Quelle Nummer 186
Rubrik 07 : POLITIK Unterrubrik 07.02 : TAGESPOLITIK
WEISSBUCH 1971/72
PRESSE- UND INFORMATIONSAMT DER BUNDESREGIERUNG:
WEISSBUCH 1971/72, ZUR SICHERHEIT DER BUNDESREPUBLIK
DEUTSCHLAND UND ZUR ENTWICKLUNG DER BUNDESWEHR, IM
AUFTRAG DER BUNDESREGIERUNG HERAUSGEGEBEN VOM
BUNDESMINISTER DER VERTEIDIGUNG, S. 114-126
001 Planung und Führung. Führung und Planung
002 bedürfen zeitgemäßer Organisationsformen und Methoden. Manche
003 Verfahren und Mittel, die früher angewendet wurden, reichen
004 heute nicht mehr aus. Die Informationen, Grundlage der
005 Entscheidungen, haben sich vervielfacht. Handlungsabläufe, etwa
006 Truppenbewegung oder Waffeneinsatz, sind schneller geworden.
007 Führung verlangt rasche Entscheidungen, Planung muß weit
008 vorausschauen. Die politische Leitung der Bundeswehr braucht,
009 wie jede Kommandobehörde, für ihre Entscheidungen verläßliche
010 Führungssysteme und Planungssysteme. Informationen und
011 Daten sind durch Systeme je nach Grad der Verantwortung
012 stufenweise so bereitzustellen, daß sie schnelle und abgewogene
013 Entscheidungen erlauben. Dazu müssen alle Instanzen in den
014 Informationsfluß einbezogen, Entscheidungsbefugnisse delegiert
015 werden. Das militärische Führungssystem ist wie der Kommandoweg
016 hierarchich gestuft. Das Planungssystem, das alle planenden
017 Stellen des Verteidigungsressorts einschließt, arbeitet nach dem
018 dialogischen Prinzip. Beide Systeme müssen, was Informationen
019 und Daten anlangt, aufeinander abgestimmt sein. Sie treffen in
020 einer gemeinsamen Entscheidungsspitze zu sammen. Das
021 Planungssystem ist vorwiegend auf nationale Bedürfnisse
022 zugeschnitten, das Führungssystem mit dem der NATO an vielen
023 Stellen verknüpft. Führung. Spitzengliederung.
024 Der Bundesminister der Verteidigung ist - über die
025 Kompetenzen eines Ressortchefs hinaus - im Frieden Inhaber der
026 Befehlsgewalt und Kommandogewalt, mithin höchster
027 Vorgesetzter aller Soldaten und der zivilen Mitarbeiter. Diesen
028 Aufgaben entspricht die organisatorische Gliederung des
029 Verteidigungsministeriums. Der Minister und drei
030 Staatssekretäre bilden die Leitung. Sie arbeitet, unbeschadet
031 der Gesamtverantwortung des Ministers, als Kollegium. Der
032 Generalinspekteur wirkt in der Regel im Kollegium mit. Die
033 Arbeitsteilung im Leitungskollegium ist nicht mit der Organisation
034 des Ministeriums identisch. Dem Minister bleiben Angelegenheiten
035 grundsätzlicher, vornehmlich polotischer Bedeutung vorbehalten,
036 dazu die Befehlsgewalt und Kommandogewalt. Schwerpunkt
037 der Tätigkeit des Parlamentarischen Staatssekretärs liegt in der
038 politischen Unterstützung des Ministers, vor allem gegenüber dem
039 Parlament. Ein Staatssekretär ist mit administrativen Aufgaben
040 betraut, einem Staatssekretär obliegen technische und
041 wirtschaftliche Angelegenheiten. Die Organisation des
042 Bundesministeriums der Verteidigung, im März 1970 neu geordnet,
043 hat sich bewährt. Abweichend von der sonst üblichen
044 Behörenpyramide sind die Organisationselemente, die der Leitung
045 unmittelbar unterstehen, nach den Regeln der Teamarbeit gruppiert.
