dieser Entwicklung schon im ersten Zeitabschnitt
149 dieses Bandes, und ebenso deutlich ist an den Texten des späteren
150 20.Jahrhunderts, die den zweiten Band beschließen werden,
151 die Abwendung von den nationalen Sonderbedingungen der
152 Romantheorie zu erkennen. So umgreift diese Sammlung eine Aera
153 der Romantheorie in Deutschland, an deren Anfang eine noch
154 weitgehende Bestimmung der Romankunst nach westeuropäischen
155 Vorbildern vorliegt und an deren Ende die Auseinandersetzungen
156 innerhalb der westeuropäischen Experimentalästhetik und die
157 Postionskämpfe innerhalb der sozialistischen Literaturpolitik von
158 der deutschen Romanliteratur in allenfalls nationaler Abschattung
159 reflektiert werden. Im übrigen gibt auch während dieses
160 Zeitraumes die Konfrontation von Autoren verschiedener
161 deutschsprachiger Länder der Romantheorie zeitweilig ein
162 spezifisches Kolorit. Nicht anders verhält es sich mit den
163 Romanen selbst. Bis ins 20.Jahrhundert hinein entspringen den
164 Romanautoren aus den regionalen und politischen Gegensätzen im
165 Verbreitungsgebiet deutschsprachiger Literatur keineswegs nur die
166 Nachteile und die Behinderungen, gegen die Lichtenberg zu Zeiten
167 der krassen Zerklüftung des alten Reiches seine Sottisen richtete.
168 Alldrdings wird aus demselben Grunde auch einem kritischen
169 Beobachter des späteren 19.Jahrhunderts wie Fontane noch
170 schwer, einen Roman auszumachen, der die deutschen Verhältnisse
171 insgesamt zu seinem Gegenstand hat. Die Zäsur bei 1880, die
172 durch die Aufteilung der Sammlung auf zwei Bände besonders
173 hervortritt, ist akzentuiert durch das Erscheinen von Zolas
174 Le roman experimental. Die Aufmerksamkeit, die kaum ein
175 Jahrzehnt nach dem deutsch-französischen Kriege diese
176 literarische Programmschrift eines Franzosen in Deutschland findet,
177 und die erregte Auseinandersetzung mit ihr werden ihrerseits nur
178 verständlich, wenn man die rasche und unverhoffte Verlagerung der
179 vordringlichen Zeitprobleme in Rechnung stellt, die hier seit der
180 Errichtung des Zweiten Reiches vor sich gegangen war. Erst
181 dadurch, daß Berlin jetzt binnen eines Jahrzehnts zur Kapitale
182 heranwächst, werfen sich nunmehr auch für den deutschen
183 Romanschriftsteller die dem Londoner, Pariser, Petersburger
184 Romancier längst geläufigen Sozialprobleme der Großstadt auf.
185 Und zwar nicht nur als Thema, sondern mindestens so fühlbar auch
186 als eigene, noch ungewohnte Lebensbedingung und
187 Arbeitsbedingung. So spricht auch der letzte Beitrag in diesem
188 Band, nicht von ungefähr in einer Auseinandersetzung mit
189 Freytags Ahnen, sich entschieden für einen neuen, die
190 Angelegenheiten der Gegenwart darstellenden Zeitroman aus.
191 Angesichts der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen
192 kennzeichnet es das eigentümliche Verharren der leitenden
193 Kulturideale, daß diese Forderung auch unter den Romanautoren
194 und ihrem Publikum gegen die vielen rückwärts gewandten
195 Naturen vertreten werden muß, die in einer untergegangenen
196 oder nur noch in schwachen Resten bewahrten Welt besser zu Hause
197 sind als in derjenigen, die sie äußerlich umgibt.
