Quelle Nummer 182
Rubrik 02 : RELIGION Unterrubrik 02.24 : PRAKTISCHE
INTERVIEW ZUR KIRCHENSTRUKTURREFORM
DIE REFORM DER KIRCHENSTRUKTUR IST UEBERFAELLIG,
GESPRAECH MIT VIZEPRAESIDENT D. DR. RUDOLF WEEBER
IN: EVANGELISCHE KOMMENTARE 1, 1971, S. 29-31
MONATSSCHRIFT ZUM ZEITGESCHEHEN IN KIRCHE UND GE-
SELLSCHAFT, KRANZ VERLAG, STUTTGART
001 Die Reform der Kirchenstruktur ist überfällig.
002 Evangelische Komentare: Das Wort " Kirchenreform ", vor
003 kurzem noch viel gebraucht, scheint aus der Mode zu kommen und
004 durch den Begriff " Strukturreform " ersetzt zu werden. Was
005 meint " Strukturreform " im Unterschied zum globalen Begriff
006 " Kirchenreform ", und welcher Aspekt von Kirchenreform wird damit
007 bezeichnet? Vizepräsident D. Dr. Rudolf Weeber:
008 Es mag sein, daß der Gebrauch des Kennworts
009 Kirchenreform zurückgeht. Das heißt aber, wie ich meine,
010 keineswegs, daß auch die Sache verschwindet. Vielleicht ist
011 heute das, was mit dem etwas undeutlichen Wort Kirchenreform
012 gemeint war, in ein Stadium des Experimentierens getreten. Von
013 diesem Experimentieren ist kaum ein Arbeitsfeld der Kirche
014 unberührt geblieben. Das bedeutet, daß die kritische Anfrage
015 nicht verstummt ist, ob die überkommenen Formen und Arbeitsweisen
016 unseres kirchlichen Dienstes unter den heutigen Bedingungen noch
017 die besten sind. Im Experiment kommt, wie mir scheint, die
018 Grenze des Machbaren in der Kirche zum Vorschein. Die
019 Erfahrung wird es bei jedem Experiment über kurz oder lang an den
020 Tag bringen. Wenn heute die Aufmerksamkeit besonders auf die
021 Strukturen der kirchlichen Arbeit gerichtet wird, so scheint mir
022 eine Eingrenzung auf das Faßbare, also auf das Verfaßtsein,
023 auf die Verfassung im weiten Sinn dieses Wortes, vorzuliegen.
024 Strukturreform ist ein Teilaspekt dessen, was wir Kirchenreform
025 nennen. Eine Struktur der Reformen liegt weithin im Bereich des
026 Gestalterisch Möglichen. Kommentare: Was sind Anlaß
027 und Grund für die heute diskutierte Verfassungsreform der Kirche,
028 für die als notwendig bezeichnete Änderung der Grundordnung der
029 Evangelischen Kirche in Deutschland? Weeber: Alle
030 Kundigen stimmen überein, daß die Grundordnung der EKD vom
031 Jahre 1948 deren Verfassungswirklichkeit heute nicht mehr
032 zutreffend zum Ausdruck bringt. Die Gemeinschaft der deutschen
033 evangelischen Christenheit ist über den Bund lutherischer,
034 reformierter und unierter Kirchen hinausgewachsen. Bei zahlreichen
035 missionarischen und diakonischen Aufgaben verdichtete sich die
036 Gemeinsamkeit der Gliedkirchen zu gemeinsamen Aktionen.
037 Bemerkenswert ist auch der rasche Wandel zur Offeneheit und
038 Bereitschaft, mit anderen Kirchen zusammenzuarbeiten und die bis
039 1945 bestehende Isolierung gegenüber der Ökumene zu durchbrechen.
040 Diese schon seit vielen Jahren zu beobachtenden Veränderungen
041 sind Grund und Anlaß für die heute diskutierte Verfassungsreform.
