Quelle Nummer 281
Rubrik 02 : RELIGION Unterrubrik 02.23 : SYSTEMATISCHE
AUGUSTINS SAKRAMENTLEHRE
WALTER SIMONIS
ECCLESIA VISIBILIS ET INVISIBILIS
UNTERSUCHUNGEN ZUR EKKLESIOLOGIE UND SAKRAMENTEN-
LEHRE IN DER AFRIKANISCHEN TRADITION VON CYPRIAN BIS
AUGUSTINUS
JOSEF KNECHT FRANKFURT AM MAIN 1970
FRANKFURTER THEOLOGISCHE STUDIEN BAND 5, S. 103-
001 Angst und innere Spannungszustände. Nicht nur
002 depressive Verstimmungen, auch verschiedene somatische
003 Erkrankungen gehen mit ängstlichen Verstimmungen, sowie mit
004 inneren Spannungszuständen einher. Die Angst kann dabei, worauf
005 in Kapital 4 bereits hingewiesen wurde, verschiedene Ursachen
006 haben. Sie kann direkt umweltsbedingt sein, Bedrohungscharakter
007 haben, wir sprechen dann von Realangst. Sie kann aber auch direkt
008 vom Körper ausgehen, etwa bei dem Erleben eines Herzinfarktes,
009 in welchem Fall wir von Vitalangst sprechen. Die Angst kann aber
010 auch Folge einer seelischen Fehlentwicklung sein. Geht diese
011 bewußt vor sich, so sprechen wir von Gewissensangst, geht diese
012 unbewußt vor sich, so sprechen wir von neurotischer Angst.
013 Schließlich kommen Angstzustände auch noch bei endogenen
014 Psychosen vor. Bei diesen verschiedenen Angstformen sind
015 Psychopharmaka vor allem bei der Vitalangst und bei der
016 psychotischen Angst indiziert. Daneben auch bei neurotischer
017 Angst, hier wird aber eine Psychotherapie nicht zu umgehen sein
018 und kommt der medikamentösen Therapie lediglich eine Hilfsfunktion
019 zu. Durch die Beseitigung der Vitalangst lassen sich auch
020 verschiedene körperliche Erkrankungen günstig beeinflussen, vor
021 allem solche, die mit anfallsartigen Schmerzzuständen einhergehen,
022 weil ja vielfach durch die Angst vor dem neuen Anfall dieser
023 ausgelöst wird. Dieser Kreisprozeß kann medikamentös
024 unterbrochen werden. Auch die Angst bei endogenen Psychosen kann
025 durch anxiolytische Medikamente sehr günstig beeinflußt werden,
026 nur ist es in diesen Fällen vielfach nötig, eine
027 Kombinationstherapie durchzuführen, indem man bei Depressionen
028 mit Antidepressiva, bei Schizophrenien mit Neuroleptika
029 kombiniert. Aus Abbildung 14 ist ersichtlich, daß Angstsyndrome
030 medikamentös (Abb.) nicht nur günstig beeinflußt werden können,
031 sondern daß es durch gewisse Medikamente auch möglich ist, Angst
032 zu aktivieren und zu provozieren. Diese Medikamente sind bei
033 ängstlichen Patienten kontraindiziert. Indiziert sind
034 Neuroleptika, Antidepressiva und Tranquilizer, bzw.
035 Medikamente, welche Teile dieser Wirkungskomponenten enthalten,
036 wie z. B. Doxepin oder Amitriptylin, oder auch
037 Kombinationspräparate. Suizidtendenzen. Verschiedene,
038 vor allem depressiv gefärbte Erkrankungen, besonders dann, wenn
039 sie mit Angst kombiniert sind, gehen auch mit erhöhten
040 Suizidtendenzen einher. Aus diesem Grunde ist es wichtig, bei
041 der Medikation von Psychopharmaka auch immer an die Beeinflussung
042 solcher Suizidtendenzen zu denken. Wie Tabelle 7 zeigt, können
043 (Abb.) wir suizidale Tendenzen sowohl durch Neuroleptika als auch
044 durch Antidepressiva mit einer stark sedierenden Wirkungskomponente
045 beeinflussen. Durch Antidepressiva mit primärer und vorwiegend
046 stimmungsaufhellender Wirkungskomponente dagegen läßt sich nur der
047 depressive Grundprozeß beeinflussen, bei erhöhtem Suizidrisiko
048 ist eine Kombination mit dämpfenden Medikamenten nötig.
