Quelle Nummer 191
Rubrik 15 : GEOGRAPHIE Unterrubrik 15.22 : GEOGRAPHIE
NATURVOELKER
HERMANN TRIMBORN
MENSCHEN AM TITICACASEE
IN: NATURVOELKER IN UNSERER ZEIT, BILD DER WISSEN-
SCHAFT, DEUTSCHE VERLAGS-ANSTALT, STUTTGART 1971
S. 42-48
001 Menschen am Titicaca-See.. Im
002 Landschaftsbau der mittleren Anden breitet sich zwischen West
003 kordillere und Ostkordillere der südperuanisch-
004 bolivianische Altiplano (= Hcoebene) aus, etwa 1000 Kilometer
005 lang und zwischen 200 und 300 Kilometer breit. In seinen
006 nördlichen Teil ist das Seegebiet des Titicaca gebettet, dessen
007 Oberfläche im Mittel in 3854 Meter Höhe liegt. (Der
008 Seespiegel schwankt in einem gewissen Bereich, doch haben die
009 Wasser des Titicaca nie - jedenfalls nicht in historischer Zeit
010 - die Ruinenstadt Tiahuanaco bespült.) Der Titicaca-See
011 ist ungefähr dreizehnmal so groß wie der Bodensee, und seine
012 größte Tiefe beträgt 272 Meter - doch sind weite Flächen,
013 auch an uferfernen Stellen, Untiefen und geben mit
014 Binsenbeständen der Wasserfläche ihr charakteristisches Aussehen.
015 Der Name Titicaca bedeutet " Wildkatzenfels " und bezog sich
016 ursprünglich auf eine der Inseln des Sees, die heute meist Isla
017 des Sol genannt wird und der Halbinsel Copacabana vorgelagert ist.
018 Diese von ihrer Wurzel auf der westlichen Seeseite aus weit nach
019 Osten hin vorspringende Halbinsel nähert sich dem anderen Seeufer
020 so weitgehend, daß nur eine schmale Durchfahrt, die Enge von
021 Tinquina, verbleibt. So wird der See durch die Halbinsel
022 Copacabana in ein größeres nördliches Becken und ein kleineres
023 südliches Becken unterteilt. Der Titicaca wird von den
024 Schmelzwassern beider Kordillerenketten gespeist, ist also ein
025 Süßwassersee. Ein südlicher Ausfluß, der Desaguadero (=
026 Entwässerer), führt zum Aullagas-See oder Poop¢.
027 Es bestehen aber auch kühne Projekte, die Wasser des Titicaca
028 zum Pazifischen Ozean zu führen und dabei das Gefälle von
029 mehreren tausend Metern zur Gewinnung elektrischer Energie in
030 gigantischen Ausmaßen nutzbar zu machen. Der Reisende, der sich
031 über einen der angrenzenden Paßübergänge dem Titicaca nähert,
032 erlebt eine große Überraschung. Die hohe Puna, die er
033 durchzogen hat, war von dem Hartgras " ichu " bedeckt, auf dem
034 allenfalls harzige Tola-Sträucher belebende Akzente
035 setzten. Nun aber bieten ihm die Ufer des Sees unvermittelt den
036 Anblick einer intensiv genutzten Kulturlandschaft. Dem
037 Betrachter wird bewußt, wie mildernd die große Wasserfläche auf
038 das Klima wirkt: In mehr als 3850 Meter Meereshöhe gedeiht
039 hier der Mais, der sonst selten über 3500 Meter hinausgeht, -
040 ja, an geschützten Stellen sogar der Weizen! Gar nicht zu
041 reden von den natürlichen Blütensträuchern, deren
042 Farbenreichtum das Auge erfreut und deren Aroma die Luft erfüllt,
043 wie zum Beispiel der " flor del Inca " (= Incablume) oder
044 " kantuta ". Das ackerbautreibende Volk der Aimara hat den ganzen
045 Altiplano seit Jahrtausenden in allerdings schüttere
046 landwirtschaftliche Nutzung genommen, mit verhältnismäßig
047 größerer Intensität aber das Titicaca-Becken. Bei ihrer
048 Landnahme trafen die Aimara eine sicher dünne gesiedelte
049 Vorbevölkerung an, die Uru, deren Name sich im Namen der
050 Stadt Oruro (= Uru-Uru) erhalten hat und die nicht
051 ausgerottet wurden, sondern in den Aimara aufgegangen sind.
