Quelle Nummer 250
Rubrik 13 : GESCHICHTE Unterrubrik 13.04 : ALLGEMEINE
HITLERS KRIEGE
MARLIS G. STEINERT
HITLERS KRIEG UND DIE DEUTSCHEN
STIMMUNG UND HALTUNG DER DEUTSCHEN BEVOELKERUNG IM
ZWEITEN WELTKRIEG
ECON VERLAG, DUESSELDORF-WIEN 1970
S. 162-
001 Zwischen Seelöwe und Barbarossa. Am 17.
002 September 1940 verschob Hitler den Termin der Landung in England
003 " bis auf weiteres " am 12.Oktober erteilte er dem
004 Unternehmen " Seelöwe den Todesstoß. Bekanntlich war die
005 zwiespätige Kriegspolitik und Propagandapolitik der
006 Reichsregierung nicht ohne Folgen auf die öffentliche Meinung
007 geblieben. Berichte aus den verschiedenen Gauen ergaben, " daß
008 sehr große Teile der Bevölkerung eine völlig verständnislose
009 und unerzogene Haltung an den Tag " legten. " (...) Es überwiegt
010 die Ungeduld darüber, daß auch jetzt der " große Schlag "
011 gegen England nicht gekommen sei (z. B. Allenstein).
012 Die Leute gingen schon wieder auf andere Themen über (z.B.
013 Dresden). Selbst das Interesse am militärischen Geschehen
014 habe in einer bedauerlichen Weise nachgelassen. Die Bevölkerung
015 mache sich ungern und widerstrebend mit dem Gedanken eines zweiten
016 Kriegswinters vertraut, wobei die alltäglichen Sorgen,
017 insbesondere die um Brennmaterial, durchaus in den Vordergrund
018 rückten (...) " Am meisten wurde wieder über die "
019 Gleichförmigkeit " der Berichte geschimpft: " Man sei nun
020 schon gewohnt zu erfahren, daß die letzten Angriffe noch stärker
021 waren als die vorangegangenen und daß sie wiederum verheerende
022 Wirkung gezeigt hätten. " Der Kampf gegen England werde " in
023 erster Linie von der Presse und mit einem großen Aufwand an
024 starken Worten bestritten (...) " Goebbels fand diese im SD-
025 Bericht zum Ausdruck gebrachte Stimmungsverschlechterung der
026 Bevölkerung zwar etwas zu pessimistisch gesehen ", hielt es aber
027 für geboten, " daß die Presse zusätzlich mehr als bisher tue,
028 damit das Interesse auch an militärischen Dingen nicht weiter
029 absinke ". Die nationalsozialistische Meinungsforschung mußte
030 aber drei Tage später einen weiteren negativen Befund vorlegen:
031 " Nach den vorliegenden Meldungen wird die augenblickliche
032 Stimmung der Bevölkerung durch eine gewisse Nervosität
033 gekennzeichnet, die einmal auf die fast überall auftauchenden
034 Befürchtungen wegen einer längeren Kriegsdauer, zum anderen auf
035 die für die meisten unklare allgemeine politische Lage
036 zurückzuführen ist (...) " Diese Unsicherheit fördere die
037 Gerüchtebildung, und es heiße vielerorts, deutsche Truppen
038 seien in Rumänien einmarschiert, um die wichtigen Erdölquellen
039 unter Kontrolle zu haben; andere glaubten zu wissen, daß
040 Einheiten der Wehrmacht nach Griechenland unterwegs seien. Erst
041 müsse England im Mittelmeer geschlagen werden, ehe die Insel
042 selbst attackiert werde. Diese Gerüchtebildung bestätige den
043 Verdacht, " daß in der deutschen Bevölkerung in zunehmendem
044 Maße gerade in den letzten Wochen wieder ausländische Sender
045 abgehört werden (...) " Es war eben unmöglich, mitten in Europa
046 im 20.Jahrhundert eine Bevölkerung von der Umwelt so zu
047 isolieren, daß sie nur der Indoktrination und Propaganda eines