046 Dieses Prinzip wird institutionell in der ständigen
047 Abteilungsleiterkonferenz und im militärischen Führungsrat
048 verwirklicht. Vier Stäbe unterstützen unmittelbar die Leitung.
049 Der Leitungsstab ist der in Referate gegliederte Arbeitsstab des
050 Ministers und der Staatssekretäre. Er umfaßt auch das frühere
051 Parlamentreferat und Kabinettreferat, das
052 Protokollreferat und das Referat Ermittlung in Sonderfällen,
053 Verhalten im Verkehr mit der Wirtschaft. Im Informations
054 stab und Pressestab ist seit Oktober 1970 die Presse
055 arbeit und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Nachwuchswerbung
056 der Bundeswehr zusammengefaßt. Der Planungsstab assitiert der
057 Leitung bei Entscheidungen über die militärstrategischen und
058 verteidigungspolitischen Grundlagen und bei der Planungskontrolle
059 nach Zeit, Wirksamkeit und Konsequenzen. Der Organisationsstab
060 behandelt Grundsatzangelegenheiten der Bundeswehr-Organisation
061 und bearbeitet Organisationsaufgaben im Ministerium. Dem
062 Leitungskreis sind auf der millitärischen Seite der
063 Generalinspekteur der Bundeswehr, die Inspekteure von Heer,
064 Luftwaffe und Marine und der Inspekteur des Sanitätswesens
065 Gesundheitswesens zugeordnet. Auf der zivilen Seite sind es
066 der Hauptabteilungsleiter Rüstung mit seinen Vertretern Technik
067 und Wirtschaft und der Hauptabteilungsleiter Administrative
068 Angelegenheiten mit einer Abteilung für Verwaltung und Recht,
069 einer Abteilung für Unterbringung und Liegenschaften und einer
070 neugebildeten Sozialabteilung. Die Abteilungsleiter Haushalt und
071 Personal unterstehen unmittelbar der Leitung. Die im Herbst 1971
072 eingerichtete Sozialabteilung hat Unterabteilungen für allgemeine
073 Sozialangelegenheiten und Fürsorgeangelegenheiten sowie
074 Betreuung und für soziale Sicherung der Soldaten, Beamten.,
075 Angestellten und Arbeiter. Der Hauptpersonalrat vertritt die
076 Interessen aller zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr. Die
077 Angehörigen des Ministeriums vertritt der Personalrat. In
078 gleicher Weise bestehen bei den nachgeordneten Dienststellen
079 Personalräte. Im Hauptpersonalrat wie im Personalrat sind auch
080 Soldaten vertreten. Militärische Führungsstäbe.
081 Der Generalinspekteur der Bundeswehr ist seit März 1970 dem
082 Bundesminister der Verteidigung verantwortlich für Entwicklung
083 und Realisierung einer Gesamtkonzeption der militärischen
084 Verteidigung. Er ist militärischer Berater der Bundesregierung
085 und des Bundesministers der Verteidigung. Für Fragen der
086 Erziehung und Bildung in den Streitkräften und zur Beobachtung
087 ihrer inneren Ordnung wurde im August 1970 ein " Beauftragter
088 für Erziehung und Bildung beim Generalinspekteur der Bundeswehr "
089 bestellt. Sein Aufgabengebiet ist am 1.Oktober 1971
090 erweitert worden. Er koordiniert nun auch die Planung und
091 Verwirklichung des neuen Bildungskonzepts und
092 Ausbildungskonzepts und die Arbeiten für eine neue
093 Personalstruktur der Streikräfte. Die Inspekteure sind
094 truppendienstliche Vorgesetzte ihrer Teilstreitkraft, was
095 Disziplinargewalt einschließt; sie sind dem Minister unmittelbar
096 für die Einsatzbereitschaft ihrer Teilstreitkraft verantwortlich.
