Quelle Nummer 161
Rubrik 09 : WIRTSCHAFT Unterrubrik 09.22 : WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
GUTACHTEN UEBER UNIVERSALBANKEN
HANS E. BUESCHGEN
DAS UNIVERSALBANKENSYSTEM
EIN GUTACHTEN VON DR. HANS E. BUESCHGEN, O. PROF.
DER UNIVERSITAET ZU KOELN
FRITZ KNAPP VERLAG FRANKFURT 1971, S. 40-46
(GUTACHTEN IM AUFTRAG DER "GESELLSCHAFT FUER BANK-
WISSENSCHAFTLIXCHE FORSCHUNG E.V.)
001 Die staatliche Sparförderung betonte lange Zeit, wie schon
002 gesagt, stark nur die Förderung des Kontensparens
003 und Bausparens. Es kann hier nicht geprüft werden,
004 ob diese Politik unter den jeweils gegebenen gesamtwirtschaftlichen
005 Bedingungen gerechtfertigt war. Nicht auszuschließen ist jedoch,
006 daß durch diese Förderungspolitik, die das Wertpapiersparen,
007 insbesondere den Erwerb auf dem Sekundärmarkt
008 (Markt der umlaufenden Wertpapiere), lange Zeit diskriminierte,
009 Anlagepräferenzen geschaffen oder begünstigt wurden, die der
010 heutigen Zielsetzung einer Förderung des Wertpapiersparens
011 entgegenstehen. Es wäre zu prüfen, ob nicht bei der geänderten
012 Zielsetzung des Ordnungsgebers heute im Rahmen der Sparförderung
013 eine Bevorzugung des Wertpapiersparens vor anderen Sparformen zum
014 Abbau der Präferenzen beitragen könnte und sollte. Dem
015 angeführten Postulat nach Abbau der steuerlichen Diskriminierung
016 der Ktie als Finanzierungsmittel entspricht bei
017 Überlegungen zur Erhöhung des privaten Wertpapiersparens die
018 Forderung nach Abschaffung der steuerlichen Benachteiligung der
019 Aktie als Anlageobjekt. Das private Sparen ist heute
020 nicht mehr wie etwa vor den beiden Weltkriegen auf die Gruppe der
021 Selbständigen und Rentiers konzentriert, die sich, vertraut mit
022 Chancen und Risiken der Vermögensanlage in Wertpapieren und auf
023 der Basis eines " ansehnlichen " Vermögens, in den
024 " Blütezeiten " des Effektenkapitalismus in starkem Maße an der
025 Gründungsfinanzierung und Wachstumsfinanzierung von
026 Kapitalgesellschaften beteiligten. Mit der Zunahme der
027 Masseneinkommen ist auch das Sparen ein Massenphänomen geworden.
028 Erfahrungen mit der " galoppierenden " und der " schleichenden "
029 Inflation mögen die Bereitschaft zur lang
030 fristigen Bindung beeinträchtigt und die Präferenz für das
031 kurzfristig ohne Kursverlust realisierbare Sparkonto
032 gefördert haben. Plausibler erscheint jedoch eine andere These
033 als Begründung für die Bevorzugung institutionellen Sparens:
034 Die große Gruppe der unselbständigen Einkommensbezieher ist mit
035 den Problemen, Techniken und Möglichkeiten der
036 Geldkapitalanlage zu wenig vertraut. Hieraus mag eine Neigung zu
037 problemarmen, in ihren Konsequenzen leicht überschaubaren
038 Sparformen resultieren. Die Erfolge der hierauf abgestellten
039 neueren institutionellen Sparformen (Investmentsparen,
040 Bundesschatzbrief, Sparbriefe, Sparpläne bzw.
041 " Anlagensparen " verschiedener Formen bei den Kreditinstituten)
042 stützen diese These. Das Volumen der Ersparnisse einzelner
043 Sparer ist häufig nicht groß genug, um bestimmte
044 Anlagestrategien (" cost averaging ", " Formelanlageplanung ",
045 " portfolio selection " u. a.) durchzuführen. Darüber
046 hinaus rechtfertigt erst ein bestimmtes " kritisches " Sparvolumen
047 die der rationalen Kapitalanlage vorausgehenden vorbereitenden
048 Maßnahmen und die damit verbundenen Aufwendungen an Zeit,
049 Mühen und Geld für Ermittlung der Anlagemöglichkeiten,
050 Analyse der Anlagealternativen, ständige Beobachtung der die
051 Chancen und Risiken von Kapitalanlagen beeinflussenden
052 wirtschaftlichen und außerwirtschaftlichen Einflußgrößen usw..
053 Durch den Abbau von psychologischen Hemmnissen in der
054 Anlegermentalität mittels Aufklärungsarbeit, insbesondere auch
055 in den Massenmedien, durch Intensivierung der Anlageberatung bei
056 den Kreditinstituten, durch Verminderung der steuerlichen
057 Doppelbelastung der Aktie (Besteuerung des Gewinnes bei der
058 Aktiengesellschaft und als Dividendee beim Aktionär) sowie
059 möglicherweise auch durch steuerliche Begünstigung des
060 Wertpapiersparens gegenuber anderen Sparformen könnte die
061 Bereitschaft der Sparer für den direkten Wertpapiererwerb
062 gefördert werden. Für derartige Bemühungen spricht auch die
063 Überlegung, daß deutsche Sparer bezüglich des
064 Wertpapierbesitzes noch einen Nachholbedarf gegenüber den privaten
065 Sparern der angelsächsischen Länder haben, deren heutige
066 Verhaltensweisen somit nicht ohne weiteres zur Beurteilung der
067 Chancen einer Erweiterung des direkten Wertpapiersparens in
068 Deutschland herangezogen werden können. Zu berücksichtigen ist
069 ferner, daß eine große Zahl von Sparern erst jetzt mit ihrem
070 Bestand an Ersparnissen in Größenordnungen hineinwächst, bei
071 denen eine Anlage in Aktien vertretbar scheint, wenn man die
072 vielerseits vertretene These akzeptiert, daß Aktienerwerb erst
073 auf der Grundlage eines angemessenen Bestandes an Spar
074 einlagen und Versicherungseinlagen - als Kapitalanlagen
075 geringeren Risikos - empfehlenswert ist. Vor dem Hintergrund
076 der genannten Argumente kann für die Bemühung um eine Ausweitung
077 des direkten Wertpapiersparens der Erfolg nicht ganz ausgeschlossen
078 werden; andererseits dürfte aus den vorstehenden Ausführungen
079 jedoch hervorgehen, daß einer Expansion des direkten
080 Wertpapiererwerbs privater Haushalte in der Bundesrepublick
081 Deutschland nicht bankensystemabhängige Grenzen gesetzt
082 sind, eine These, die rechtfertigt zu überlegen, ob und wie
083 durch Wandlungen im Bereich des institutionellen Sparens die
084 kapitalmarktpolitischen Ziele erreicht werden können. Angesichts
085 der bestehenden Struktur der privaten Ersparnis kann die
086 postulierte Versorgung der investierenden Sektoren mit
087 langfristigem Fremdkapital und risikotragendem Eigenkapital nur
088 gelingen, wenn die private Ersparnis in ihrer Zusammensetzung
089 in Richtung auf ein verstärktes Wertpapiersparen geändert und/
090 oder die Weiterleitungsfunktion der Kapitalsammelstellen in
091 stärkerem Maße mit einer verstarkten Transformation der
092 Geldanlagen hinsichtlich der Kapitalüberlassungsfrist
093 Kapitalüberlassungsart verbunden wird (Fristen
094 transvormation und Artentransformation): Ein von den
095 konjunkturabhängigen Schwankungen des Kreditgeschäftes
096 determinierter Einbau der Wertpapieranlage in die Anlagepolitik
097 der Banken ist indessen mit einem Liquiditätsrisiko
098 und Kursrisiko verbunden, das im Zeitpunkt des
099 Wertpapiererwerbs nur sehr schwer prognostizierbar ist. Bei
100 Bemühungen in Richtung auf eine Änderung der Anlagepolitik der
101 Kreditinstitute sind mögliche negative Nebenwirkungen und
102 Hemmnisse zu berücksichtigen, die hier im einzelnen nicht
103 dargestellt werden können. Die kapitalmarktpolitische
104 Bedeutung der Altersversorgungseinrichtungen hängt
105 einerseits von der Höhe der Geldvermögensbildung bei diesen
106 Institutionen ab und ist weiter bedingt durch die Anlagekriterien,
107 nach denen der jeweilige Vermögenszuwachs auf die
108 Anlagealternativen aufgeteilt und in welcher Weise das bestehende
109 Vermögen umgeschichtet wird. Bedeutsam sind demnach Umfang und
110 Qualität der Kapitalbildung. Da die staatlichen
111 Altersversorgungseinrichtungen in den wichtigsten Industrieländern
112 nicht nach dem für privatwirtschaftliche Firmen institutionellen
113 Alterssparens unverläßlichen Anwartschaftsdeckungsverfahren,
114 sondern vorwiegend nach dem Umlageverfahren arbeiten, ist der
115 Beitrag der staatlichen Altersversorgungseinrichtungen an der
116 gesamten Kapitalbildung des institutionellen Alterssparens gering.
