Quelle Nummer 314
Rubrik 13 : GESCHICHTE Unterrubrik 13.04 : ALLGEMEINE
HARRY PROSS
SOEHNE DER KASSANDRA
VERSUCH UEBER DEUTSCHE INTELLEKTUELLE
VERLAG W. KOHLHAMMER
STUTTGART BERLIN KOELN MAINZ 1971, S. 99-
001 Wehe den Kleinen!: Carl von Ossietzky. Im
002 Mai 1936, vierzehn Tage nachdem in München Oswald Spengler
003 gestorben war, berichtete der stellvertretende Chef der
004 Preußischen Geheimen Staatspolizei an den Herrn Preußischen
005 Ministerpräsidenten - Chef der Geheimen Staatspolizei,
006 Berlin W 8, unter anderem: " Betr. Schutzhäftling Karl
007 von Ossietzky, geboren am 3.Oktober 1889 zu Hamburg: Auf
008 Grund von Mitteilungen, die durch das Rote Kreuz, durch
009 ausländische Pressenotizen und durch den Berliner Vertreter der
010 Gesellschaft der Freunde, Catchpool, amtlich zur Kenntnis
011 gelangt sind, wurde die diesjährige Untersuchung des von
012 Ossietzky veranlaßt. Die Meldungen, die von einer
013 Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Schutzhäftlings
014 sprechen, werden durch das in Abschrift beiliegende Zeugnis des
015 Kreisarztes Dr. Jungsbluth vom 24.April 1936 durchaus
016 bestätigt. Von Ossietzky liegt bereits mehrere Wochen im Revier.
017 Nach Ansicht des Arztes muß eines Tages mit seinem
018 plötzlichen Ableben gerechnet werden. Es darf hierbei auf die
019 Meldung des Inspekteurs der Konzentrationslager vom 3.April
020 1936 (...) die in Abschrift beigefügt ist, Bezug genommen werden.
021 Nach den bisherigen Erfahrungen würde beim Ableben des von
022 Ossietzky eine wüste Hetze gegen Deutschland einsetzen, die
023 durch geeignete Maßnahmen vermieden werden könnte. Aus diesem
024 Grund wird vorgeschlagen, daß von Ossietzky entweder aus dem
025 Konzentrationslager Esterwegen in das Lazarett nach Dachau
026 überführt wird oder im Konzentrationslager Esterwegen verbleibt
027 und dort ein Einzelkrankenzimmer zugewiesen erhält. Eine
028 Entlassung des von Ossietzky aus der Schutzhaft kann ich zur Zeit
029 keinesfalls befürworten ((...)). Im selben Jahr erhielt Carl von
030 Ossietzky den Friedens-Nobel-Preis. - 1938 starb er in
031 einem Berliner Krankenhaus. Thomas Mann schrieb, nichts in ihm
032 widersetze sich der Vorstellung, " die nun verewigte Figur dieses
033 tapferen und rein gesinnten Schriftstellers " könnte mit der Zeit "
034 ins legendäre Maß eines Menschheitskämpfers und Märtyrers
035 wachsen ". Ossietzkys 80.Geburtstag, den er am 3.