198 Indessen ist auch mit dem Ruf nach dem Zeitroman - und das
199 hängt eng zusammen mit der alsbald fortgesetzten Abdrängung
200 fortschrittlich Denkender von der Mitverantwortung am neuen Reich
201 - die Verpflichtung des Romans auf die Aufsuchung der
202 grünen Stellen mitten in der eingetretenen Prosa als
203 Generalmaxime keineswegs abgestzt; sie wird sich vielmehr in neuen
204 und heftigeren Formen geltend machen und sogar die Begegnung der
205 Romanciers mit dem entrechteten vierten Stand als die Entdeckung
206 einer Elends-Oase sich vollziehen lassen. Diese Suche nach
207 Residuen wahrer Menschlichkeit in entrückten Zeiten oder Räumen
208 oder in den Randzonen des gesellschaftlichen Lebens ist ein
209 zählebiges Erbe jener tiefen Resignation über die nicht
210 zustandegekommene Bürgernation, die nach 1848 den Theoretikern
211 des Romans eingab, ihn als Hegestätte mißratener Erwartungen
212 einzuschätzen und ihm als Thema die Entfaltung des Gemüths
213 im Privatleben, in dem Gebiet unserer deutschen
214 Vergangenheit oder in einem höheren Culturleben
215 aufzutragen. Blickt man darauf zurück, was die neue Art zu
216 schreiben, die Opitz mithilfe seiner Barclay-Übersetzung
217 für deutsche Leser nutzbar machen will, an weltlicher
218 Weißheit übermitteln sollte, und ermißt man aus den
219 folgenden Dokumenten, wie die Romanlektüre für den Umgang bei
220 Hofe und in dem " gemeinen Leben " geschickt machen und lehren
221 sollte, wie man das gemüte von den gemeinen meinungen des adel
222 -pöbels läutern und hingegen mit Tugend und der wahren
223 Weißheit adeln müsse, so wird anhand der Texte des ersten
224 Bandes ein Bogen sichtbar, der schon nahezu den Aufstieg und die
225 Krisis des Romans als eines bedeutenden literarischen
226 Bildungsorgangs umschreibt, längst ehe von seiner Krisis als
227 Kunstform die Rede ist. Es fällt auf, wie unverblümt und wie
228 nachdrücklich gerade in den frühen Belegen dieser Sammlung im
229 Zusammenhang mit dem Kunstcharakter des Romans sein Nutzen oder
230 Schaden für die Bildung des Lesers und sein möglicher Beitrag
231 zu dessen Ertüchtigung in ganz praktischen Dingen wie in der
232 Geschmeidigung der Rede, im Abfassen von Briefen, im Umgang
233 mit Künsten und Wissenschaften und in weltmännischem Verhalten
234 diskutiert wird. Tatsächlich führt erst der Rangaustausch
235 zwischen Historie und Roman dahin, dem Romanschriftsteller mehr
236 als dem Historiographen die Präsentation des wahren Lebens
237 zuzutrauen, und die anhaltende Sorge um die Wahrscheinlichkeit
238 seiner Geschichte wie auch die Anstrengung, ihn vom Odium
239 eines bloßen Übermittlers von Liebeshändeln zu befreien,
240 müssen immer auch als die ernsthaften Versuche anerkannt werden,
241 solche leicht faßliche Lust-Gedicht als Helfer zu
242 gewinnen bei der Ausbreitung und Erstarkung eines bürgerlichen
243 Selbstbewußtseins - nicht zuletzt bei den unter dem geltenden
244 Schulsystem besonders Benachteiligten: den Weibspersonen,
245 die von Jugend auff zu den Künsten vnnd Wissenschaften
246 nicht angehalten, auch wegen Blödigkeit deroselben fast vnfähig
247 geachtet werden. Die im Laufe des 18.Jahrhunderts sich
248 häufenden Klagen über die romangebildeten Frauenzimmer spiegeln
249 ihrerseits den praktischen Wert der ausgiebigen und leichtfaßlichen
250 Belehrung, die zwischen den Buchdeckeln eines Romans
251 unterzubringen war. Auch die zunehmende Bevorzugung der
252 dramatischen Schreibart von der Mitte des 18.bis ans Ende des
253 19.Jahrhunderts muß unter anderem als eine Verfeinerung der
254 didaktischen Kunstgriffe verstanden werden, die sich anbot,
255 nachdem die direkte Moralisation verpönt und der Vorzug des
256 reproduktiven Lernens durch Aktivierung der Einbildungskraft
257 einmal erkannt war.
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