049 Schließlich ist immer daran zu denken, daß es Medikamente, wie
050 beispielsweise die zentralen Stimulantien gibt, welche
051 Suizidtendenzen aktivieren können. Eine therapeutische
052 Beeinflussung der Suizidalität setzt deren Erkennung und
053 Beurteilung voraus. Es wurden daher zur Abschätzung des
054 Suizidrisikos verschiedene Methoden entwickelt. Wir möchten vor
055 allem das in Tabelle 8 wiedergegebene Praesuizidale Syndrom nach
056 Ringel erwähnen, welches die Charakteristika der Dynamik
057 der suzizidalen Entwicklung beschreibt. Zunehmende
058 Einengung Situative Einengung Dynamische Einengung
059 (einseitige Ausrichtung der Apperzeption, der Assoziationen, der
060 Verhaltensmuster, der Affekte und Abwehrmechanismen)
061 Einengung der zwischenmenschlichen Beziehungen Einengung der
062 Wertwelt Aggressionsanstauung und Wendung der Aggression
063 gegen die eigene Person Selbstmordphantasien (anfangs aktiv
064 intendiert, später sich passiv aufdrängend). Tab. 8: Das
065 praesuizidale Syndrom (Ringel) In Tabelle 9 wurde ein
066 Schema zur Abschätzung der Suizidalität wiedergegeben, welches
067 Kielholz in Zusammenarbeit mit anderen Autoren
068 zusammengestellt hat. Es enthält alle jene Punkte, welche bei
069 der Beurteilung der Suizidalität zu berücksichtigen sind.
070 Schließlich wurde in Abbildung 15 eine Risikoliste zur
071 Abschätzung der Suizidalität reproduziert, welche mittels
072 Korrelationsstatistik in Kombination mit einer Assoziationsmatrix,
073 basierend auf den Untersuchungen von 440 depressiven und
074 suizidalen Patienten, entwickelt wurde. Bei dieser Liste finden
075 sich in der linken Kolonne 35 Merkmale angeführt, welche bei
076 suizidalen Patienten häufig zu beobachten sind.