097 Im übrigen unterstehen die dem Generalinspektuer. Diesen
098 Zuständigkeiten entspricht die Umgliederung der Führungsstäbe,
099 die im März 1971 abgeschlossen worden ist. Sie schuf
100 Organisationsformen, die den international üblichen angepaßt sind.
101 Die Unterabteilungen wurden in Stabsabteilungen umbenannt. Die
102 Organisation der Führungsstäbe von Heer, Luftwaffe und Marine
103 deckt sich weitgehend mit dieser Aufgabenteilung. Bei ihnen fehlt
104 die Militärpolitik; sie haben die Aufgaben Fernmeldewesen und
105 Elektronik zusätzlich in die Stabsabteilung 3 aufgenommen. In
106 der Stabsabteilung 7 jeder Teilstreitkraft werden Planung und
107 Einführung von Waffensystemen bearbeitet. Die Neuordnung des
108 Rüstungsbereichs verstärkt die Mitwirkung des Generalinspekteurs,
109 seines Stellvertreters und der Inspekteure der Teilstreitkräfte
110 bei der Rüstungsplanung. Das entspricht der Verantwortung der
111 Inspekteure für die Planung und ihrer Mitverantwortung bei
112 Ntwicklung und Beschaffung von Waffensystemen. Die
113 Zusammenarbeit der Führungsstäbe mit der Personalabtel **In1
114 Personalabteilung gilt vor allem der strukturellen und quantitativen
115 Personalplanung. Personalberaterausschüsse erleichtern den
116 Inspekteuren ihre Vorschläge für die Personalauswahl. Neue
117 Heeresstruktur. Das Heer wurde in den letzten Jahren
118 umgegliedert. Gründe: die Strategie der Flexiblen Reaktion,
119 die Fusion des Heeres mit der Territorialen Verteidigung,
120 personelle und finanzielle Schwierigkeiten. Mit dieser
121 Umgliederung, die Anfang 1969 begonnen wurde und im wesentlichen
122 abgeschlossen ist, liegt die Verantwortung für Feldheer und
123 Terrotoriale Verteidigung in einer Hand. Gliederung und
124 Ausrüstung von Großverbänden wurden den geographischen
125 Verhältnissen in der Bundesrepublik so weit wie möglich angepaßt.
126 Das Heer besteht nun aus Feldheer und Territorialheer. Die
127 drei Korps des Feldheeres (insgesamt rund 248000 Mann im Frieden)
128 sind für die Assignierung unter NATO-Kommando vorgesehen.