036 Oktober 1969 hätte feiern können, ging unbemerkt vorüber. Wer
037 war Carl von Ossietzky? Der schon zitierte Gestapobericht vom
038 22.Mai 1936 enthält folgende Anmerkungen darüber, warum
039 Ossietzky verhaftet worden ist. " Von Ossietzky ist am 28.
040 Februar 1933 in Berlin in Schutzhaft genommen worden. Die
041 Gründe für die Schutzhaftverhängung waren folgende: Von
042 Ossietzky gehörte seit 1912 der Deutschen Friedensgesellschaft an.
043 Er hat sich seit Beendigung des Weltkrieges jahrelang als
044 Schriftsteller in den verschiedensten Zeitungen und Zeitschriften
045 als übler Hetzer in zersetzender Weise betätigt. Unter anderem
046 hat er für die marxistischen Zeitungen " Berliner Volkszeitung "
047 und " Montag Morgen " sowie für die Zeitschrift " Das
048 Tagebuch " Leitartikel geschrieben. Ferner war er maßgebend an
049 der Organisierung der " Niewieder-Krieg! "-Bewegung
050 beteiligt, die alljährlich die berüchtigten " Nie-wieder-
051 Krieg "-Demonstrationen Anfang August jeden Jahres
052 veranstaltete. Seit Ende 1926 leitete er als verantwortlicher
053 Redakteur die pazifistische Zeitschrift " Weltbühne ". Die
054 Mitarbeiter an dieser Zeitschrift stammten ausschließlich aus
055 Kreisen, die sich an volksfeindlicher Einstellung und grenzenlosem
056 Haß gegenseitig zu überbieten versuchten, wenn es darum ging,
057 lebenswichtige Belange des Reiches zu verraten und die Ehre des
058 deutschen Volkes in den Schmutz zu ziehen. Namen von
059 Leitartiklern der " Weltbühne " wie Tucholsky, von Gerlach,
060 Förster, Hiller, Sternberg kennzeichnen den Mitarbeiterkreis
061 von Ossietzkys zur Genüge. Wenn von Ossietzky schon in der
062 Zeit der Weimarer Republik mit dem Gesetz in Konflikt kam, so
063 reicht das hin, um zu erkennen, wie groß und wie übel die Hetze
064 gewesen sein muß, die dieser Mann getrieben hat. Neben
065 Verurteilungen wegen Vergehens gegen das Pressegesetz und wegen
066 Beleidigung schwebten gegen ihn mehrere Verfahren beim
067 Reichsgericht wegen Landesverrat, von denen ein Verfahren mit
068 einer Verurteilung wegen Verrats militärischer Geheimnisse zu 1
069 Jahr 6 Monaten Gefängnis endete. Auf Grund der Amnestie vom
070 23.November 1932 wurde er aus dem Strafgefängnis entlassen.
071 Seit Beginn der Schutzhaft ist von ausländischer Seite
072 wiederholt versucht worden, auf alle erdenkliche Weise die
073 Entlassung des von Ossietzky zu betreiben. Vor allem
074 interessierten sich für von Ossietzky pazifistische Kreise des
075 Auslandes und insbesondere die " Gesellschaft der Freunde
076 (Quäker) ". Der Schutzhaftfall von Ossietzky hat vor allem
077 anderen von Anbeginn an ein außerordentliches Interesse im
078 Ausland gefunden, das entgegen der in ähnlichen Fällen gemachten
079 Erfahrung im Laufe der Zeit keine Abschwächung, sondern eher
080 eine Verstärkung erfahren hat. So ist von Ossietzky insbesondere
081 von französischen, tschechoslowakischen und spanischen
082 Friedensvereinigungen für den Nobel-Friedenspreis mehrfach
083 vorgeschlagen worden (...) " Das Vokabular des Gestapoberichts
084 wiederholt im Behördenjargon die Schlagworte, die schon seine
085 politischen Gegner gebrauchten, um Ossietzky zu schlagen: er hat
086 sich jahrelang als " übler Hetzer in zersetzender Weise betätigt
087 ". Er hat eine " volksfeindliche Einstellung " und die "
088 Belange des Reiches " verraten. " Die Ehre des deutschen
089 Volkes in den Schmutz zu ziehen ", hat er sich nie genug tun
090 können. Alle diese Vorwürfe sind keine Begründungen, jemanden
091 zu verhaften. Also müssen Verfahren in der Weimarer Republik,
092 die sich die rechten als Heldentaten anrechneten, herhalten, um
093 den Abgrund des Ossietzkyschen Pazifismus der rächenden Hand
094 zugänglich zu machen. Die Beweisführung der Gestapo gleicht der