077 Eigentliche Suizidthematik und Suizidhinweise Eigene frühere
078 Suizidversuche und Suizidhinweise Vorkommen von Suiziden in
079 Familie oder Umgebung (Suggestivwirkung) Direkte oder
080 indirekte Suiziddrohungen Äußerung konkreter Vorstellungen
081 über die Durchführung oder Vorbereitungshandlungen
082 " Unheimliche Ruhe " nach vorheriger Suizidthematik und Unruhe
083 Selbstvernichtungsträume, Sturzträume und
084 Katastrophenträume Spezielle Symptome und Syndrombilder
085 Ängstlich-agitiertes Gepräge Langdauernde
086 Schlafstörungen Affektstauungen und
087 Aggressionsstauungen Beginn oder Abklingen depressiver Phasen,
088 Mischzustände Biologische Krisenzeiten (Pubertät,
089 Gravidität, Puerperium, Klimakterium) Schwere Schuld
090 gefühle und Insuffizienzgefühle Unheilbare
091 Krankheiten oder Krankheitswahn Alkoholismus und Toxikomanie
092 Umweltverhältnisse Familiäre Zerrüttung in der
093 Kindheit (" broken home ") Fehlen oder Verlust
094 mitmenschlicher Kontakte (Vereinsamung, Entwurzelung,
095 Liebesenttäuschung) Berufliche und finanzielle
096 Schwierigkeiten Fehlen eines Aufgabenbereichs und Lebensziels
097 Fehlen oder Verlust tragfähiger religiöser Bindungen.
098 Tab. 9: Abschätzung der Suizidalität (Aufzählung von
099 besonders gefärdenden Faktoren) Die oben horizontal
100 angegebenen Nummern bedeuten die gleichen Merkmale und die Zahl im
101 Schnittpunkt bedeutet, ob die Merkmale bei suizidalen Patienten
102 gehäuft gemeinsam auftreten oder nicht. 0 bedeutet ein seltenes
103 gemeinsames Vorkommen; 1 bedeutet, daß diese Merkmale bei
104 Suizidalen gemeinsam vorkommen, und 2 bedeutet, daß sie gehäuft
105 gemeinsam vorkommen. Zur Verwendung dieser Tabelle als
106 Risikoliste ist es lediglich nötig, die im Schnittpunkt
107 befindlichen Zahlen zusammenzuzählen. Eine Risikoziffer bis 50
108 bedeutet praktisch kein Suizidrisiko; eine Risikoziffer von 50
109 -100 spricht für ein gewisses Suizidrisiko und eine
110 Risikoziffer über 100 weist darauf hin, daß das Suizidrisiko als
111 groß anzusehen ist. Es ist wohl selbstverständlich, daß diese
112 Risikoliste nur im Rahmen einer Gesamtbeurteilung und nicht für
113 sich allein Verwendung finden kann. (Abb.) Schlafstörungen
114 Auch bei Schlafstörungen verschiedener Genese haben sich
115 Antidepressiva mit dämpfender Komponente, Neuroleptika, aber
116 auch Tranquilizer bewährt. Der Vorteil der Neuroleptika und
117 Tranquilizer (Abb.) zur Herbeiführung des Schlafes ist der, daß
118 durch diese Medikamente keine Totalnarkose herbeigeführt wird,
119 wie dies bei Barbituraten der Fall ist. Neuroleptika wirken
120 vielmehr in dem Sinne, daß die Formatio reticularis von Impulsen
121 abgeschirmt werden, welche durch die sensorischen Afferenzen
122 hereingekommen und in der Umwandlung von spezifischen zu
123 unspezifischen Reizen von der Formatio reticularis aus zu einer
124 Aktivierung und damit zu einer erhöhten Bereitschaft,
125 Sinnesimpulse zu verarbeiten, in der Großhirnrinde führen. Es
126 kommt also durch die Neuroleptika gewissermaßen zu einer echten
127 chemischen Abschirmung von Reizen der Außenwelt. Dies wurde in
128 Abbildung 16 schematisch dargestellt, aus welcher auch ersichtlich
129 ist, daß die Tranquilizer, wie beispielsweise Meprobamat oder
130 die Benzodiazepine, einen schlafanstoßenden Effekt haben, aber
131 nicht wie die Neuroleptika über die Formatio reticularis, sondern
132 über den Thalamus und das limbische System. Die
133 Neurophysiologische Bedeutung der Schlafinduktion durch
134 Neuroleptika und Tranquilizer liegt vielleicht vor allem darin,
135 daß wir heute wissen, daß der Schlaf kein einseitiger
136 Hemmungsprozeß ist, sondern ein Wechselspiel zwischen
137 aktivierenden und hemmenden Systemen darstellt. Aus diesem
138 Wechselspiel resultiert auch die Abfolge von orthodoxen und
139 paradoxen Schlafphasen, welch letztere vor allem für das
140 Traumgeschehen von Bedeutung sind. Von dem Traumgeschehen nehmen
141 wir ja an, daß ihm ein regulierender Einfluß auf die Psyche
142 zukommt, indem nicht verarbeitete Tagesrest im Traumgeschehen
143 verarbeitet und damit ausgeglichen werden können. Es ist daher
144 zweckmäßig, solange es möglich ist, die Schlafinduktion nicht
145 durch Hypnotika herbeizuführen, welche den Schlaf dann auch aus
146 neurophysiologischer Sicht in so intensivem Maße herbeiführen,
147 daß man von einer Narkose sprechen kann, in der dann auch kaum
148 mehr paradoxe Schlafphasen vorkommen. Chronische
149 Schmerzzustände. Vor allem bei den chronischen
150 Schmerzzuständen von Karzinompatienten mit Metastasen hat sich
151 gezeigt, daß durch Neuroleptika nicht nur eine Reduktion der
152 sonst verordneten Morphinderivate erreicht werden kann, sondern
153 daß es vielfach möglich ist, durch die Neuroleptika allein eine
154 weitgehende Schmerzlinderung herbeizuführen. Eine derartige
155 " analgetikaersparende Wirkung " kann aber nicht nur durch
156 Neuroleptika, sondern auch durch Antidepressiva erreicht werden,
157 ja vielfach hat sich sogar eine Kombination von Neuroleptipa mit
158 Antidepressiva bewährt. Man kann sich die Wirkung von
159 Neuroleptika bei chronischen Schmerzzuständen vielleicht ähnlich
160 vorstellen wie der Wirkungsmechanismus der präfrontalen Leukotomie.