129 Das Territorialheer mit Stäben, Truppen und Einrichtungen
130 (insgesamt rund 66000 Mann im Frieden) verbleibt nach Vereinbarung
131 mit dem Bündnis auch im Verteidigungsfall unter nationaler
132 Führung. Etappen der Umgliederung: Das Kommando
133 Territoriale Verteidigung wurde im März 1970 aufgelöst; der
134 Führungsstab des Heeres übernahm die Mehrzahl der Aufgaben.
135 Die Stäbe der Deutschen Bevollmächtigten Nord in
136 Mönchengladbach und Mitte in Heidelberg sowie das
137 Wehrbereichskommando 1 in Schleswig-Holstein wurden
138 Territirialkommandos: Führungsstäbe, die als nationale
139 Partner der NATO-Heeresgruppen undNato-
140 Luftflotten für die Operationsfreiheit aller verbündeten Truppen
141 in der Bundesrepublik verantwortlich sind. Mit der
142 Zusammenfassung von zehn logistischen Stäben zu vier
143 Vesorgungskommandos wurde ein rationelles, im Frieden wie im
144 Verteidigungsfall praktikables logistisches System geschaffen.
145 Zwei Panzergrenadierdivisionen wurden Jägerdivisionen, für den
146 Kampf in schwierigem Gelände und im Mittelgebirge gegliedert und
147 bewaffnet. Aus dadurch freigewordenen Verbänden entstanden zwei
148 Panzerregimenter als Korpsverfügungstruppe. Ein drittes
149 Panzerregiment ist vorgesehen. Die Panzergrenadierbrigaden
150 bestehen nun einheitlich aus mechanisierten Bataillonen. Die
151 freigewordenen motorisierten Grenadierbataillone bilden den
152 Grundstock für drei von sechs geplanten Heimatschutzkommandos.
153 Mit ihren verstärkten Jägerregimentern sind die
154 Heimatschutzkommandos Kern der Kampftruppen des Territorialheeres.
155 Im Frieden bilden sie auch Rekruten und Reservisten des
156 Feldheeres aus. Die dritte Luftlandebrigade wurde aufgestellt,
157 so daß jedes Korps im Einsatz über eine Luftlandebrigade
158 verfügt. Die Lufttransportkapazität des Heeres ist in
159 Heeresfliegerkommandos bei den Korps zusammengefaßt. 18
160 Batterien Panzerhaubitzen von Kaliber 155 Millimeter verstärken
161 die Artillerie der Brigaden, 22 Batterien Mehrfach-
162 Feldraketenwerfer die der Divisionen. Planübungen,
163 Stabsübungen und Truppenübungen haben inzwischen den
164 Nutzen der Umgliederung bestätigt. Die neuen Divisions
165 typen und Regimentstypen haben sich bewährt. Bei einer
166 Firedenssärke des Heeres von 314 000 Soldaten ist die notwendige
167 Zahl an präsenten Kampfverbänden nur durch abgestufte Präsenz
168 der Korpstruppen und der Truppen des Territorialheeres erreichbar.
169 Hauptschwierigkeit des Heeres bleibt es, mit dem knappen
170 Personalumfang die 33 Brigaden, die der NATO unterstellt
171 werden, sowohl auszubilden als auch präsent zu halten.
172 Neugliederung der Luftwaffe. Die Luftwaffe hat seit dem 1.
173 April 1971 eine neue Kommandostruktur. Sie gleicht der
174 Organisationform verbündeter Luftwaffen und berücksichtigt die
175 technische Spezialisierung, die Bindungen an NATO-
176 Kommandobehörden und die nationale Zustandigkeit für
177 Einsatzbereitschaft und Versorgung. Die Mehrzahl der neuen
178 Kommandobehörden hat zugleich die Aufgaben von Fachkommandos.
179 Fachliche und truppendienstliche Unterstellung stimmen in diesen
180 Kommandos überein. Damit kann die Arbeit der dort eingesetzten
181 Spezialisten für die gesamte Luftwaffe - zum Teil für die
182 gesamte Bundeswehr - besser genutzt werden. Dem Inspekteur der
183 Luftwaffe unterstehen jetzt truppendienstlich das
184 Luftflottenkommando, das Luftwaffenunterstützungskommando und das
185 Luftwaffenamt. Das Luftwaffenkommando (rund 51 600 Soldaten)
186 leitet die Einsatzvorbereitungen der Kampfverbände und arbeitet
187 mit den Höheren Kommandobehörden des Heeres und der Marine
188 sowie mit den NATO-Befehlsstellen (2.und 4.ATAF)
189 zusammen. Ihm unterstehen die vier Luftwaffendivisionen. Das
190 Luftwaffenunterstützungskommando (rund 17 500 Soldaten)
191 unterstützt die fliegenden Verbände im Einsatz und versorgt sie
192 materiell. Ihm unterstehen dazu das Materialamt der Luftwaffe
193 sowie die Luftwaffenunterstützungsgruppen Nord in Münster und
194 Süd in Karlsruhe, die als regionale Fachkommandos mit den
195 Territorialkommandos des Heeres und mit den Wehrbereichskommandos
196 zusammenarbeiten. Das Luftwaffenamt (rund 30 000 Soldaten)