052 Dieses Volkstum baute seinen Unterhalt auf der Jagd auf
053 Vogelwild und dem Fang einer artenreichen Fischfauna auf. Es
054 gibt Hinweise darauf, daß sich Reste der Uru-
055 Vorbevölkerung bis heute erhalten haben könnten. Eine derartige
056 Beobachtung bezieht sich auf die " schwimmenden Inseln " im
057 Titicaca-See. Diese Islas flotantes werden nach einer
058 ähnlichen Technik hergestellt wie die " chinampas " von
059 Xochimilco in Mexiko. Die meisten von ihnen werden von den
060 Aimara landwirtschaftlich genutzt, indem sie auf einen aus
061 gewachsenen Binsen geflochtenen " Teppich " Schlamm und Erde
062 auftragen und darauf zum Beispiel Kartoffeln anbauen. Besonders
063 bemerkenswert ist, daß es außerdem auch schwimmende Inseln gibt,
064 deren Bewohner (auf einer von ihnen waren es 1960 fünf
065 vielköpfige Familien mit insgesamt 30 Kindern) sich durch ihre
066 geringere Körpergröße und ihre dunklere Hautfarbe deutlich von
067 den Aimara abheben, ebenso unterscheiden sie sich von diesen durch
068 ihre Lebensweise: Auch heute noch leben sie ausschließlich vom
069 Fischfang, dessen Erträge sie in den am Ufer gelegenen Orten
070 verkaufen oder vertauschen. Die Aimara dagegen betreiben zwar
071 nebenbei den Fischfang und die Vogeljagd ebenfalls, in der
072 Hauptsache jedoch leben sie von Viehzucht und Ackerbau. An
073 Tieren werden Rindvieh und Schafe, Schweine und Hühner
074 gehalten, außerdem auch Lamas (Schafkamele). Die Ziege
075 dagegen verträgt diese Höhe nicht mehr. Das Lama hat viel von
076 seiner früheren Bedeutung als nutztier verloren. Als
077 Wollieferant ist ihm das Schaf quantitativ und qualitativ
078 überlegen, das außerdem Käse und Fleisch gibt, während das
079 Lama als Fleischtier auch früher schon keine große Rolle
080 gespielt hat und sich niemals zur Milchgewinnung domestizieren ließ.