095 Verwechslung der Begriffe, die Robert Musil 1921 an Oswald
096 Spenglers Beweisführung karikiert hat: " Es gibt zitronengelbe
097 Falter, es gibt zitronengelbe Chinesen; in gewissem Sinn kann
098 man also sagen: Falter ist der mitteleuropäische geflügelte
099 Zwergchinese. Falter wie Chinesen sind bekannt als Sinnbilder
100 der Wollust (...) " Mit anderen Worten: Irgendeine zuletzt
101 eindeutige Verbindung des Gedankens mit dem Wort fehlt. Die
102 Willkürlichkeit des Denkens und des Handelns schaffen eine
103 Harmonie, die mit der Durchsetzung von Gewalt alles, mit dem
104 Sinn nichts mehr zu tun hat. Carl von Ossietzky hat sich aus
105 kleinbürgerlichen Verhältnissen über die Monisten-Bewegung
106 langsam entwickelt. Er begann als Hilfsschreiber und Bürogehilfe
107 an einem Hamburger Amtsgericht. Seine Schulbildung endete vor
108 der Secundareife, weil er im Mathematik nicht genügte. Sein
109 Biograph, Kurt Grossmann, schreibt den kurzen Begegnungen, die
110 Ossietzky als Urlaubsreisender mit dem englischen Geistesleben
111 hatte, entscheidenden Einfluß zu: Er lernte die polemischen
112 Junius-Briefe aus dem 18.Jahrhundert kennen, und
113 Shelleys Schrift von der Notwendigkeit des Atheismus
114 löste ihn aus seinen religiösen Bindungen. Ossietzky war
115 katholisch getauft und nach der Wiederheirat der Mutter lutherisch
116 konfirmiert worden. Seine erste Artikel erschienen 1911 und 1912
117 im Wochenblatt der " demokratischen Vereinigung ", die sich vom
118 Freisinn gelöst hatte, Das freie Volk. Der 22jährige
119 Ossietzky ereiferte sich für Herbert Eulenbergs Komödie
120 Alles um Liebe für den Autor. 1913 schrieb er für eine neue,
121 unkirchliche Religiosität, die auf keine Formel zu bringen sei,
122 aber sozialethische Ideale und einen starken Diesseitsglauben
123 habe. Dieser Rückhalt, der sich nicht definieren läßt, klingt
124 schon in den nächsten Aufsätzen über die gespannten
125 außenpolitischen Verhältnisse an: Wehe den Kleinen,
126 schreibt er zum Balkankrieg. Und der Krieg, der " heilige Mars
127 ", wird von nun an sein Gegenstand bleiben, eine Drohung für
128 die Kleinen in allen Ländern, ein unerfüllter Traum der
129 Menschheit. Der Ossietzky, der 1913 sein Thema gefunden hat,
130 wird in den nachfolgenden Jahren in ihm bestätigt. Hellmut von
131 Gerlach, der spätere Träger des Nobel-Friedenspreises,
132 und Norman Angell, der das Wettrüsten der europäischen
133 Großmächte als Die falsche Rechnung auswies,
134 bestärkten ihn, die militaristischen Eskapaden im eigenen Land
135 regten ihn auf. Ossietzky äußert sich zur Zaberner Affaire und
136 gratuliert den Elsässern, daß sie " den Geßler-Hut von
137 der Stange " geholt haben. Als in Erfurt Reservisten mit
138 Zuchthausstrafen bedacht werden, weil sie trunken gegen Gendarmen
139 tätlich geworden waren, empört er sich: Es komme der
140 Militärjustiz nicht auf den Paragraphenplunder an, sondern darauf,
141 den Untertanen an " das Prinzip der Autorität, der
142 unbedingten Disziplin, zu erinnern ". Ossietzky wurde zum ersten
143 Mal wegen eines Pressedelikts verurteilt. Er gab seine Stelle
144 als Gerichtsschreiber auf und heiratete die Engländerin Maud
145 Wools. In den zwanzig Jahren, die Ossietzky bis zu seiner
146 Verhaftung durch die Gestapo für seine schriftstellerische Arbeit
147 blieben, insistierte er auf dem Recht der kleinen Leute, vor
148 übermächtiger Staatsgewalt geschützt zu werden. Es ist das
149 Thema Krieg und Frieden in seinen unzähligen Variationen, das
150 er vortrug. Die deutsche Verknüpfung des Stoffes mit den
151 Akteuren sieht so aus: Beherrschend - die Szene und das
152 Publikum auf den Rängen: die Vertreter der Staatsmacht. Ihre
153 Legitimation heißt " Ruhe und Ordnung ". Sie muß gegen
154 äußere Feinde verteidigt, gegen Verbrecher im Innern geschützt