161 Es wird gewissermaßen nicht das periphere Schmerzempfinden,
162 sondern zentral die psychische Verarbeitung, das Erleiden des
163 Schmerzes, beeinflußt. In diesem Zusammenhang ist auch die
164 moderne Technik der Neurolept-Analgesie innerhalb der
165 Anaesthesiologie zu erwähnen, bei der hochwirksame Analgetika mit
166 hochpotenten Neuroleptika kombiniert werden, wodurch es dann
167 möglich ist, schmerzhafte Operationen bei Patienten
168 durchzuführen, welche dabei bei Bewußtsein sind. Dies ist vor
169 allem bei solchen Eingriffen von Bedeutung, bei welchen die
170 Mitarbeit des Patienten bei Funktionsprüfung, z. B. im
171 Rahmen der Neurochirurgie, wichtig ist. Vegetative
172 Störungen. Vegetative Störungen kommen sowohl als
173 Begleiterscheinungen von psychogenen und endogenen seelischen
174 Erkrankungen vor, aber auch als Vorstufen solcher Erkrankungen,
175 bzw. als allgemeine Irritationsphänomene. Sie wirken sich
176 vorwiegend im Bereich des peripheren vegetativen Nervensystems aus
177 und werden daher vielfach mit in der Peripherie angreifenden
178 Pharmaka behandelt. Nach unseren Erfahrungen sind aber auch bei
179 diesen Störungen Psychopharmaka überlegen, weil es sich ja nicht
180 um ausschließliche Auslenkungen in adrenerger oder cholinerger
181 Richtung handelt, sondern um Regulationszustände bzw.
182 Labilitätszustände. Denn, wie Abbildung 17 zeigt, wirken
183 die Psychopharmaka nicht nur peripher, sondern auch zentral. So
184 kommt es nicht nur zu einer peripheren Beeinflussung, die durch
185 zentrale Gegenregulationsphänomene wieder aufgehoben werden kann,
186 sondern zu einem direkten zentralen Eingriff, der auch die zentral
187 -periphere Gegenregulation beeinflußt. Zudem erfolgt in beiden
188 Fällen das, was man aufgrund (Abb.) der klinischen Erfahrungen als
189 " Gesamtumstimmung " bezeichnet. Darin mag auch der Grund
190 liegen, daß der Einsatz von Psychopharmaka bei vegetativen
191 Störungen meist einen länger anhaltenden Effekt zeigt als rein
192 peripher eingreifende Medikamente. Psychosomatische
193 Erkrankungen im engeren Sinne. Auch bei psychosomatischen
194 Erkrankungen im engeren Sinne sind Psychopharmaka angezeigt.
195 Dabei ist jedoch zu beachten, daß die Psychopharmaka selbst keine
196 irgendwie kausale Wirkung auch bei diesen Krankheitsprozessen haben,
197 sondern daß sie bei diesen Krankheitsprozessen lediglich eine
198 Hilfsfunktion ausüben, indem sie den Patienten vorbereiten, bzw.
199 für eine psychotherapeutische Behandlung zugängig machen.
200 Vielfach kann mit Psychopharmaka auch die Zeit überbrückt werden,
201 die oft vergeht, bis ein geeigneter Psychotherapeut gefunden
202 werden kann. Selbstverständlich hat die Behandlung
203 psychosomatischer Erkrankungen im engeren Sinne zweigleisig zu
204 erfolgen, indem in intensiver Weise eine Somatotherapie betrieben
205 werden muß, wie dies auch für die Psychotherapie der Fall sein
206 soll. Im besonderen ist zur Psychopharmakatherapie
207 psychosomatischer Erkrankungen auf das Übersichtsreferat von
208 Labhardt verwiesen. Begleiterscheinungen. Da von
209 verschiedenen " Nebenwirkungen " der Psychopharmaka noch nicht
210 feststeht, ob es sich tatsächlich um Nebenwirkungen handelt oder
211 die so bezeichneten Erscheinungen mit der psychotropen Wirkung
212 vielleicht in enger Verknüpfung stehen, ziehen wir den Ausdruck
213 " Begleiterscheinungen " vor. Die wichtigsten dieser
214 Begleiterscheinungen wurden in Tabelle 10 zusammengestellt.
215 Neuroleptika. Neuroleptika führen bei länger
216 dauernder Applikation vor allem zu extrapyramidalen Symptomen
217 vom Tremor bis zum vollausgeprägten Parkinsonsyndrom.