117 Der Anteil des institutionellen Alterssparens an der gesamten
118 Ersparnisbildung ist in der Bundesrepublik Deutschland im
119 internationalen Vergleich relativ niedrig. Daß die
120 Bundesrepublik in der Zusatzversorgung und im
121 Lebensversicherungsbereich, verglichen mit anderen Ländern,
122 relativ wenig Kapital gebildet hat, dürfte mit dem hohen
123 Leistungsniveau der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung
124 zusammenhängen. Die Vermögensanlagen der privaten
125 Lebensversicherungen und ähnlicher privatwirtschaftlicher
126 Institutionen des Alterssparens sind zwar für die Bereitstellung
127 von langfristigem Fremdkapital für den Wohnungsbau
128 (Hypothekendarlehen) und für die Kapitalaufnahme durch Industrie
129 und öffentliche Hand über Schuldscheindarlehen sowie für das
130 Kapitalangebot am Rentenmarkt bedeutsam; die Alimentierung des
131 Aktienmarktes durch diese Institutionen ist jedoch gering, da der
132 Erwerb von Aktien nur innerhalb enger Grenzen und nur unter
133 bestimmten Voraussetzungen mit Genehmigung des
134 Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen und
135 Bausparwesen erlaubt ist. Dagegen ist in den angelsächsischen
136 Ländern die Kapitalbildungskraft der privaten
137 Altersversorgungseinrichtungen höher als in der Bundesrepublik.
138 Ebenso legen letztere auch stärker in Aktien an, als dies von den
139 Altersversorgungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland
140 geübt wird. Die These der Kritiker, das Universialbankensystem
141 hemme aus seiner Struktur heraus den wünschenswerten
142 Wandlungsprozeß der Spargewohnheiten, ist zunächst zumindest
143 dahingehend zu relativieren, daß primär und ganz
144 überwiegend emotional bedingte Einstellungen der Sparer zu den
145 einzelnen Sparformen, die Wirtschaftsmentalität breiter
146 Bevölkerungsschichten, Veränderungen in der soziologischen
147 Struktur der sparfähigen Bevölkerungsgruppen, historische
148 Erfahrungen mit der Kapitalvernichtung, das System der
149 Sparförderung sowie steuerliche Diskriminierung des Aktiensparens
150 als Einflußgrößen für die Präferenzstruktur der
151 Sparer anzusehen sind. Der Erziehungsprozeß und
152 Lernprozeß zu " volkskapitalistisch " denkenden und handelnden
153 Wirtschaftsbürgern, die, mit den Techniken, Chancen und
154 Risiken der verschiedenen Anlagealternativen vertraut, unter
155 rationellen Gesichtspunkten Portefeuilleentscheidungen treffen,
156 benötigt Zeit und kann ganz sicher nicht durch die Beratung
157 derKreditinstitute allein getragen werden. Die
158 Beratungsanstrengungen der Kreditinstitute müssen durch
159 flankierende Maßnahmen des Staates und anderer an der
160 Funktionsfähigkeit des Wertpapiermarktes interessierter privater
161 Organisationen begleitet werden. Eine auf bloßer Überredung
162 basierende Kapitalanlageentscheidung, die nicht zumindest im
163 Grundsätzlichen rational verarbeitet ist, ist für den dauerhaften
164 Erfolg dieser Anstrengungen gefährlich. Wenn den deutschen