048 totalitären Staates ausgeliefert war. Die Öde und Langeweile
049 der staatlichen Meinungspolitik, Goebbels Prinzip, " an den
050 Instinkt, nicht an den Verstand zu appelieren ", " das Prinzip
051 der ständigen Wiederholung der ausgegebenen Propagandaparolen ",
052 trieben informationshungrige Menschen geradezu dazu, heimlich
053 fremde Nachrichtendienste abzuhören. Durch diese SD-
054 Berichte alarmiert, betonte der Reichsminister für
055 Volksaufklärung und Propaganda schon am nächsten Tag
056 " nachdrücklich die Notwendigkeit, daß sich die öffentliche
057 Meinungsmache in verstärktem Maße aller Dinge enthalten muß,
058 die geeignet wären, das an sich schon nervöse Volk noch mehr zu
059 bedrücken (...) " Das Abhören ausländischer Sender hatte jedoch
060 manchmal sogar seine Vorteile für das Regime. Die sich dadurch
061 entwickelnde Gerüchtebildung hatte beispielsweise dafür gesorgt,
062 daß die Entsendung einer " Lehrtruppe " nach Rumänien in
063 Stärke einer motorisierten Infanteriedivision sowie von
064 Luftwaffeneinheiten die Bevölkerung kaum noch beunruhigte. Die
065 ab 12.Oktober eintreffenden Truppen hatten den Auftrag, die
066 rumänischen Streitkräfte zu reformieren und die Ölfelder " zu
067 schützen ". Das vorausgegangene russische Ultimatum Ende Juni
068 an Rumänien zur Abtretung Bessarabiens und der Nordbukowina
069 indessen hatte eine Welle von Beunruhigungen und Gerüchten über
070 die Natur der deutsch-russischen Beziehungen zur Folge, auf
071 die noch zurückzukommen sein wird. Sowohl die sogenannten
072 " zweiten Wiener Schiedssprüche ", welche für Rumänien
073 empfindliche Gebietseinbußen zugunsten Ungarns brachten, als auch
074 die innerrumänischen Ereignisse der Abdankung König Carols,
075 die Übernahme des Thrones durch seinen Sohn Michael und die
076 Etablierung einer autoritären Staatsführung unter General
077 Antonescu waren von der deutschen Öffentlichkeit mit viel
078 Interesse, aber nicht allzu großem Verständnis für die dortigen
079 Gegebenheiten verfolgt worden. Man war zu sehr fixiert auf die
080 immer noch erwartete Auseinandersetzung mit England, und sobald
081 das Interesse durch militärische Ereignisse nicht mehr gefesselt
082 wurde, wandte es sich der Alltagsmisere zu. Seit geraumer Zeit
083 bereits, aber insbesondere ab Oktober 1940, klagte die
084 Bevölkerung und vor allem die Arbeiterschaft über gleichbleibende
085 Löhne und steigende Lebenshaltungskosten. Betroffen waren zu
086 allererst Textilien, Schuhwaren, wichtige Gebrauchsgegenstände
087 und verschiedene Lebensmittel: " Diese Tatsache löste
088 allgemein Unzufriedenheit und Besorgnis aus. Die Äußerungen in
089 der Presse über eine bisher nur 4 %-Preissteigerung wurden
090 lebhaft besprochen und mit einem gewissen Unwillen zur Kenntnis
091 genommen. " Eine massive Anklage gegen die Lohnpolitik des
092 Nazionalsozialismus, die sich zu gleicher Zeit auch gegen die
093 Praktiken der Arbeitgeber wandte, war bereits am 21.September
094 1940 vom Treuhänder der Arbeit Daeschner erhoben worden. Er
095 stellte fest, " daß die nationalsozialistische Sozialpolitik
096 nur in der Einbildung bestehe. Alle Reformen auf
097 sozialpolitischem Gebiet seien in Ansätzen steckengeblieben. "
