Quelle Nummer 278
Rubrik 05 : KULTUR Unterrubrik 05.01 : SCHULWESEN
BERUFSAUSBILDUNG
INGO RICHTER
OEFFENTLICHE VERANTWORTUNG FUER BERUFLICHE BILDUNG
ERNST KLETT VERLAG STUTTGART 1970, S.66-
001 Maßstäbe zur Verfassungsrechtlichen Beurteilung der
002 privaten Berufsausbildung. Die Erörterung der Frage, ob es
003 aufgrund von Staatszielbestimmungen oder Grundrechten eine
004 Rechtspflicht des Staates gibt, Einrichtungen der
005 Berufsausbildung zu schaffen, und zwar auch dann, wenn es eine
006 private Berufsausbildung gibt, hat gezeigt, daß eine solche
007 Rechtspflicht grundsätzlich besteht, daß sie aber als Pflicht
008 entfällt, wenn existierende private Einrichtungen die
009 öffentlichen Funktionen im Berufsausbildungswesen ebenso
010 wahrzunehmen bzw. Rechte auf Berufsausbildung zu befriedigen in
011 der Lage sind. Ob dies der Fall ist, wird nicht von den
012 Trägern der privaten Berufsausbildung entschieden und steht auch
013 nicht im Ermessen politischer Instanzen, denn es ist
014 grundsätzlich als eine Rechtsfrage anzusehen, ob dem
015 Versorgungsgebot subsidiär Genüge getan wird und ob
016 Leistungsansprüche subsidiär befriedigt werden. Die Rechtslage
017 ähnelt insofern der bei der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips,
018 wo die Legitimation der höheren Instanz ebenfalls nach
019 objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Allerdings werden
020 die rechtlichen Maßstäbe zur Beurteilung dieser Frage nur sehr
021 grob sein können und durch die bildungspolitische Konkretisierung
022 ergänzt werden müssen. Es würde den Rahmen dieser
023 verfassungsrechtlichen Studie sprengen, wollte man der
024 Realisierung dieses Prinzips in der Berufsausbildung nachgehen,
025 also konkret feststellen, welche Formen der Berufsausbildung beim
026 gegenwärtigen Stand der privaten Berufsausbildung unter das
027 staatliche Versorgungsgebot fallen. Die verfassungsrechtlichen
028 Maßstäbe und die Beurteilung der gegenwärtigen Berufsausbildung
029 sollen nur in einigen groben Zügen charakterisiert werden. Ihre
030 Präzisierung würde eine detaillierte wissenschaftliche
031 Untersuchung verlangen. Universalität der
032 Berufsausbildung. Das Recht auf Ausbildung und das
033 Sozialstaatsprinzip - welchem Modell man auch immer folgen will
034 - gebieten die Universalität der Berufsausbildung, das heißt,
035 daß jeder die Möglichkeit der Berufsausbildung besitzen muß.