081 In seiner Eigenschaft als Tragtier ist ihm der Esel voraus, da
082 das Lama nur mit maximal 30 Kilogramm beladen werden kann; und
083 überhaupt ist die tierische Tragleistung in der letzten Zeit
084 zusehends durch den Lastkraftwagen ersetzt worden. Dieser hat
085 speziell beim Erztransport in den Minenbetrieben das Lama restlos
086 verdrängt. Heute besorgt dieses Tier noch die Beförderung
087 leichtere Lasten und ist das traditionelle Transporttier im
088 indianischen Überlandhandel sowie auf Routen, die nicht
089 linienmäßig von Lastautos und Bussen befahren werden. Als
090 Reittier konnte das Lama niemals benutzt werden: Anders als das
091 Beduinenkamel sind diese amerikanischen Schafkamele weder geritten
092 noch gemolken worden. Der Mist der Lamas allerdings wird als
093 Brennstoff verwendet, und ihre Wolle dient zwar kaum noch zu
094 Bekleidungszwecken, jedoch zum Anfertigen von Säcken und Seilen.
095 Rind, Schaf und Huhn sind den Eingeborenen zwar schon seit
096 Jahrhunderten bekannt, dennoch halten sie sich aber im wesentlichen
097 noch an die alten Speisegebräuche und genießen viel zu wenig
098 Fleisch, Milch, Eier und Käse. Sie liefern vielmehr diese
099 tierischen Nahrungsmittel auf die Märkte, um dafür Kleidung,
100 Zucker, Salz, Koka und Alkoholika zu erlangen.
101 Entwicklungs-Instanzen der Regierungen, die sich mit der
102 Hebung des indianischen Lebensstandards befassen, versuchen auf
103 eine stärkere Verwendung des tierischen Eiweißes in der
104 Ernährung der Indios hinzuwirken. Von altersher bedient sich die
105 Viehhaltung am Titicaca der nätürlichen Chance, die ihr der
106 See mit seinem wild wachsenden Pflanzenwuchs gibt: der Binse
107 (Scirpus totora), die weite untiefe Flächen bedeckt, und der
108 unter der Oberfläche schwimmenden Myriophyllum-Flora
109 (Seebeeren-Gewächse). Beide werden von den bis zum Bauch im
110 Wasser stehenden Tieren (Rindern, aber auch Schweinen und
111 Schafen) abgeweidet. Die eben genannte Totora-Binse ist in
112 ihrer Nutzung universell. Mit ihr werden Häuser gedeckt und
113 Matten geflochten, man fertigt daraus die Binsenboote
114 (fälschlich " balsas " genannt) und machte früher auch die Segel
115 dazu. Und nicht nur als Wasserweide für die Tiere dient die
116 Totora, sondern auch zur menschlichen Ernährung: Die weiß-
117 gelben unteren Stengelenden, in denen sich die Kohlehydrate in
118 Zucker umgewandelt haben, werden in Stücke geschnitten auf den
119 Märkten verkauft und werden im ganzen geknabbert oder zerkleinert
120 als Salat konsumiert. An den Totorabeständen des Sees hat sich
121 eine " Erntewirtschaft " herausgebildet, die stellenweise zur
122 Aufteilung der Binsenflächen in Parzellen zu ausschließlicher
123 Nutzung geführt hat. Von den Nahrungspflanzen, die von den
124 indianischen Bauern rund um den Titicaca-See angebaut werden,
125 wurden bereits der Mais und der an einzelnen Stellen gedeihende
126 Weizen erwähnt. Beide treten aber an Bedeutung zurück hinter
127 Gerste, Kartoffeln, Dicken Bohnen und der " amerikanischen
128 Hirse ", der eiweisreichen Quinoa (Chenopodium quinoa).
129 Außerdem sind weitere einheimische Knollengewächse zu nennen,
130 wie Oka (Oxalis tuberosa) und Ulluku (Ullucus teberosus),
131 und neuerdings als Futterpflanze die Luzerne. Von dem wichtigsten
132 einheimischen Knollengewächs, der Kartoffel - sie hat in der
133 bolivianischschen Puna ihre wahrscheinliche Urheimat -, sind den
134 Aimara noch heute nicht weniger als rund 200 Arten mit eigenen
135 Namen geläufig. Die landwirtschaftliche Technik der Menschen am
136 Titicaca weist ihre uralten Errungenschaften auf, daneben aber
137 auch manche primitiven Züge. Einerseits bewundern wir die
138 Umwandlung der Hänge in Anbauterrassen, wodurch die verfügbare
139 Bodenbaufläche vergrößert und das Erdreich gegen Erosion
140 geschützt wird. Wir würdigen auch die Bewässerungsanlagen und
141 die von altersher bekannte Düngung der Felder mit Mist. Eine
142 Spezialität ist die Herstellung von Kartoffelkonserven (chu¤o
143 kleine Kartoffeln, setzt sie bis zu sieben Tage dem Nachtfrost
144 aus, tritt sie mit bloßen Füßen aus, trocknet sie bis zu sieben
145 Tage lang und schält sie. - Auf der anderen Seite aber stoßen
146 wir zum Beispiel auf einen Steinblock als Egge, auf den