042 Die Institutionen des Kirchenbundes von 1948 und seine
043 strukturelle Gliederung sind nicht darauf angelegt, die heute
044 vorliegenden, gemeinsamen zu lösenden Aufgaben in sachgemäßer
045 Weise durchzuführen. Die Verfassungsreform und
046 Strukturreform der EKD ist überfällig. Kommentare:
047 Welche Rolle spielt die Gründung des " Bundes der
048 Evangelischen Kirchen in der DDR " für den Beginn der
049 Diskussion über die Strukturreform? Weeber: Die
050 Bemühungen, an der Gemeinschaft der evangelischen Christenheit
051 in der Bundesrepublik und in der Deutschen Demokratischen
052 Republik nicht allein spirituell, sondern auch institutionell in
053 einer regional in Ost und West gegliederten EKD festzuhalten,
054 ist durch politische Entscheidungen in der DDR unmöglich gemacht
055 worden. Die Rücksicht auf den Fortbestand institutioneller
056 kirchlicher Ost-West-Verbindungen war bisher zweifellos
057 ein Hinderungsgrund, die von der Aufgabe her gebotene Struktur
058 änderung und Verfassungsänderung schon früher in
059 Angriff zu nehmen. Dies kann von den Kirchen in der DDR ebenso
060 gesagt werden wie von unseren Kirchen hier. Alsbald nach der
061 Gründung des " Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR "
062 haben diese Kirchen Vorarbeiten aufgenommen, die zu einer
063 engeren Gemeinschaft führen sollen. Auch die Kirchen drüben
064 stehen nämlich vor der Frage, wie sie ihren Auftrag in ihrer
065 Umwelt besser wahrnehmen könnten. Diese Frage und nicht etwa
066 eine Aufkündigung der geistlichen Gemeinschaft mit den
067 evangelischen Christen hierzulande war ja für die Kirchen drüben
068 der Anlaß zur Gründung des " Bundes der Evangelischen Kirchen
069 in der DDR ". Kommentare: Ist die Evangelische
070 Kirche in Deutschland nach Ihrer Meinung durch die Trennung der
071 bisherigen östlichen Gliedkirchen in Frage gestellt? Sollte
072 eine neue Gemeinschaft gegründet oder zumindest ein neuer Name
073 gewählt werden? Weeber: Ihre Fragen sind zu verneinen.
074 Die Tatsache, daß die Funktionen der EKD drüben erloschen
075 sind, und daß es drüben keine Organe, keine Adressen der EKD
076 mehr gibt, ändert am Fortbestand dieser EKD in unserem Bereich
077 nichts. Die früheren Rechte und Verbindlichkeiten der EKD im
078 Bereich der DDR hat der Bund drüben ausdrücklich übernommen.
079 Die EKD hat seit der Gründung des Kirchenbundes drüben hier
080 in ihrer westlichen Region weitergearbeitet als die EKD-
081 Gemeinschaft, die sie heute wirklich darstellt. Sie bedarf keiner
082 Neugründung. Die Frage nach dem Namen scheint mir nicht
083 vordringlich zu sein. Auf erfahrungsgemäß rasch wechselnde
084 Propagandawinde sollte man nicht allzuschnell einschwenken, sonst
085 kommt man aus dem Drehen nicht heraus. Die Behauptung einer
086 Bevormundung der Kirchen drüben durch die westlichen Kirchen ist
087 in keiner Weise sachlich begründet. Kurzum, es gibt Wichtigeres
088 als die Frage nach einer Namensänderung der EKD.