036 Zur Zeit erhalten die weitaus meisten berufsschulpflichtigen
037 Jugendlichen eine Berufserstausbildung; die übrigen treten
038 sofort nach dem Abschluß der Hauptschulpflicht in
039 Arbeitsverhältnisse ein, obwohl zur Zeit ein Überangebot an
040 Lehrstellen insgesamt existiert. Es fragt sich jedoch, ob das
041 überschießende Lehrstellenangebot mit der Nachfrage
042 übereinstimmt, das heißt ob sich nicht Lehrstellenüberangebote
043 und Lehrstellennachfrage - diese verstanden als Berufswunsch und
044 Berufseignung - auf ganz verschiedene Berufe beziehen. Dieses
045 Problem tritt besonders stark bei regionaler Konzentration
046 bestimmter Wirtschaftszweige auf, die zu einer regionalen
047 Ungleichheit des Lehrstellenangebots führt. Dazu kommt, daß
048 der Berufsausbildungsmarkt für Jugendliche, die den
049 Qualitätsansprüchen der Wirtschaft nicht entsprechen,
050 Lehrstellen nicht bereitstellt, was vor allem diejenigen trifft,
051 die den Hauptschulabschluß nicht erreichen. Für diese
052 Jugendlichen muß an die Stelle der privaten Berufsausbildung oder
053 neben das privatrechtliche Arbeitsverhältnis ein staatliches
054 Berufsausbildungsangebot treten. Permanenz der
055 Berufsausbildung. Die derzeitige relative Universalität der
056 Berufsausbildung bezieht sich nur auf die Berufserstausbildung.
057 Das Ausmaß des Berufswechsels zeigt ihre Schwäche. Das Gebot
058 der universellen Berufsausbildung besitzt auch eine zeitliche
059 Dimension, die in Berufszusatzbildung und
060 Berufsfortbildung, also in Formen der beruflichen
061 Erwachsenenbildung verweist. Im gegenwärtigen Ausbildungssystem
062 kann man den Ausbildungsvorschriften für die private
063 Berufserstausbildung einen wirklichen Ausbildungscharakter -
064 gemessen nach Systematik, Planmäßigkeit, Funktionalität,
065 pädagogischer Orientierung - grundsätzlich zusprechen, nicht
066 aber den Formen der Berufszusatzbildung und Berufs
067 fortbildung. Diese stehen grundsätzlich unter dem Gesetz des
068 jeweiligen wirtschaftlichen Bedarfs, nicht der individuellen
069 Ausbildungsbedürfnisse. Den Kriterien einer pädagogischen
070 Ausbildungskonzeption genügen sie kaum. Zur Zeit besitzt deshalb
071 das Versorgungsgebot für Berufsausbildung insoweit vor allem
072 Geltung für die berufliche Erwachsenenbildung.
073 Junktionalität der Berufsausbildung. Wenn die
074 Berufsausbildung grundsätzlich in den Bereich des
075 Sozialstaatsgebots und der Berufsfreiheit gehört, muß
076 sichergestellt werden, daß Ausbildungssystem und
077 Ausbildungsmaßnahmen den Zielen der Berufsausbildung gerecht
078 werden. Während sich diese Aufgabe im Schulwesen aufgrund der
079 Professionalisierung der Erziehungsfunktion und der staatlichen
080 Aufsicht relativ leicht erfüllen läßt, besteht die Gefahr,
081 daß in der Privaten Berufsausbildung das wirtschaftliche
082 Interesse an der Ausbildung zum Kriterium der Funktionalität
083 wird. Die Kritik der Lehrlingsausbildung ist zur Zeit in dieser
084 Beziehung besonders stark; sie richtet sich gegen
085 ausbildungsfremde Arbeit der Lehrlinge und gegen die Lehrzeitdauer,
086 gegen die mangelnde Ausbildungseignung von vielen Betrieben und
087 Ausbildern und gegen die unzulängliche prädagogische Orientierung
088 und Organisation der Ausbildungsgänge. Es wird deshalb eine
089 stärkere staatliche Normierung der Ausbildungspflichten verlangt
090 und eine staatliche Parallelausbildung für manche Bereich
091 empfohlen. Sie wäre durch das berufsausbildungsrechtliche
092 Versorgungsgebot gedeckt. Stabilität der
093 Berufsausbildung. Universalität und Funktionalität der
094 Berufsausbildung sind angesichts der Wandlungen der Berufs
095 struktur und Beschäftigungsstruktur nicht nur von der
096 jeweiligen Berufsausbildungssituation, sondern auch von der Berufs
097 prognose und Beschäftigungsprognose abhängig. Eine
098 Berufsausbildung, deren Funktion angesichts der zu erwartenden und
099 vorauszusehenden Veränderungen in den Qualifikationsanforderungen
100 fragwürdig ist, entspricht nicht den sozialstaatlichen
101 Anforderungen an die Berufsausbildung. Das gegenwärtige
102 Ausbildungssystem wird deshalb wegen seiner Bindung an eine
103 überkommene oder jedenfalls an die gegenwärtige Berufs
104 struktur und Beschäftigungsstrktur global in Frage gestellt.