197 nimmt Zentralaufgaben für die Luftwaffe und für die gesamte
198 Bundeswehr wahr und ist vorgesetzte Kommandobehörde für das
199 Luftwaffenausbildungskommando, das
200 Luftwaffenführungsdienstkommando und das Lufttransportkommando.
201 Der Generalarzt der Luftwaffe, der General für
202 Luftwaffenangelegenheiten der Rüstung und der General
203 Flugsicherheit in der Bundeswehr sowie das Amt für Wehrgeophysik,
204 die Luftwaffeninspizientengruppe und die Stammdienststelle der
205 Luftwaffe sind in das Amt eingegliedert oder ihm truppendienstlich
206 unterstellt. Organisation der Marine. Die
207 Organisation der Marine blieb unverändert. Unterhalb des
208 Führungsstabes der Marine gibt es zwischen Flottenkommando und
209 Marineamt folgende Arbeitsteilung: das Flottenkommando in
210 Glücksburg (Ostsee) führt die Einsatzverbände und
211 Unterstützungsverbände (im Frieden rund 22 300 von insgesamt 35
212 900 Mann). Der Befehlshaber der Flotte ist als FLAG
213 OFFICER GERMANY zugleich NATO-Befehlshaber und
214 untersteht insoweit dem COMANDER ALLIED NAVEL
215 FORCES BALTIC APROACHES (Befehlshaber
216 Alliierter Seestreitkräfte Ostseezugänge). Das Marineamt in
217 Wilhelmshaven bearbeitet zentrale Aufgaben für die Marine und ist
218 verantwortlich für die Bereitstellung ausgebildeten Personals.
219 Ein Unternehmen für Planungsberatung hat seit 1970
220 Effektivität und Wirtschaftlichkeit der Organisation des
221 Marineamtes, der nachgeordneten Einrichtungen und der
222 Unterstützungsverbände der Flotte geprüft. Die Ergebnisse und
223 die Anpassungsmaßnahmen aufgrund der Neuordnung des
224 Rüstungsbereiches werden zu einer modifizierten Organisation
225 führen. Sanitätswesen und Gesundheitswesen.