089 Kommentare: Auf der letzten Synode der EKD ist diese
090 Frage ja besonders heftig diskutiert worden, und dabei wurde vor
091 allem auch das Argument ins Feld geführt, daß die Beibehaltung
092 des bisherigen Namens mit " Deutschland " eine Belastung für
093 die Kirchen drüben sein könnte. Weeber: Darüber gibt
094 es sehr unterschiedliche Auffassungen. Mir ist nicht bekannt,
095 daß von den Kirchen drüben eine Erwartung zum Ausdruck gebracht
096 worden wäre, daß die EKD ihren Namen ändert. Im übrigen
097 enthält der Name der EKD ja den Namen, den auch die
098 Bundesrepublik führt. Kommentare: Was sind denn nun
099 die wichtigsten Aufgaben der bevorstehenden Strukturreform
100 und Verfassungsreform? Weeber: Für vordringlich
101 notwendig halte ich eine Bestandsaufnahme der gesamtkirchlichen
102 Dienste. Aus einer solchen Bestandsaufnahme wird sich ergeben,
103 daß die in der Grundordnung der EKD angelegte Gliederung der in
104 der EKD möglichen Dienstgemeinschaft hinter der Entwicklung
105 zurückgeblieben ist. Eher neben als innerhalb der EKD wurden,
106 gewissermaßen ersatzweise, in Gruppierungen von Landeskirchen
107 oder in kirchlichen Werken und Verbänden, oft mit Unterstützung
108 durch die EKD oder durch Gliedkirchen, gesamtkirchliche
109 Aufgaben in Angriff genommen. Dies führte zu einem Geflecht von
110 Organisationen und Verpflichtungen und entsprechender Mühsal im
111 Arbeitsvollzug, daß Änderungen dringend notwendig erscheinen.
112 Eine bestmögliche Effizienz der investierten Zeit und Kraft
113 wurde auf solche Weise kaum erzielt. Die notwendige
114 Bestandsaufnahme könnte zu einer besseren Planung gemeinsamer
115 Dienste, zu einer sachgemäßen Zuordnung von Aufgaben, zu
116 strukturell-institutionellen Änderungen und damit zu einem
117 vernünftigen Einsatz von Zeit, Kraft und Geld sowie zu
118 Absprachen über die Bildung von Schwerpunkten und Prioritäten
119 Anlaß geben. Kommentare: Es geht bei dieser Reform
120 unter anderem ja um die Überwindung des landeskirchlichen
121 Partikularismus, um eine größere innere Einheit der
122 Evangelischen Kirche in Deutschland bis hin zu dem, allerdings
123 umstrittenenen, Begriff der " Bundeskirche ", die an die
124 Stelle des jetzigen Kirchenbundes treten soll. Welcher
125 theologische Kirchenbegriff liegt dem in der Strukturdebatte
126 notwendigerweise oft juristischen Reden von " Kirche " zugrunde?
127 Weeber: Schon in der EKD-Synode in Stuttgart
128 im Mai 1970 wurde gegen den Begriff "Bundeskirche " Einwände
129 erhoben. Das Wort " Bundeskirche " wurde dann zur Erläuterung
130 dessen, was an die Stelle des heutigen Bundes bekenntnisbestimmter
131 Gliedkirchen treten soll (nämlich eine engere Gemeinschaft der
132 Gliedkirchen), beigefügt. Es wird richtig sein, auf diese
133 Anleihe aus dem Staatsrecht zu verzichten. Sie ist durchaus
134 entbehrlich. Die EKD sollte als Kirchengemeinschaft erklärt
135 und verstanden werden. Die württembergische Evangelische Kirche
136 hat übrigens diese Auffassung schon bei den Verhandlungen, die
137 nach 1945 zur EKD führten, vertreten. Heute scheint es
138 möglich zu sein, darüber ein Einvernehmen unter allen
139 Beteiligten herzustellen. Man sollte in Verfassungsfragen der
140 Kirche bei den Zielsetzungen das heute Erreichbare - nicht
141 weniger, aber auch nicht mehr - anstreben. Es gibt nach wie vor
142 unterschiedliche Auffassungen darüber, was an Übereinstimmung in
143 der Lehre der Kirche gegeben sein muß, bevor eine Gemeinschaft,
144 in der das Evangelium verkündigt und die Sakramente verwaltet
145 werden, als Kirche anerkannt werden kann. Im Unterschied zu der
146 Zeit vor 25 Jahren scheint nun heute eine Übereinstimmung im
147 fundamentalen, reformatorischen Bekenntnisgehalt in der Weise
148 möglich zu sein, daß die reformatorischen Kirchen sich in einer
149 Kirchengemeinschaft verbinden können, indem sie darin ihr
150 Kirchesein wechselseitig anerkennen und miteinander auch
151 praktizieren, ohne genötigt zu sein, ihr je eigenes, durch ihr
152 Bekenntnis bestimmtes Selbstverständnis aufgeben zu müssen. Die
153 Kirchengemeinschaft kann als Kirche im Werden verstanden werden.
154 Kommentare: Sie haben den staatsrechtlichen Begriff des
155 Bundes gegen den von Ihnen nun ins Spiel gebrachten
156 Begriff der Kirchengemeinschaft abgegrenzt. Worin sehen
157 Sie als Jurist die Unterscheidung zwischen diesen beiden
158 Begriffen? Weeber: Die Bundeskirche scheint mir in
159 rechtlicher Betrachtung noch zu stark auf eine föderale Struktur
160 abzuheben, während mir die Kirchengemeinschaft den Begriff
161 ekklesiologisch dichter zu füllen scheint. Kommentare:
162 Was ist denn nun der Unterschied dieser heute angestrebten
163 Kirchengemeinschaft zu den Unionen des 19.jahrhunderts?
164 Weeber: Die Unionen des 19.Jahrhunderts haben
165 offensichtlich zu einer erheblichen Entfremdung unter den Kirchen
166 in unserem Vaterland beigetragen. Die Unionen selber sind ja in
167 sich auch unterschiedlich. Früher unterschied man zwischen
168 Konsensus-Unionen, also Kirchen, wo die
169 Bekenntnisunterschiede in einer Union aufgegangen sind, und
170 Unionskirchen, die lediglich eine Union in der Administration der
171 Kirche herbeigeführt haben. Sicher ist im Laufe der Jahrzehnte
172 hier eine Änderung eingetreten. Auf alle Fälle scheinen mir
173 aber die Probleme, welche die Unionsgeschichte des 19.
174 Jahrhunderts mit sich gebracht hat, bis auf den heutigen Tag noch
175 nicht ausdiskutiert zu sein. Es bestehen noch Vorbehalte, und
176 solange solche Vorbehalte bestehen, sollte diese Linie nicht
177 weitergeführt werden. Kommentare: Spielt das
178 Bekenntnis heute wirklich noch eine kirchentrennende Rolle?
179 Halten sie eine Einigung im Bekenntnis, etwa aufgrund der
180 Augsburgischen Konfession, wie es einigen Lutheranern vorschwebt,
181 für möglich? Weeber: Was ich eben zur
182 Kirchengemeinschaft gesagt habe, scheint mir heute möglich
183 geworden zu sein, weil verschiedene lutherisch-reformierte
184 Lehrgespräche, die in den Vereinigten Staaten von Amerika, in
185 Europa und in Deutschland in den letzten Jahren geführt wurden,
186 übereinstimmend zu der Feststellung gelangten, daß die
187 verschiedenen reformatorischen Bekenntnisse keine kirchentrennende
188 Bedeutung mehr haben. Die Frage, ob im Bereich der EKD heute
189 eine Einigung im Bekenntnis, etwa aufgrund der Augsburgischen
190 Konfession, möglich sei, scheint nicht mehr diskutiert zu werden,
191 vielleicht aus einer Rücksicht gegenüber unseren reformierten
192 Kirchen. Wohl aber sollen die Gliedkirchen, ihre Synoden,
193 Gemeinden und Mitarbeiter jetzt die Ergebnisse der erwähnten
194 Lehrgespräche, nämlich die " Thesen zur Kirchengemeinschaft ",
195 prüfen und dazu Stellung nehmen. Ausserdem warten wir auf eine
196 aktuelle Glaubenserklärung, an der eine Kommission der
197 Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche und der Kirchen
198 der Arnoldshainer Konferenz arbeitet. Kommentare:
199 Woran liegt es wohl, daß es offenbar ein so weiter Weg ist von
200 der Lehrübereinstimmung von Theologen und Kirchenführern, die
201 es bei den Lehrgesprächen auf deutscher und europäischer Ebene
202 doch jetzt schon gibt, bis hin zur Vereinigung der Kirchen?
203 Weeber: Ich möchte annehmen, daß die erfreuliche Tatsache
204 einer Verständigung in den lutherisch-reformierten
205 Lehrgesprächen zunächst in den Gliedkirchen und in ihren
206 Gemeinden rezipiert werden muß. Es muß vermieden werden, daß
207 eine Gruppe leitender Männer vorausmarschiert und die Verbindung
208 zum Gros der Gemeinden und ihrer Glieder verliert.