105 Solange die Berufsforschung und Ausbildungsforschung
106 jedoch neue Berufsausbildungskonzeptionen nicht bereitstellt,
107 sollen eine stärkere Theoretisierung und zukunftsreiche
108 Berufsausbildungsangebote die Stabilität der Berufsausbildung
109 sichern. Individualisierung der Berufsausbildung. Aus
110 dem grundrechtlichen und aus dem sozialstaatlichen Aspekt der
111 Berufsausbildung folgt ihre Bestimmung jedenfalls auch nach den
112 individuellen Berufsausbildungsbedürfnissen. Diesem Gebot einer
113 Individualisierung widersprechen die schematische Festlegung der
114 Lehrzeitdauer, die kaum genutzten Möglichkeiten zur ohnehin
115 schwierigen Abkürzung der Lehrzeit beziehungsweise der vorzeitigen
116 Prüfung und der Beschränkungen von Berufswechsel und
117 Betriebswechsel während der Lehrzeit. Der Individualisierung
118 steht auch die mangelnde Durchlässigkeit zwischen
119 allgemeinbildendem Schulwesen und Berufsausbildung und das Fehlen
120 eines beruflichen Bildungsweges entgegen, die den individuellen
121 sozialen Aufstieg erschweren. Während das Problem der
122 Individualisierung der Lehrzeiten durch eine Selbstregulation der
123 privaten Berufsausbildung, durch gesetzliche Regelungen und
124 allenfalls durch staatliche Alternativausbildungsgänge gelöst
125 werden kann, verlangt der soziale Aufstieg über die
126 Berufsausbildung nach staatlichen kompensatorischen Einrichtung.
127 Autonomie und gesellschaftliche Relevanz der
128 Berufsausbildung. Legt man der Konkretisierung der
129 Sozialstaatsklausel für die Berufsausbildung nicht die
130 Daseinsvorsorgemodelle, sondern die des gesamtgesellschaftlichen
131 Zusammenhangs zugrunde und wird die Berufsausbildung nicht nur
132 unter dem Gesichtspunkt der positiven Leistungsansprüche, sondern
133 auch unter dem individueller Freiheit in die Grundrechtssphäre des
134 Art. 12 Abs. 1 GG einbezogen, so ergeben sich auch
135 Folgerungen für die Entscheidungsprozesse in der Berufsausbildung.
136 Im gegenwärtigen Ausbildungssystem werden die Inhalte der
137 privaten Berufsausbildung durch die Unternehmer festgelegt, und
138 zwar in dem Rahmen, den die sogenannten Ordnungsmittel der
139 Berufsausbildung festlegen. Versteht man die
140 Berufsausbildungsfreiheit als Autonomierecht, das heißt als ein
141 Recht, das die Fremdbestimmung über seine Ausübung begrenzt und
142 die Beteiligung an den relevanten Entscheidungen gewährleistet,
143 so wird die unternehmerische Determination der Curricula unter
144 einem doppelten Aspekt fragwürdig: Erstens fragt sich, ob sie
145 den Ausbildungsinteresse gerecht wird; das ist das Problem der
146 Funktionalität der Berufsausbildung im oben skizzierten Sinne.
147 Zweitens schließt sie bisher die Auszubildenden von jeder
148 Beteiligung an den Entscheidungen aus. Andererseits ergibt sich
149 aber aus den gesamtgesellschaftlichen Implikationen der
150 Berufsausbildung die Frage nach der gesamtgesellschaftlichen
151 Beteiligung an den inhaltlichen Entscheidungen, die bisher nur bei
152 der Erarbeitung der Ordnungsmittel und in den
153 Berufsausbildungsausschüssen der Kammern und Innungen eine Rolle
154 spielt. Die private Berufsausbildung wird zur Zeit nur einer der
155 drei relevanten Dimensionen - Trägerschaft,
156 Betroffeneninteresse, gesamtgesellschaftliche Beteiligung - in
157 vollem Umfange gerecht. Daher erklären sich die Forderungen nach
158 einer Verstärkung des staatlichen Einflusses auf die
159 Berufsausbildung und nach Mitbestimmung. Finanzierung der
160 Berufsausbildung. Die private Berufsausbildung wird zur Zeit
161 von den Unternehmern finanziert; über die Kostenberechnung, die
162 offensichtliche Ungleichheit der Kostenbelastung und das
163 Verhältnis von Investitionen in die Ausbildung und Ertrag
164 herrscht Unklarheit. Die Lehrlinge verzichten während der
165 Ausbildungszeit auf Arbeitslöhne. Es gibt eine individuelle wie
166 institutionelle staatliche Ausbildungsförderung. Hängt das
167 Ausmaß der staatlichen Aktivität im Bereich der
168 Berufsausbildung davon ab, inwieweit die private Berufsausbildung