098 Alles sei praktisch wie früher, " wenn auch in etwas schöneren
099 Formen eines nationalsozialistischen Gewandes ". Auch aus
100 anderen Kreisen der Deutschen Arbeitsfront kamen Berichte über
101 eine Mißstimmung unter der Arbeiterschaft, deren Ursachen im
102 Lohnstopp und in der Verteuerung der Lebenshaltung zu suchen waren.
103 Eine Verquickung von Kritik an der Propaganda und an den
104 sozialen Zuständen des Dritten Reiches enthält der " Bericht
105 über die allgemeine Lage " des Präsidenten des Hanseatischen
106 Oberlandesgerichtes in Hamburg vom 7.November 1940: " Die
107 allgemeine politische Stimmung ist reservierter geworden. Man
108 hatte aufgrund der seit Monaten betriebenen, m. E. sehr
109 bedenklich Propaganda, mit einem Kriegsende zum Herbst,
110 spätestens zu Weihnachten gerechnet. Wenn auch niemand am
111 Endsieg zweifelt, so ist man doch zeitlich sehr skeptisch geworden.
112 Eine Propaganda, die etwas mehr den Ernst der Lage
113 berücksichtigt hätte, hätte diesen Stimmungsumschwung vermeiden
114 können. Ausgesprochen entschieden kritisiert wird die Tatsache,
115 daß viele Begüterte zum Teil seit Monaten ihre Familien an die
116 Ostsee bis nach Ostpreußen auf " Urlaub " geschickt haben.
117 Man sieht darin eine Flucht aus dem Gesamtschicksal in ein
118 angenehmes Einzelschicksal allein auf Grund des größeren
119 Geldbeutels. Die einfachen Volksgenossen, denen dieser Umstand
120 nicht verborgen bleibt, fragen sich, worin denn da der Unterschied
121 zu der von uns so sehr gerügten Übung der englischen Plutokraten
122 besteht. Aus Kreisen der Beamten und Angestellten werden auch
123 immer wieder Klagen darüber laut, daß die Teuerung gerade in den
124 letzten Monaten sehr erhebliche Fortschritte gemacht hat (...) " Um
125 dieselbe Zeit berichtete auch der Oberlandesgerichtspräsident
126 Köln über die Teuerung, ein wenig später sein Kollege in
127 München, und zu Anfang des neuen Jahres kommt im Lagebericht
128 des Oberlandesgerichtspräsidenten in Bamberg - mehr indirekt
129 diesmal - der Vorwurf zum Ausdruck, daß die Preissteigerungen
130 vor allem den kleinen Mann treffen - und auch die Beamtenschaft
131 - die weder über gute Beziehungen noch genügend Geld verfügten.
132 Auch der SD-Bericht vom 21.November spricht in diesem
133 Zusammenhang von einer " Verstimmung der Bevölkerung über die
134 derzeitigen Verhältnisse " und stellt fest: " Zusammenfassend
135 ist die Frage der Ernährungslage und Preisentwicklung bei
136 Nahrungsmitteln festzustellen, daß diese gegenwärtig einen
137 wesentlichen Faktor für die allgemeine Stimmung darstellt. " In
138 dem Katalog der Ärgernisse findet man " Schwierigkeiten in der
139 Fleischzuteilung und Fettzuteilung, Kürzung der
140 Brotrationen, die unzulängliche Belieferung der Märkte mit
141 Gemüse und Obst, wie auch der nahezu völlige Ausfall von Wild,
142 Geflügel und Fischanlieferungen ". Nicht nur höhere Preise,
143 sondern auch schlechtere Qualität wurden beklagt. Die Wurst,
144 ein in Deutschland bekanntlich sehr beliebtes Nahrungsmittel, war
145 oft ungenießbar. Kein Wunder, daß die Laune schlecht war,
146 besonders bei den Arbeitern. Dies manifestierte sich außer in
147 Schimpfreden auch in einem erheblichen Absinken der
148 " Arbeitsmoral " und wachsendem unentschuldigten Fernbleiben von der
149 Arbeit. Ein weiterer Ausdruck der Verdrossenheit in
150 Arbeiterkreisen war die wachsende Mißachtung der von der
151 Deutschen Arbeitsfront eingesetzten Vertrauensräte.
152 Betriebliche Angelegenheiten wurden zwischen Betriebfsführer und
153 den Betriebsobmännern geregelt. Während dieser Periode der
154 " Flautenstimmung " war die Propaganda des Reiches darauf
155 angewiesen, eine Art " Eiertanz " aufzuführen. Die Presse
156 hatte die Aufgabe: " durch interessante Meldungen das Volk zu
157 fesseln und bei Stimmung zu halten; es werden sich in diesen
158 Tagen diplomatische und politische Dinge abspielen, die das Volk
159 brennend interessieren, über die aber nicht geschrieben werden kann ".