209 Kommentare: Sind es wirklich die Gemeinden und ihre Glieder,
210 oder ist es nicht eher die Schicht der Pfarrer, die hier
211 eventuell Widerstand leisten würde? Kann man nicht sagen, daß
212 im Bewußtsein der Gemeinde weithin Bekenntnisunterschiede nicht
213 mehr die Bedeutung haben, wie sie von engagierten Theologen ins
214 Spiel gebracht werden? Weeber: Ich glaube, daß das
215 sehr schwer meßbar ist. Ich bin überzeugt, daß es Landstriche
216 in den Gliedkirchen gibt, wo ein Konfessionsbewußtsein stärker
217 ist, als wir es vielleicht gemeinhin vermuten. Kommentare:
218 Um noch einmal auf eine Kernfrage der Strukturreform
219 zurückzukommen: Bedeutet sie Zentralisierung, Stärkung der
220 Evangelischen Kirche in Deutschland gegenüber den Landeskirchen?
221 Worin sehen Sie nun die Vorteile und Nachteile von
222 Zentralismus und Föderalismus in der Kirche? Weeber:
223 Ich glaube nicht, daß das Strukturproblem, vor dem wir stehen,
224 mit dem Gegensatzpaar Zentralismus-Föderalismus richtig
225 umschrieben werden kann. Von einem Zentralismus sind wir im EKD
226 -Bereich meilenweit entfernt. Er wäre angesichts der
227 Differnziertheit unserer kirchlichen oberdeutschen und
228 niederdeutschen und sonstigen Landschaft und der darin lebenden
229 Christen utopisch. Von Föderalismus möchte ich auch nicht reden.
230 Auch dieser Begriff ist wie die Bundeskirche ein
231 staatsrechtliches Darlehen. Mir liegt viel näher, von dem
232 Leitbild einer Dienstgemeinschaft auszugehen, in der man
233 gemeinsam zu tun bereit ist, was nicht um der Sache oder um des
234 Gewissens willen jeder für sich allein entscheiden muß. Das
235 Leitbild der Dienstgemeinschaft entschärft auch die Frage nach
236 dem Mehr oder Weniger an Zuständigkeit für die Organe der
237 EKD. Kommentare: Ist damit das eigentliche Problem
238 nicht umgangen oder schön umschrieben durch einen mehr geistlichen,
239 von Ihnen gerne ins Spiel gebrachten Begriff? Wenn man ihn
240 übersetzt in verfassungsrechtliche Strukturen, wird dann die
241 Frage nach einem möglichen Föderalismus und Zentralismus nicht
242 doch wieder ins Spiel kommen? Weeber: Das hängt doch
243 aber weithin dann davon ab, inwieweit es durch Absprachen
244 ermöglicht wird, Aufgaben zentral wahrnehmen zu lassen, in
245 Gruppierungen oder in einer Form der Delegation an Gliedkirchen
246 oder Verbände und Werke. Kommentare: Ein wesentlicher
247 Aspekt der geplanten Reformen bezieht sich - wie Sie am Anfang
248 andeuteten - auf die Gemeinschaftsaufgaben, denen sich das
249 deutsche Prostetantismus mehr und wirksamer als bisher zu stellen
250 hat. Welcher Art sind diese Aufgaben und wie sind sie im Auftrag
251 der Kirche her zu begründen? Weeber: Man wird nicht
252 zuviel behauptet, wenn man feststellt, daß die Aufgabe der
253 Kirche in zunehmendem Maße als Gemeinschaftsaufgaben verstanden
254 und in Angriff genommen werden müssen. Es wird hierfür schon
255 frühzeitig ein System der Kommunikation und der funktionalen
256 Gliederung eingerichtet werden müssen, dem dann aber ein
257 Instrumentarium von aufgabenbezogener Institutionen und eine
258 sachgemäße Abstufung von Empfehelungen, verbindlichen
259 Richtlinien, Rahmenordnungen, Vereinbarungen oder auch
260 gesamtkirchliche Rechtssetzung entsprechen sollten. In der
261 Erklärung der Stuttgarter EKD-Synode (Mai 1970) zum
262 künftigen Weg der EKD werden einige Gemeinschaftsaufgaben
263 genannt, deren Verankerung im Auftrag der Kirchen evident ist.
264 Dort sind etwa genannt theologische Grundsatzfragen, Diakonie und
265 Mission, Ökumene, Bildung und Erziehung, Ausbildung und
266 Fortbildung der Mitarbeiter, Öffentlichkeitsarbeit, wozu sicher
267 auch die kirchliche Publizistik gehört, kirchliche Verantwortung
268 in Staat und Gesellschaft, Mitverantwortung der Kirche für
269 Frieden und soziale Gerechtigkeit.
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