169 den sozialstaatlichen und grundrechtlichen Anforderungen gerecht
170 wird, so gehört auch die private Finanzierung der Ausbildung in
171 den Beurteilungszusammenhang. Läßt sich nachweisen, daß die
172 Ausbildungsqualität durch Investitionsentscheidungen der
173 Unternehmer beeinflußt wird, die auf Wettbewerbs
174 gesichtspunkten und Ertragsgesichtspunkten sowie auf
175 konjunkturellen Schwankungen beruhen, so gebietet die öffentliche
176 Funktion in der Berufsausbildung eine Änderung des
177 Finanzierungssystems durch eine staatliche Beteiligung und (oder)
178 ein Kostenausgleichssystem, wie es der Deutsche Bildungsrat
179 empfohlen hat. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die von
180 der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die
181 Privatschulfinanzierung angesichts der Ausdehnung der
182 Privatschulfreiheit auf die Berufsausbildung nicht auch in diesem
183 Bereich Bedeutung besitzen. Da der Finanzierung im zweiten Teil
184 dieses Gutachtens ein eigenes Kapitel gewidmet ist, soll hier
185 nicht weiter darauf eingegangen werden. Ergebnis. Die
186 Frage, ob der Bestand der privat getragenen Berufsausbildung
187 verfassungsrechtlich gesichert ist, beantworte ich wie folgt: Der
188 Staat besitzt die Legitimation, Berufsausbildung in allen
189 Gebieten und Formen in eigener Trägerschaft zu vermitteln. Er
190 ist verpflichtet, für die Einhaltung materieller Standards der
191 privaten Berufsausbildung Sorge zu tragen und
192 Berufsausbildungsmöglichkeiten anzubieten, soweit private Formen
193 nicht in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen.
194 Die grundsätzliche Zulässigkeit der privaten Berufsausbildung
195 darf jedoch nicht eingeschränkt werden; sie ist grundrechtlich
196 geschützt, in ihrem gegenwärtigen Bestand aber
197 verfassungsrechtlich nicht garantiert. Öffentliche und private
198 Trägerschaft können grundsätzlich nebeneinander bestehen.
199 Über die verfassungsrechtlichen Grenzen einer gesetzlichen
200 Regelung der Berufsausbildung. Während im ersten Teil dieses
201 Gutachtens die Frage nach dem Verhältnis von privat und staatlich
202 getragener Berufsausbildung verfassungsrechtlich untersucht wurde,
203 handelt es sich nun um die Formen der staatlichen Einflußnahme auf
204 den Bereich privater Berufsausbildung. Da diese die
205 Freiheitssphäre der Bürger tangiert, setzt sie nach
206 demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen gesetzliche
207 Regelungen voraus. Die Untersuchung des staatlichen Einflusses
208 auf die private Berufsausbildung kann sich deshalb auf die Fragen
209 der verfassungsrechtlichen Legitimation gesetzlicher Regelungen der
210 Berufsausbildung beschränken. Der verfassungsrechtlichen
211 Beurteilung liegt eine Klassifikation der gesetzlichen Regelungen
212 zugrunde. Die zur Zeit getroffenen gesetzlichen Regelungen und
213 die Reformvorschläge werden in diese Klassifikation eingeordnet.
214 Die Klassifikation erlaubt, unabhängig vom Status quo weitere
215 Reformvorschläge zum Gegenstand der verfassungsrechtlichen
216 Beurteilung zu machen. Diese konzentriert sich auf zwei
217 verschiedene Ansätze: Sie fragt, ob die Grundrechte der
218 Unternehmer in der Berufsausbildung gesetzlichen Regelungen
219 entgegenstehen oder ob die derzeitigen institutionellen Regelungen
220 (Selbstverwaltung der Wirtschaft) verfassungsrechtlich garantiert
221 sind. Die gegenwärtigen gesetzlichen Regelungen und die
222 Reformvorschläge werden sodann danach beurteilt. Dazu kommt ein
223 Exkurs über die Gesetzgebungskompetenz im Bereich der
224 Berufsausbildung. Da sich die staatliche Einflußnahme auf die
225 Berufsausbildung aber nicht auf Trägerschaft und Gesetzgebung
226 beschränkt, kommt ein Exkurs über ausgewählte Rechtsfragen der
227 Finanzierung hinzu. Grundlagen und Grenzen einer
228 gesetzlichen Regelung und Begrenzung der Grundrechte privater
229 Berufsausbildungsträger. Die Unternehmerfreiheit in der
230 Berufsausbildung wird durch die Verfassung grundrechtlich
231 geschützt, und zwar durch die Grundrechte der Art. 7 Abs.