165 Banken mangelnde Initiative vorgeworfen wird, so wird in den
166 USA nicht weniger die allzu " rührige " Kundenberatung,
167 Umsatzauswertung " um jeden Preis " (" overtrading ")
168 kritisiert. Die Gegensätze zwischen der Geschäftspolitik
169 amerikanischer Broker und europäischer Banken dürften nicht
170 zuletzt aus Mentalitätsunterschieden resultieren. Zu spekulativen
171 Auswüchsen trägt in den USA die Institution der
172 " salesmen " in nicht geringem Maße bei. Soweit die Broker
173 überhaupt den " Kleinverkauf " in Wertpapieren betreiben,
174 setzen sie reisende " salesman " ein. Allein schon die
175 Form ihrer Vergütung, nämlich in Form der Erfolgsprovision,
176 fordert zu " aggressiven " Verkaufsmethoden heraus. Aber selbst
177 hier kann im Wertpapiergeschäft nicht auf die Mitwirkung der
178 Kreditbanken mit ihren Filialnetzen verzichtet werden: In den
179 USA sind die Geschäftsbanken sehr aktiv in den
180 Emissionskonsortien für die Anleihen der Einzelstaaten und
181 Gemeinden. Darüber hinaus haben sie starke Wertpapier
182 abteilungen und Treuhandabteilungen, die große Aktiendepots
183 ihrer Kundschaft betreuen, einschließlich der Ausübung der
184 Stimmrechte. Die in den letzten Jahren eingeschlagenen
185 sortimentspolitischen Strategien der deutschen Universialbanken
186 lassen erkennen, daß die Kreditinstitute ihre zweifellos
187 bedeutsame Stellung im Kapitalmarktprozeß und deren Relevanz für
188 die vom Ordnungsgeber angestrebten kapitalmakrtpolitischen Ziele
189 nicht zur Konterkarierung dieser Ziele, sondern durchaus zu ihrer
190 Förderung einsetzen. Die Banken haben festgestellt, daß für
191 die Erhaltung des ohnehin durch ein ausgebautes Aufsichtswesen
192 schon eingeengten Spielraumes wirtschaftlichen Handelns die
193 Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Zielvorstellungen
194 des Ordnungsgebers als Restriktionen der einzelwirtschaftlichen
195 Geschäftspolitik den eigenen Zielen adäquat ist. Der
196 von den Kritikern des Universialbankensystems unterstellte
197 Möglichkeitsbereich in der Anlageberatung, den Wertpapiererwerb
198 zugunsten des Kontensparens zu diskriminieren, wird durch die
199 genannten Einflußgrößen weitgehend begrenzt. Für die
200 Anlageberatung der Kreditinstitute werden über
201 Wettbewerbsbeziehungen Einflüsse wirksam, die bei einer
202 Vernachlässigung der Wertpapieranlageintressen der Sparer
203 langfristig die Wettbewerbsposition derjenigen Kreditinstitute
204 schwächen, die dem Wertpapiergeschäft nicht rechtzeitig und in
205 genügendem Umfang Rechnung tragen. Im Wettbewerb um den Sparer
206 sind von den Universalbanken in den letzten Jahren
207 Marketingstrategien entwickelt worden, die neben den einzel
208 wirtschaftlichen Intentionen im Ergebnis auch den gesamt
209 wirtschaftlichen Zielen einer Verstärkung des direkten
210 Wertpapiersparens förderlich sind. Ein insbesondere unter
211 sozialpolitischen Zielsetzungen der Förderung des
212 Wertpapiersparens breiter Schichten wichtiges Problem hat sich in