155 und aufrechterhalten werden. Die Verwirklichung von Ruhe und
156 Ordnung obliegt dem Rechtsstaat. Er hat keine darüber
157 hinausweisende Botschaft, obschon Ruhe und Ordnung Elemente des
158 Friedens sind. Er ist nicht der Friedensstaat, obschon er es
159 sein könnte. Könnte er es sein? Diese Frage stellen die
160 pazifistischen Intellektuellen. Sie beherrschen weder die Szene,
161 noch das Publikum. Ihre Fragerei hin und her kommt zu keinem
162 Ende. Jede Antwort wirft neue Fragen aus sich heraus. Das
163 nennen die Nichtfragenden, denen die Herrschaft gleichviel gilt, "
164 zersetzend ". Für sie hat das Politische keine Substanz;
165 es ist, wie Ossietzkys Altersgenosse, der nationalsozialistische
166 Staatstheoretiker Carl Schmitt, ausführt, nur der "
167 Intensitätsgrad einer Einheit ". Staat ist Machtballung,
168 weiter nichts. Die beiden Auffassungen von Ruhe und Ordnung
169 laufen auseinander: Der Rechtsstaat, der nicht Friedensstaat
170 sein will in einem praktischen Sinn, wird zum Selbstzweck der
171 Macht. Wohl ist wahr, daß sich Macht nur erhalten kann, indem
172 sie Recht setzt; aber ist auch wahr, daß dieses Recht nur für
173 sich selber da ist, solange der Macht kein Ziel gesetzte ist.
174 Die Arbeiten des Publizisten von Ossietzky zeugen von hoher
175 Integrität in dieser Sache. Er läßt nicht nach, da
176 fortzufahren, wo er 1913 begonnen hatte: Er macht den allgemeinen
177 Widerspruch zwischen Frieden und Glückseligkeit der Menschen auf
178 der einen Seite und der zum Selbstzweck erstarrten Staatsmacht auf
179 der anderen Seite in immer neuen Fällen anschaulich. Der Fleiß,
180 mit dem er seiner Fragestellung nachging, hätte ihn auch mit der
181 Justiz in Konflikt gebracht, wenn die Richter der Weimarer
182 Republik nicht die des Kaiserreiches gewesen wären und zu einem
183 großen Teil reaktionär, denn alles, was er schrieb, fragte
184 fragte letzthin nach der Richtigkeit der Gesetze und ihrer
185 Anwendung. Der Justiz aber ist aufgetragen, das Recht zu
186 sichern und Gerechtigkeit zu verwirklichen, nicht aber in erster
187 Linie nach der Richtigkeit des Gesetzes zu fragen. Ossietzky
188 fragte unablässig. Seine pazifistische Grundüberzeugung nahm an
189 den mannigfachen militaristischen Umtrieben halbstaatlicher oder
190 ganz privater Armeen in den ersten Jahren der Weimarer Republik
191 Anstoß. Die Existenz der Freikorps, der Feme-
192 Organisationen, der " schwarzen ", das heißt der verheimlichten
193 Reichswehrtruppen, war mit dem Recht der Republik unvereinbar.
194 Sie wurden geduldet, gefördert, gestützt von eben den Richtern,
195 die sie zu verurteilen gehabt hätten. So mußte Ossietzkys
196 Kampf gegen das kriegerische Unrecht zum Kampf gegen die Richter
197 werden. In Leopold Schwarzschilds Zeitschrift, Das
198 Tagebuch, forderte er, die Unabhängigkeit der Richter
199 vorübergehend aufzuheben. 1926 wog er zum Verfassungstag der
200 Republik deren Militär und Justiz gegeneinander ab: " Die
201 Reichswehr, das weiß jeder denkende Republikaner (nicht jeder
202 spricht es aus, allerdings), zählt nicht zu den republikanischen
203 Institutionen. Sie kostet eine Stange Geld, aber tangiert uns
204 nicht weiter. Vegetiert dahin wie ein Art Naturschutzpark,
205 profanen Besuchern verboten. Der Fall Justiz ist ernster. Die
206 Justiz ist dem Alltag tausendfältig verhaftet: Schicksal,
207 Hoffnung, Rettung und Verderb für Unzählige. Eine Justiz
208 mit den Allüren der Reichswehr, das trägt die Anarchie mitten
209 in die Gesellschaft, viel gründlicher als es gelernte Umstürzler
210 jemals könnten, das unterhöhlt den Staat. " Es ist der
211 Ossietzky der Weltbühne, der da spricht, der Redakteur
212 einer Zeitschrift, von der einer seiner Richter sagte, sie werde
213 von Linkskreisen, nicht von ernsten Kreisen der Republik gelesen.