232 4 und 12 Abs. 1 GG. Wenn die gegenwärtigen Gesetze diese
233 Unternehmerfreiheit inhaltlich ausgestalten und begrenzen und die
234 Reformpläne weitere gesetzliche Regelungen vorsehen, stellt sich
235 die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit solcher
236 Gesetze; es fragt sich, ob solche Gesetze in die Berufsfreiheit
237 und Privatschulfreiheit der Unternehmer eingreifen und ob sie ein
238 durch diese Grundrechte eingeräumtes Selbstverwaltungsrecht der
239 Unternehmer beeinträchtigen können. Berufsfreiheit und
240 Gesetz. Die betriebliche Berufsausbildung ist Teil der
241 Berufsausübung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG;
242 sie gehört nicht in den Bereich der Berufswahl des Art. 12
243 Abs. 1 Satz 1. Nach dem Wortlaut des Grundgesetzes kann die
244 Berufsausübung " durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes
245 geregelt werden ". Man sollte deshalb eigentlich meinen, daß das
246 Grundgesetz einer gesetzlichen Regelung der Berufsausbildung
247 Schranken nur insoweit setzt, als Art. 12 Abs. 1 Satz 1
248 tangiert ist, was für die Unternehmerfreiheit aber gerade nicht in
249 Frage kommt. Rechtsprechung und Lehre haben die Berufsausübung
250 jedoch in den Bereich grundrechtlich geschützter Berufsfreiheit
251 einbezogen und die gesetzliche Regelung deshalb auch insoweit
252 begrenzt. Nachdem sich die durch das Apotheken-Urteil des
253 Bundesverfassungsgerichts eingeleitete Rechtsprechung allgemein
254 durchgesetzt hat, kann man davon ausgehen, daß " die Freiheit
255 der Berufsausübung beschränkt werden kann, soweit vernünftige
256 Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen;
257 der Grundrechtsschutz beschränkt sich auf die Abwehr in sich
258 verfassungswidriger, weil etwa übermäßig belastender und nicht
259 zumutbarer Auflagen ". Als Kriterium für die Einschränkung
260 der Unternehmerfreiheit in der betrieblichen Berufsausbildung
261 kommen danach in Frage: vernünftige Erwägungen des
262 Gemeinwohls, das Verhältnismäßigkeitsprinzip, die
263 Zumutbarkeit. Die das Urteil beherrschende Konzeption einer
264 Stufung der Eingriffe spielt auf der untersten Stufe, der
265 Berufsausübung, begreiflicherweise keine Rolle. Wenn sich
266 Berufsausübungsregelungen gleichzeitig auf die Berufswahl
267 auswirken, werden dagegen strengere Anforderungen an die
268 Legitimation des Eingriffs gestellt. Wenn die Berufsausbildung
269 der Beruf des Trägers ist - vor allem im Falle der
270 Privatschulen -, wird dies bei Zulassungsvoraussetzungen der
271 Fall sein. Im übrigen kommt es auch bei der professionalisierten
272 Berufsausbildung im wesentlichen auf die Einschränkung der
273 Berufsausübungsfreiheit an. Die gesetzlichen Regelungen der
274 Berufsausbildung berühren gleichzeitig die Vertragsfreiheit,
275 eventuell auch die Wettbewerbsfreiheit der Unternehmer. In
276 Rechtsprechung und Literatur besteht jedoch Einigkeit darüber,
277 daß die Berufsfreiheit eine Ausprägung des Rechts der freien
278 Entfaltung der Persönlichkeit ist und daß Art. 12 Abs. 1
279 GG deshalb als lex specialis die Anwendung von Art. 2 Abs.
280 1 GG insoweit ausschließt, als die Berufsfreiheit tangiert wird.
281 Die gesetzliche Regelung der privaten Berufsausbildung braucht
282 deshalb ausschließlich im Rahmen von Art. 12 Abs. 1 GG
283 untersucht zu werden. Die verfassungsrechtlichen Grenzen für eine
284 gesetzliche Regelung der Berufsausbildung liegen in der Garantie
285 des Wesensgehalts der Berufsfreiheit nach Art. 19 Abs. 2
286 GG.
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