218 Besonders Neuroleptika mit fehlendem (Abb.) schlafanstoßendem Effekt
219 können schon in den ersten Behandlungstagen bis Behandlungs
220 wochen zu anfallartigen, schmerzhaften Muskelkrämpfen -
221 Dyskinesien genannt -, vor allem im Bereich der Mund
222 muskulatur, Zungenmuskulatur und Schlundmuskulatur,
223 führen. Zur Therapie haben sich Antiparkinsonmittel - notfalls
224 auch intravenös oder intramuskulär appliziert - bewährt. Bei
225 langjähriger Applikation von Neuroleptika kann es zu
226 persistierenden Dyskinesien kommen, die jedoch zum Unterschied
227 zu den bei Behandlungsbeginn auftretenden Dyskinesien durch
228 Antiparkinsonmittel nur schwer beeinfluß und - wie auch
229 vegetative Symptome - durch das plötzliche Absetzen der
230 Neuroleptika provoziert oder verstärkt werden können. Da aber
231 derartige persistierende Dyskinesien, wie auch eine eigene
232 Untersuchung an zwei psychiatrischen Kliniken zeigte, nur selten
233 und auch auf nichtmedikamentöser Basis beobachtet werden können,
234 müssen sie als therapeutisches Risiko in Kauf genommen werden,
235 zwingen uns aber, die Indikation zur Langzeitbehandlung mit
236 Neuroleptika besonders streng zu stellen. Treten sie nach dem
237 plötzlichen Absetzen von Neuroleptika auf, können sie durch die
238 Fortsetzung der abgebrochenen Therapie wieder zum Verschwinden
239 gebracht oder doch weitgehend gebessert werden. Tranquilizer
240 können der muskelrelaxierenden Wirkung wegen besonders bei
241 älteren Leuten, zu Innervationsstörungen mit plötzlichem
242 Zusammensacken führen. Antidepressiva. Antidepressiva
243 werden vor allem von vegetativen Begleiterscheinungen -
244 meist adrenerger Art - begleitet. Diese können durch
245 Adrenolytika, wie zum Beispiel Hydergin, beeinflußt werden.
246 Wie schon aufgrund der pharmakologischen Daten zu erwarten,
247 können aber auch Neuroleptika zu vegetativen Symptomen führen,
248 während diese bei Tranquilizermedikation fehlen. Unter den
249 psychopathologischen Komplikationen sind vor allem die
250 passageren paradoxen Erregungszustände bei Applikation von
251 Neuroleptika und die Provokation akut schizophrener oder manischer
252 Symptome und das Auftreten passagerer deliranter Zustandsbilder
253 bei Verabreichung von Antidepressiva von Bedeutung. Bei der
254 Verordnung von Psychopharmaka ist auch daran zu denken, daß es
255 zwischen Thymoleptika und Monoaminoxydasehemmer sowie zwischen
256 Monoaminoxydasehemmern und Käse Inkompatibilitätserscheinungen
257 gibt und die Patienten auf die mögliche Beeinträchtigung der
258 Verkehrstauglichkeit und Verstärkung der Alkoholwirkung
259 aufmerksam gemacht werden. Intoxikationen mit
260 Psychopharmaka. Da Psychopharmaka, speziell Antidepressiva,
261 vielfach von suizidalen Patienten genommen werden, ist es
262 naheliegend, daß die gleichen Psychopharmaka, welche vom Arzt
263 als Therapie verordnet werden, gerade von den suizidalen Patienten
264 oft auch als Suizidmittel verwendet werden. Dies ist auch der
265 Grund, warum wir im Februar 1965 an der Basler Klinik ein
266 Symposium über Intoxikationen mit Psychopharmaka veranstalteten,
267 an dem Wissenschaftler des Inlands und Auslands ihre
268 Erfahrungen kund taten. Zunächst einmal ist zu betonen, daß,
269 abgesehen von den trizyklischen Antidepressiva, oft die Einnahme
270 von erstaunlich hohen Dosen von Neuroleptika und Tranquilizer ohne
271 besondere Komplikationen überlebt wird. Die Erfahrungen an
272 Patienten, welche nach Suizidversuchen mit Psychopharmaka an
273 unserer Klinik hospitalisiert wurden, hat Loew
274 zusammengestellt. Die ohne dauernde Komplikationen überlebten
275 Höchstdosen betrugen für Neuroleptika vom Typ des Chlorpromazin
276 5000 mg, für Antidepressiva vom Typ des Imipramin 1250 mg und
277 für Tranquilizer vom Typ der Benzodiazepinderivate 250 mg. In
278 der Weltliteratur werden wesentlich höhere Dosen berichtet. Auf
279 die Sonderstellung der trizyklischen Antidepressiva wurde bereits
280 hingewiesen. Besonders toxisch sind diese bei kleinen Kindern,
281 oft genügen schon eine oder wenige Tabletten, welche von Kindern
282 versehentlich eingenommen werden, um ihren Tod herbeizuführen.
283 Es ist daher dringend erforderlich, daß die Ärzte, welche ihren
284 Patienten trizyklische Antidepressiva oder auch andere Medikamente
285 verschreiben, diese dringend dazu anhalten, sie so aufzubewahren,
286 daß Kleinkinder nicht an die Medikamente herankommen.
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