160 Die intressanten Dinge, die das Volk noch nicht erfahren
161 durfte, waren Hitlers - im Endergebnis fehlgeschlagene -
162 Bemühungen zur Schaffung eines " Kontinentalblocks " gegen die
163 angelsächsischen Mächte. Dazu mußte eine neue,
164 kompromißfreudige Politik gegenüber Frankreich eingeleitet und
165 auch versucht werden, Spanien in diesen künftigen Block
166 miteinzubeziehen. Den Auftakt hierzu hatte das Treffen Hitlers
167 mit Mussolini am 4.Oktober gebildet. Die nächste wichtige
168 Etappe war ein Zusammentreffen mit dem stellvertretenden
169 französischen Ministerpräsidenten Laval am 22.Oktober auf
170 dem Bahnhof von Montoire-sur-Loire, einen Tag später
171 die Begegnung mit General Franco in Hendaye und schließlich am
172 24.10.eine Zusammenkunft mit Marschall P‚tain.
173 Hitlers Versuche stießen ins Leere. Franco, der nach der
174 französischen Niederlage bereit gewesen war, " nach kurzer
175 Vorbereitung der öffentlichen Meinung " in den Krieg einzutreten,
176 war inzwischen wieder weit vorsichtiger geworden und stellte hohe
177 Forderungen an Kriegsmaterial, Treibstoff, Rohstoffe und
178 Getreide, die Deutschland nicht erfüllen konnte. Mit
179 Zähigkeit und Verschlagenheit hielt der spanische Diktator den
180 Deutschen hin. Ebensowenig richtete Hitler bei P‚tain und
181 Laval aus. Auch hier blieb die Frage einer konkreten
182 Zusammenarbeit offen. Über diese Begegnungen durfte nur sehr
183 sparsam berichtet werden. Vor allem Auslandsstimmen waren
184 untersagt, und selbst Kommentare waren unerwünscht.
185 " Bekanntlich ist das Thema der deutsch-französischen
186 Verständigung ein äußerst zartes Pflänzchen, das gerade von
187 der deutschen Presse besonders behutsam behandelt werden muß. "
188 Ähnlich sollten auch die Deutschen ein wenig später nicht über
189 Hitlers Absicht unterrichtet werden, die Gebeine des Herzogs von
190 Reichstadt, des Sohnes von Napoleon, am 14.Dezember von
191 Wien nach Frankreich zu überführen; schließlich informierte
192 man sie doch; dabei durfte aber nicht erwähnt werden, daß der
193 Herzog von Reichstatt König von Rom gewesen war! Hitlers
194 Geste hätte die mühsam unterdrückten Sympathien für Frankreich
195 anfachen und der Hinweis auf den König von Rom den italienischen
196 Verbündeten verärgern können. Die Folge all dieser
197 Nachrichtenunterschlagungen war, daß selbst ein Goebbels die
198 deutschen Zeitungen langweilig fand. Als einziges vademeccum
199 konnte er aber auch nur eine " geschickte Polemik ", eine
200 " gewandte Polemik " und eine " Verstärkung der politischen
201 Polemik " empfehlen. Ein ebenfalls recht heißes Eisen für die
202 nationalsozialistische Propagande im Sommer/Herbst 1940 war
203 das Verhältnis zur Sowjetunion. Wie bereits erwähnt, hatte das
204 sowjetische Vorgehen in Bessarabien Unruhe unter der deutschen
205 Bevölkerung ausgelöst, und Zweifel an der deutsch-russischen
206 Freundschaft waren laut geworden. " Man könne sich nicht
207 vorstellen, daß dies auf die Dauer gut gehe. " Besonders im
208 Osten des Reiches wurden alle sowjetischen Maßnahmen mit
209 Aufmerksamkeit verfolgt: die Errichtung von Denkmälern für die
210 Gefallenen - entgegen den sonstigen Gewohnheiten; die
211 Wiedereinsetzung des Sonntags anstelle des freien sechsten
212 Wochentages, die Wiedereinführung der Rangabzeichen für
213 Offiziere und der Grußpflicht bei der Roten Armee. " Man ist
214 auch davon überzeugt, daß Rußland in seiner heutigen
215 Regierungsform als endgültiger Grenznachbar für Deutschland kaum
216 tragbar sei und man zweifelt, daß eine deutsch-russische
217 Freundschaft unter den heute gegebenen Umständen wirklich von
218 langer Dauer sein könne. " Ein weiterer Grund zur Beunruhigung
219 war die Einverleibung der baltischen Staaten in die UdSSR am 21.