147 Trittpflanzstock " taclla " und den von Ochsen oder Stieren
148 gezogenen Hakenpflug - altertümliche Geräte, die dringend der
149 Remedur bedürfen. Erst nach und nach werden Holz und Stein
150 durch eiserne Ackergeräte ersetzt. Ein Fruchtwechsel auf den
151 Feldern war den Indianern schon seit eh und je geläufig; in der
152 künstlichen Düngung und der Schädlingsbekämpfung werden sie
153 jetzt durch Landwirtschaftsexperten unterwiesen. Eine Hebung der
154 Ernteerträge ist dringend erforderlich wegen der erstaunlich hohen
155 Bevölkerungsdichte: In 3850 Meter Höhe und allein auf der
156 Grundlage der indianischen Landwirtschaft - also ohne jegliche
157 Industrie und Gewerbe - erreicht sie im Titicaca-Becken
158 Werte von 150 bis 200 Menschen auf den Quadratkilometer! Man
159 hat daher in neuerer Zeit versucht, der bäuerlichen Not nicht nur
160 durch die verschiedensten Neuerungen landwirtschaftstechnischer Art
161 zu begegnen, sondern auch durch tiefergreifende Maßnahmen: durch
162 Vergenossenschaftung und Umsiedlung. Man hatte sich vorgestellt,
163 anknüpfend an altüberkommende Gemeinschaftsarbeit den Typus einer
164 " integralen " Genossenschaft lancieren zu können, stieß damit
165 jedoch bei den Indiobauern auf Ablehnung. Tatsächlich überwiegt
166 - unbeschadet mancher Reste gemeinsamer Arbeiten - eine
167 individualistische Wirtschaftsgesinnung. Besonders in Bolivien
168 war nach der Bodenreform von 1953 die Neigung der Bauern gering,
169 die neugewonnene Verfügungsgewalt über den Boden umfassenden
170 Bindungen im Rahmen einer " Kolchose " zu opfern.
171 Produktionsgemeinschaften sind deshalb immer wieder gescheitert,
172 womit aber nicht gesagt sein soll, daß der Indiobauer sich nicht
173 überzeugen ließe vom Nutzen eines Zusammenschlusses, der auf ein
174 festumrissenes Ziel beschränkt ist, zum Beispiel den gemeinsamen
175 Einkauf von Dünger, von Saatgut und Maschinen oder zum Zweck
176 des gemeinsamen Milchabsatzes. Versuche andererseits, Teile der
177 Hochlandbevölkerung in die östlichen Tiefländer umzusiedeln,
178 haben zunächst ebenfalls keinen vielversprechenden Erfolg gehabt.
179 Die Schwierigkeiten hatten im wesentlichen psychologische Gründe:
180 Der Hochländer scheute die fremde Umwelt und Vegetation, die
181 neuen Kulturpflanzen und unbekannten Krankheiten. Darum ist auf
182 bolivianischer Seite in letzter Zeit anstelle einer Umsiedlung in
183 die Savanna von Santa Cruz das Kaffee-Projekt von Apolo in
184 den Vordergrund getreten - eine Zone der Provinz Caupolic
185 n in 1000 bis 1500 Meter Höhe. Nach Monheims Schilderung
186 lassen die bisherigen Ergebnisse dieses neue Projekt etwas
187 aussichtsreicher erscheinen. - Auf peruanischer Seite wäre das
188 Programm Puno-Tambopata zu erwähnen, bei dem die Siedler
189 ihre Parzellen im Hochland vorerst behalten sollen, die in ihrer
190 Abwesenheit von den Frauen zu bearbeiten sind. Auch hierbei
191 handelt es sich um einen ersten Versuch, der Übervölkerung des
192 Hochlandes abzuhelfen. Für die ansässige Bevölkerung drängen
193 sich vielseitige Entwicklungsaufgaben auf, denen sowohl in
194 Bolivien wie in Peru einheimische und internationale
195 Körperschaften ihre Aufmerksamkeit schenken. Wichtig wird es
196 unter anderem sein, alte Gewohnheiten und Vorurteile - zum
197 Beispiel, wie schon erwähnt, hinsichtlich der Ernährung -
198 zurückzudrängen. Das unverbundene Nebeneinander des
199 " Rationalen " und " irrationalen " wird anschaulich sichtbar,
200 wenn wir die Krankheitsursachen prüfen, die nach dem Glauben der
201 indianischen Bauern für ihre Leiden verantwortlich sind:
202 Kaltluft oder Hitze, körperliche Schwäche, übermäßiges
203 Essen, Folgeerscheinungen der Blattern und starke körperliche
204 Anstrengung, Erschrecken, Verlust des Verstandes, Grabgeister,
205 Berggeister oder Totengeister, die Erde, Kröten, Sorgen,
206 Leiden und Zorn, Beeinflussungen durch Praktikanten der
207 " schwarzen Magie " und ähnliches. Ärztliche Betreuung im
208 Krankheitsfalls reicht hier offensichtlich nicht aus. Neben der
209 Aufklärung in den Schulen und einer " Erwachsenenbildung " muß
210 zum Beispiel die überkommende Art der Ernährung allmählich im
211 Sinn unserer heutigen Einsichten umgestellt werden. Eine Hebung
212 der hygienischen Zustände erfordert den Bau gesünderer Wohnungen.