213 den USA in den letzten Jahren gezeigt: Das
214 " Kleingeschäft ", die Abwicklung von Kleinaufträgen, ist
215 für die spezialisierten Wertpapierinstitute unrentabel oder nur zu
216 Konditionen möglich, die dem Kleinsparer den Wertpapiererwerb
217 eher abschreckend als anziehend erscheinen lassen. Bei den
218 erheblichen abwicklungsschwierigkeiten auf Grund gestiegenen
219 Geschäftsumfangs zahlreicher, auch großer Broker-Firmen in
220 den USA war die Einschränkung oder Einstellung des
221 Kleingeschäfts eine erste " Hilfsmaßnahme '. Es ist nicht zu
222 sehen, wer in der Bundesrepublik den " kleinen
223 " Wertpapierkunden " bedienen " sollte, wenn das
224 Wertpapiergeschäft aus den Kreditbanken, Sparkassen und
225 Genossenschaftsbanken ausgegliedert werden würde. Ohne Zweifel
226 wäre es realitätsfremd, davon auszugehen, daß die deutschen
227 Universalbanken an die kleinen Kunden " Geschenke " verteilen:
228 Vielmehr ist auch die Zielsetzung der deutschen Universalbanken
229 eindeutig Gewinnerzielung im Sinne der Zielfunktion der
230 langfristigen Gewinnmaximierung. Das Wertpapiergeschäft auch in
231 kleineren Beträgen ist in diesem Zusammenhang jedoch als
232 sortimentspolitische Strategie zu rechtfertigen, wenn zudem
233 berücksichtigt wird, daß der Kleinkunde neben seinem
234 Wertpapierdepot meist auch sein Gehaltskonto und/oder
235 Sparkonto bei der gleichen Bank unterhält und den Kleinkredit,
236 das Anschaffungsdarlehen usw. über diese Bank abwickelt. Die
237 Parole " alles unter einem Dach " hat für die Universalbank
238 akquisitorische Bedeutung, ermöglicht jedoch auch "
239 Sortimentskalkulation " mit rentabilitätsausgleichenden
240 (und damit stabilitäsfördernden) Effekten. Die ökonomischen
241 Vorteile der Arbeitsteilung, bei der eine Gesamtleistung
242 (z. B. der kommissionsweise Effektenverkauf und
243 Effekten kauf) in Teilleistungen zerlegt (Anlageberatung,
244 Handel an der Börse, Effektenabrechnung, Depotverwaltung)
245 Spezialisten übertragen wird, deren Leistungsqualität durch
246 ständige Beschäftigung mit einem bestimmten Aufgabengebiet durch
247 Erfahrung und Lernen verbessert wird, sind auch innerhalb der
248 Universalbank gegeben, sofern die einzelnen Teilbereiche ein
249 hinreichend großes Geschäftsvolumen aufweisen. Ebenso wie
250 bestimmte Spezialabteilungen großer Warenhäuser durchaus mit
251 Fachgeschäften konkurrieren können, sollten auch
252 Spezialabteilungen des " Finanzwarenhauses " Universalbank in
253 der Lage sein, mit Spezialinstituten zu konkurrieren. In einem
254 Marktwirtschaftssystem scheint ein offener Markt mit
255 leberalem Niederlassungsrecht, auf dem sich der latenten und
256 effektiven Konkurrenz bei Fehlverhalten der Universalbanken
257 Expansionsmöglichkeiten auftun, einer mit hohen Friktionen und
258 mit für das Massengeschäft schädlichen Folgen verbundenen
259 zwangsweisen Ausgliederung des Wertpapiergeschäfts vorzuziehen zu
260 sein. F Zusammenfassung. Hinsichtlich des einen