220 Juli 1940. Die völlig nebensächliche Behandlung dieser
221 Frage in Presse und Rundfunk wurde als " unverständliche
222 Bagatellisierung kritisiert ". Für die Verantwortlichen der
223 Meinungsführung aber galt es, dem Volk die Beziehung zur
224 Sowjetunion möglichst distanziert darzustellen und unerwünschte
225 Annäherungen oder Analogien zwischen beiden Systemen zu
226 unterbinden. Zwei Anweisungen aus Pressekonferenzen des Sommers
227 1940 sind in diesem Hinblick besonders aufschlußreich: " (...)
228 Wir treiben mit der Sowjet eine gemeinsame Außenpolitik
229 und Wirtschaftspolitik, nehmen aber eine bewußte geistige
230 Abgrenzung zwischen Bolschewismus und Nationalsozialismus vor,
231 auch wenn wir nicht mehr täglich uns aktiv mit dem Bolschewismus
232 auseinandersetzen. Die Grenzen zwischen beiden Weltanschauungen
233 dürfen von uns aus nicht mehr verwischt werden (...) " " (...) Alle
234 Meldungen über innere Vorgänge der Sowjetunion, wie z.B.
235 Einführung der Offiziersränge in der Armee, Abschaffung
236 der politischen Kommissare und ähnliches sollen nur nachrichtlich
237 wiedergegeben werden, jedoch ohne besondere Betonung, weil sonst
238 in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, als ob Rußland auf
239 dem Wege des Nationalsozialismus einherschreitet. " Die
240 ambivalente deutsche Politik gegenüber der Sowjetunion zeigte sich
241 auch anläßlich des Besuches des Vorsitzenden des Rats der
242 Volkskommisare und Volkskommissars für Auswärtige
243 Angelegenheiten, Molotow, am 12.November 1940 in Berlin.
244 Hitlers Absicht war, zu versuchen, die Sowjetunion für seine
245 Kontinentalblock-Konzeption zu gewinnen und sie auf
246 einen Verzicht ihrer Ziele in OstEuropa und Südeuropa
247 zugunsten anderer Expansionsmöglichkeiten in Asien zu gewinnen.
248 Aufgrund der Mißerfolge Italiens im Griechenlandfeldzug -
249 welchen Mussolini ohne Benachrichtigung seines Achsenpartners am
250 28.Oktober gestartet hatte - war Hitler von Anfang an
251 skeptisch und neigte mehr der bereits im Sommer in Planung
252 gegebenen gewaltsamen Auseinandersetzung im Osten zu. Um das
253 deutsche Volk also beim Besuch des russischen Außenministers
254 nicht zu allzu großen Sympathieausbrüchen und
255 Kordialitätsausbrüchen zu veranlassen, wurde nach anfänglicher
256 Betonung der hervorragenden Bedeutung dieses Ereignisses,
257 " gedämpfter Trommelschlag " für die Presse vorgeschrieben und,
258 damit dieser Wandel auch dem letzten klar wurde, hieß es in der
259 Tagesparole: " Diese Änderung der Haltung der deutschen
260 Presse stellt übrigens ein Politikum dar. " Über die
261 Äußeren Umstände des Besuches durfte berichtet werden, aber
262 nicht größer als zweispaltig. Nur Tatsachen waren erlaubt,
263 keine Kommentare. Schließlich wurde genehmigt, den Abschied
264 Molotows als Aufmacher zu bringen, mit dem Abschlußkommunique
265 1; die Kommentierung erfolgte nach einer vom DNB
266 herausgegebenen Aunweisung. Motto: Deutschland und der
267 UdSSR sei es immer schlecht gegangen, wenn sie eine
268 gegeneinander gerichtete Politik verfolgt hätten. Sonst war nur
269 die Rede von " Erweiterung und Vertiefung " der
270 freundschaftlichen Beziehungen. Die Bevölkerung zeigte sich
271 trotz der Vorsichtsmaßnahmen, erfreut. Die " Meldungen aus dem
272 Reich " registrierten einen " Auftrieb der Stimmung ".
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