213 Das mit Hartgras, Stroh oder Binsen gedeckte indianische Haus
214 wurde aus ungebrannten Lehmziegeln errichtet und bestand
215 grundsätzlich aus nur einem Raum, dem eine mit Matten verhängte
216 Türöffnung als Eingang, Lichteinfall und Belüftung diente.
217 Außerdem gab es Speicherbauten und gelegentlich besondere
218 Kochräume. Zumeist aber kochte man auf tönernen Öfen im
219 Freien. Worauf die Fortschrittsplaner neuerdings vor allem zielen,
220 ist neben dem Einbau von Fenstern die Einführung von Latrinen.
221 Die Modernisierung der Wohnsitten wird nicht nur von einzelnen
222 Entwicklungsstützpunkten vorangetrieben, sondern gehört seit
223 längerem zum Programm verschiedener im Titicaca-Gebiet
224 tätiger Religionsgemeinschaften wie der Evangelisten und
225 Adventisten. Die Fortschritte sind augenfällig: Man sieht
226 heute schon nicht wenige Häuser mit Fenstern, mit hölzernen
227 Türen, Ziegeldächern oder Wellblechdächern und mit
228 eingebauten Kaminen, Eine unlängst auf der Taraco-Halbinsel
229 veranstaltete Enquˆte ergab, daß nur noch 17 Prozent der
230 Bevölkerung familienweise jeweils in einem Raum wohnen, aber
231 schon 59 Prozent in zwei Räumen und 23 Prozent in drei. Doch
232 schlafen noch 55 Prozent der Menschen im Küchenraum, und 69 von
233 100 Menschen schlafen noch immer zusammen mit ihrer Familie in
234 einem einzigen Bett. Schneller als die Wohnverhältnisse ändern
235 sich die Kleidungssitten. Die Männer tragen heute fast
236 durchgängig Kleidungsstücke europäischen Stils. Unter den
237 Frauen halten jene mit wenig Stadt-Berührung stärker an den
238 überkommenen farbenfreudigen Trachten fest. Erstaunlich ist die
239 Zähigkeit, mit der sich zwei traditionelle Kleidungsstücke bis
240 heute halten haben: der von den Männern getragene Poncho (eine
241 Schulterdecke mit Kopfschlitz) und das Rückentragtuch der
242 Frauen, in dem vor allem das Kleinkind transportierrt wird. Im
243 übrigen aber ist die Preisgabe malerischer Trachten unaufhaltsam
244 - dafür sorgt das die Märkte überschwemmende Angebot
245 fabrikmäßig hergestellter Kleider, Röcke und Blusen. Im
246 Zusammenhang damit ist auch die alte Heimweberei am horizontalen
247 Webstuhl in schnellem Rückgang begriffen. Dafür kommt als neues
248 indianisches Handwerk die Maßschneiderei auf, die vordem
249 unbekannt war. Sichtbarer Ausdruck des Kulturwandels am Titicaca
250 sind aber auch die Verkehrsmmittel. Fuhr man auf dem See von
251 altersher im Binsenboot, so marschierte man von Dorf zu Dorf und
252 hatte allenfalls das Lama als Transporttier für kleine Lasten bei
253 sich. Inzwischen hat sich der Indio längst daran gewöhnt, im
254 Verkehr über Land oder vom Dorf zur Stadt sich und seine
255 Traglast auf die Plattform von Lastkraftwagen (" camiones ")
256 zu schwingen. In größeren Dörfern gibt es ja heute zumeist
257 schon mehrere Indios, die sich als Lastwagenbesitzer und
258 Transportunternehmer betätigen. In zunehmendem Maße ist auch in
259 den letzten Jahren der Autobus neben den Cami¢n getreten.
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