261 Schwerpunkt wirtschaftspolitischer Zielvorstellungen bildenden
262 Kapitalmarkts in der Bundesrepublik wurde nachgewiesen, daß
263 die Vielfalt der Finanzierungstätigkeiten der Universalbanken der
264 Effizienz und Funktionsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes wie
265 der langfristigen Unternehmensfinanzierung entscheidende Förderung
266 gibt, die seitens spezialisierter Institute am deutschen Markt
267 nicht erwartet werden könnte; daß die existenten Markt
268 bedingungen und Wettbewerbsbedingungen das Effektivwerden
269 potentieller konfliktären Möglichkeitsbereiche der
270 Universalbanken nachhaltig nicht erwarten lassen; daß die
271 Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes, vor allem auch
272 des Wertpapiermarktes, unmittelbar auch im Eigeninteresse der
273 Universalbank steht; daß eine Intensivierung des
274 Wertpapiersparens bei breiteren Bevölkerungsschichten auf nicht im
275 Banksystem begründete Grenzen stößt; die Aufhebung solcher,
276 das Wertpapiersparen beeinträchtigender Faktoren kann nur das
277 Ergebnis eines langfristigen Lernprozesses sein; daß nicht
278 ersichtlich ist, durch wen in der Bundesrepublik der " kleine
279 " und " mittlere " Wertpapiersparer seine Anlagebedürfnisse
280 befriedigt sehen sollte, wenn nicht durch Universalbanken
281 (Hinweise auf die jüngste US-amerikanische Entwicklung der
282 starken Verteuerungen des " Kleingeschäfts " durch die Broker
283 auf Grund deren Ertragsprobleme). Universalbankensystem und
284 Spezialbankensystem unter dem Aspekt der Stabilität des
285 Kreditwesens. A Stabilität des Kreditwesens als Postulat
286 Die amtliche Begründung des Gesetzes über das
287 Kreditwesen von 1961 geht von dem Erfordernis der
288 Funktionsfähigkeit des gesamten Kreditwesens und der
289 Notwendigkeit des Gläubigerschutzes aus. Bezeichnend ist die
290 Tatsache, daß im Rahmen der Diskussion um die
291 Entstehungsgründe des ersten Kreditwesengesetzes - die
292 Bankenkrise 1931 - hier besonders der Zusammenbruch eines
293 Instituts (Darmstädter und Nationalbank) (und in ihrem
294 Gefolge dann auch weitere Zusammenbrüche) als eine das
295 gesamte Bankensystem gefährdende Insolvenz betrachtet wurde.
296 Wird der These von der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der
297 Funktionsfähigkeit des Kreditgewerbes im Interesse der
298 Gesamtwirtschaft gefolgt - diese steht im Mittelpunkt der im
299 Schrifttum zum Kreditwesengesetz vertretenen Thesen -, so ist
300 der an ein einzelnes Institut gegebene Auftrag zu
301 analysieren. Hierüber ist ein abschließendes Urteil noch nicht
302 möglich, wenn einerseits durchaus der Zusammenbruch eines
303 Institutes als die Ursache weiterführender Krisen
304 angesehen wird und ein solcher verhindert werden müsse,
305 andererseits in einer dynamischen Wirtschaft konstatiert werden muß,
306 daß Bankenliquidationen und Banken neugründungen
307 Abbild einer sich immer wieder neu reorganisierenden
308 Kreditwirtschaft sind.
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