214 Ihrem Begründer, Sigfried Jacobsohn, hatte Maximilian
215 Harden, der das Blatt finanziell unterstützte, bescheinigt, er
216 sei nur von der " rage du m ‚tier ", dem Eifer des Berufs,
217 besessen. Ossietzky übernahm Jacobsohns Nachfolge im Oktober
218 1927, nachdem er das Blatt schon für den in Paris lebenden Kurt
219 Tucholsky redigiert hatte. Die Prozesse, die er 1927 und 1931
220 führen mußte, endeten mit seiner Verurteilung. Bestraft wurde
221 er in beiden Fällen für seine Gesinnung. Ossietzky hatte im
222 März 1927 einen Aufsatz von Berthold Jacob veröffentlicht, in
223 dem dieser für den Fememörder Oberleutnant Schulz plädierte,
224 um die Verantwortlichkeit der Reichswehrspitze für die vier Jahre
225 zurückliegenden Untaten klarzulegen: " Genau so, wie wir
226 Ausnahmegerichte gegen Linksoppositionelle ablehnen, erheben wir
227 Einspruch gegen die Ausnahmejustiz gegenüber den Femeleuten.
228 Schulz hat Anspruch auf den ordentlichen Richter. Aber: Der
229 soll nicht außer acht lassen, daß der Oberleutnant nur erteilte
230 Befehle ausgeführt hat und daß man neben ihn auf die Anklagebank
231 mindestens den Hauptmann Keiner und den Oberst von Bock,
232 wahrscheinlich auch den Oberst von Schleicher und den General von
233 Seeckt setzen müßte. Die Verhandlung der abgelaufenen Woche
234 hat zur Genüge bewiesen, daß diese Forderung zu Recht erhoben
235 wird (...) Wir plaidieren für Schulz, weil er nicht der
236 letztverantwortliche ist (...). Ihm soll sein Recht werden, auf die
237 Gefahr hin, daß hohe Offiziere der Reichswehr sein Geschick
238 teilen. " Zwei Jahre später, im März 1929, druckte
239 Ossietzky einen Aufsatz von Walter Kreiser: Windiges aus
240 der deutschen Luftfahrt. Kreiser analysierte den Reichsetat
241 1929/1930 und monierte verschiedene Ausgaben des
242 Verkehrsministeriums. Ein halbes Dutzend subventionierte
243 Flugzeugfabriken schien ihm für den Bedarf an Verkehrs
244 flugzeugen und Sportflugzeugen zu viel. Die "
245 Küstenflugabteilung der Lufthansa " und eine "
246 Erprobungsabteilung Albatros " besäßen je etwa 30 bis 40
247 Flugzeuge, die aber nicht immer in Deutschland seien. Der
248 Aufsatz basierte auf Reichstagsdrucksachen und hatte zunächst
249 keine sichtbaren Folgen. Reichstag und Rechnungshof
250 beschäftigten sich sowieso mit der Subventionspolitik. Die
251 Rechtsabteilung des Reichswehrministeriums fertigte ein Gutachten
252 an, das zur Eröffnung eines Verfahrens wegen Landesverrats und
253 Verrats militärischer Geheimnisse durch das Reichsgericht führte.
254 Erst im November 1931 kam es zur Verhandlung. Die Angeklagten
255 wurden verurteilt. Die Justiz folgte damit dem politischen
256 Interesse des Militärs: Kritik an Militärausgaben war damit
257 Landesverrat geworden.
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