226 Alle Dienststellen mit sanitätsdienstlichen Aufgaben für die
227 gesamte Bundeswehr sind 1970 unter dem Sanitätsamt als Zentrale
228 Sanitäts-Dienststellen der Bundeswehr zusammengefaßt worden.
229 Sie unterstehen truppendienstlich dem Inspekteur des Sanitäts
230 wesens und Gesundheitswesens. Das Sanitätsamt ist unter
231 anderem zuständig für fachärztliche Behandlung und
232 Begutachtung in Bundeswehrkrankenhäusern, ärztliche
233 Feststellung von Wehrdienstbeschädigungsfolgen, fachliche
234 Untersuchungen und Forschungsvorhaben in Sanitätseinrichtungen,
235 Ausbildung und Fortbildung von Sanitätspersonal aller
236 Dienstgrade an den Krankenpflegeschulen und an der
237 Sanitätsakademie der Bundeswehr, Lebensmittelüberwachung für
238 die Bundeswehr. Gestützt auf die Ergebnisse
239 wehrmedizinischer Forschung trägt die medizinische Ergonomie zur
240 Planung und Entwicklung moderner Waffensysteme biologische
241 Erkenntnisse bei, damit das Gerät den Möglichkeiten des
242 Menschen optimal angepaßt wird. Es kommt darauf an, die
243 funktionale Beziehung Mensch-Maschine-Umwelt nach den
244 menschlichen Leistungsgrenzen und Belastungsgrenzen zu
245 gestalten. Die arbeitsmedizinische Überwachung von Soldaten und
246 zivilen Mitarbeitern soll Gefahren für die Gesundheit infolge des
247 Dienstes mindern. Vorwiegend Truppenärzte leisten diese Arbeit.
248 Krankenhäuser und andere Einrichtungen des Sanitätsdienstes
249 werden die diagnostischen und gewerbehygienischen Untersuchungen
250 anstellen. Die Musterungszentren in Hamburg und Nürnberg und
251 das neue in Köln (seit 1971) haben sich medizinisch und
252 organisatorisch bewährt. Weitere Zentren werden in Düsseldorf,
253 Frankfurt am Main und München sowie in Hannover und Stuttgart
254 eingerichtet. Zentrale Militärische Bundeswehrdienststellen
255 Für Aufgaben, die nicht den Teilstreitkräften oder dem
256 Sanitätswesen und Gesundheitswesen obliegen, sind die
257 Zentralen Militärischen Bundeswehrdienststellen zuständig. Sie
258 bilden eine eigene Organisation innerhalb der Streitkräfte, zu
259 der im Inland meist Ämter, Akademien und Schulen, im Ausland
260 logistische Einrichtungen, die deutschen Anteile bei NATO-
261 Militärbehörden und die Verteidigungsattach1e stäbe bei den
262 deutschen Botschaften gehören. Der Organisationserlaß vom 21.
263 März 1970 hat diese Dienststellen, die bis dahin unmittelbar
264 dem Bundesminister der Verteidigung nachgeordnet waren, dem
265 Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr
266 truppendienstlich, mithin auch disziplinar, unterstellt. Einen
267 besonderen Platz nimmt das Bundeswehramt ein. Es erfüllt
268 gemeinsame Aufgaben für die Teilstreitkräfte, zum Beispiel im
269 Fernmeldedienst, im Verkehrswesen und in Fragen der
270 Militärgeographie. Außerdem ist es verantwortlich für
271 Verteidigungsdokumentation, Reservistenarbeit, Kraftfahrwesen
272 und Militärmusik. Das Bundeswehramt hat auch zentrale Aufgaben,
273 die bei der Umgliederung aus dem Führungsstab der Streitkräfte
274 dorthin abgegeben wurden. Nach Abschluß dieser organisatorischen
275 Umstellungen im Jahre 1970 wurden Ausbildungseinrichtungen und
276 logistische Dienststellen des zentralen Bereichs nach einem
277 Schwerpunktprogramm erweitert. Militärische Führungssysteme
278 Führung ist heute komplizierter als früher. Die
279 Informationsmenge hat sich vervielfacht, die Waffensysteme wirken
280 schneller, Reaktionszeiten für operative oder taktische
281 Entscheidungen müssen kürzer sein. Das zwingt dazu,
282 Führungsaufgaben zu spezialisieren und moderne Führungssysteme zu
283 nutzen. Die Spezialisierung wird am Beispiel eines
284 Divisionsstabes deutlich. Der höhere Personalaufwand im
285 Divisionsstab wurde notwendig, weil die Panzerdivision größer
286 und beweglicher geworden ist und mehr Feuerkraft hat. Die
287 Panzerdivision von 1939 hatte 11 500 Soldaten mit 2 375 Fahrzeugen
288 (davon 22 Kampfpanzer); die Panzerdivision heute hat 23 600
289 Soldaten mit 5 725 Fahrzeugen (davon 315 Kampfpanzer). Der
290 Personalumfang ist also um 105 Prozent, die Zahl der Fahrzeuge
291 um 140 Prozent größer geworden. Der Divisionsstab wuchs dagegen
292 nur um 46 Prozent von 112 auf 164 Mann, weil Stäbe nicht
293 beliebig vergrößert werden dürfen. Die Tätigkeit von vielen
294 Spezialisten kann nur schwer koordiniert werden. Neue
295 Führungsverfahren und technische Ausrüstung, mithin neue
296 Führungssysteme helfen weiter. In einem Gefechtsstand zum
297 Beispiel für die Einsatzführung von Luftangriffensverbänden
298 werden für das Lagebild bis zu 100 000 Informationen über
299 Flugplätze, Flugzeuge, Waffen und Personal benötigt. Mit
300 der Verarbeitung kontinuierlich einlaufender Meldungen sind
301 Soldaten in Kompaniestärke rund um die Uhr beschäftigt. Die
302 Flut an Informationen erlaubt dennoch nur eine skizzenhafte
303 Darstellung der Lage, die dann oft genug schon von der
304 Entwicklung überholt ist. Übertragungsfehler sind nicht
305 auszuschließen.
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