Quelle Nummer 150
Rubrik 28 : TECHNIK Unterrubrik 28.01 : BUECHER
OELHYDRAULIK
JEAN THOMA
OELHYDRAULIK, ENTWURF UND GESTALTUNG HYDROSTATISCHER
BAUTEILE
CARL HANSER VERLAG MUENCHEN 1970, S.74-80
001 Notwendige Spalthöhe. Wir haben gesehen, daß bei
002 größerer Spalthöhe das Lager sicherer läuft, daß aber auch
003 der Leistungsverbrauch der Speisung nach Formel 2-41 sehr
004 schnell ansteigt. Wir wollen deshalb überlegen, wie groß die
005 für sicheres Arbeiten notwendige Spalthöhe ist, wobei wir auch
006 einige Hinweise auf die praktische Belastbarkeit, die prinzipiell
007 unbeschränkt ist, geben werden. Es gibt folgende, ziemlich
008 unabhängige Überlegungen für die minimale Spalthöhe: Die
009 Spalthöhe muß wesentlich größer sein als die Rauhigkeiten der
010 Oberfläche und als die möglichen Verbiegungen der Unterlage bei
011 Belastung. Daraus sehen wir, wie wichtig es ist, die
012 Stützorgane steif zu machen und die Oberflächen feinzubearbeiten.
013 Zu den Deformationen zählt auch die Längenänderung der
014 Bauteile bei Erwärmung, besonders der Kolben im Zylinder. Sie
015 können leicht in die Größenordnung der Spalthöhe kommen,
016 besonders bei großen Bauteilen und Maschinen. Die
017 Spalthöhe muß größer, im Idealfall doppelt so groß sein wie
018 die größten vorkommenden Fremdkörper im Schmieröl, sonst
019 erhält man die sogenannte abrasive Abnützung und bei starker
020 Verschmutzung sogar ein Fressen der Dichtlippen. Man stellt sich
021 allgemein vor, daß die Fremdkörper, die wenig größer als die
022 Spalthöhe sind, durch Verklemmen am meisten Schaden hervorrufen,
023 während die wesentlich größeren erst gar nicht in den Spalt
024 eindringen können. Wir sehen also, daß bei besserer Filtrierung
025 des Öles kleine Spalthöhen zugelassen werden können. Je
026 kleiner die Spalthöhe, desto mehr Wärme wird erzeugt und desto
027 schlechter wird sie durch den Ölstrom abgeführt. Wenn keine
028 Wärme durch die Wände abgeleitet werden kann, dann bestimmt sich
029 die Erwärmung des Öles nach Gleichung 2-30, und für
030 sicheres Laufen ist es ratsam, diese auf 20 (...) 30^ zu
031 beschränken. Wir sehen daraus, daß bei steigenden
032 Gleitgeschwindigkeiten und Spaltlängen eine größere Spalthöhe
033 gewählt werden soll. Alle diese Forderungen ergeben Spalthöhen
034 von derselben Größenordnung, nämlich 8 (...) 10 *ymr m bei
035 kleineren und 13 (...) 15 *ymr m bei größeren hydrostatischen
036 Maschinen. Andererseits gibt es verschiedene, insbesondere
037 kleinere hydrostatische Maschinen und Bauteile, die viel kleinere
038 Spalthöhe, im Bereich von 1 (...) 5 *ymr m, aufweisen. Sie
039 verlangen dann eine sehr gute Filterung des Arbeitsmittels. Um
040 einen sicheren Lauf der hydrostatischen Lager zu erreichrn, muß
041 also die Spalthöhe größer sein, als sich aus diesen Bedingungen
042 ergibt. Andererseits darf man nicht vergessen, daß die
043 durchgeführten Berechnungen nur sehr angenähert gelten und daß
044 man deshalb in der Praxis vor der Fertigung einer Neukonstruktion
045 Messungen und Versuche durchführen muß. Diese Überlegungen
046 gelten eigentlich nur dann, wenn die Gleitflächen dauernd durch
047 einen Ölfilm getrennt sind, was auch als Vollschmierung
048 bezeichnet wird. Daneben gibt es auch die sogenannte
049 Grenzschmierung, bei welcher sich die Gleitflächen trotz
050 Anwesenheit des Schmiermittels teilweise berühren. Die oben
051 behandelten unterbalancierten hydrostatischen Lager sind ein
052 Beispiel für die Anwendung der Grenzschmierung. Um
053 Gleitflächen auch bei Grenzschmierung brauchbar zu machen,
054 empfiehlt es sich, sie nicht allzu glatt zu bearbeiten, damit durch
055 die verbleibende Rauigkeit Schmiermittel in unmittelbarer Nähe
056 der Berührungsstellen gefördert wird. Außerdem ist es wichtig,
057 daß das Öl (infolge der Oberflächenspannungen) die
058 Gleitflächen benetzt. Auch bei der Grenzschmierung gilt
059 grundsätzlich die in Abschnitt behandelte Leistungsbilanz,
060 aber die Leistungsflüsse infolge des Leckstromes (Formel) und (Formel)
061 werden praktisch vernachlässigbar klein. Beim Leistungsfluß (Formel)
062 infolge der Scherung muß man die Tangentialkraft einsetzen, die
063 sich aus der Normalkraft und dem Reibungskoeffizienten ergibt.
064 Nach Wüsthof ist dabei in der Ölhydraulik mit
065 Reibungskoeffizienten von 0,05 bis 0,1 zurechnen. Für
066 den Leistungsabfluß bei Grenzschmierung kommt praktisch nur die
067 Wärmeleitung durch die Wände in Betracht. Man wird immer
068 bestrebt sein, dieselbe durch konstruktive Maßnahmen, wie z.B.
069 durch Anordnung von mit frischem Öl durchströmten
070 Kühlkanälen in der Nähe der Gleitfläche, zu verbessern.
071 Eine andere manchmal durchführbare Methode besteht darin, daß
072 jede Stelle der Wand nur kurzzeitig belastet wird - also als
073 Gleitfläche wirkt - und dazwischen entlastet und von frischem
074 Öl umspült ist. Dies ist zum Beispiel bei der Schiefscheibe
075 der Axialkolbenmaschinen der Fall, nicht aber bei den Dichtlippen
076 des darauf arbeitenden Gleitschuhes. Hydrodynamische
077 Lager. Geometrische Schmierkeile. Hydrodynamische
078 Lager sind eine Anwendung des Spaltes mit enger werdenden Wänden,
079 um Normalkräfte ohne metallische Berührung zu erzeugen. Wir
080 haben die Druckentwicklung schon in Abschnitt studiert und
081 wollen dies nun auf das in Bild 2-21 dargestellte Lager
082 anwenden. (Abb.) Dieses Bild zeigt eine Anzahl von Stützflächen,
083 die für den zu erzeugenden, enger werdenden Spalt leicht schräg
084 hergestellt sind. Allerdings ist es ratsam, die Anschrägung
085 nicht ganz über die Stegbreite durchzuführen, sondern, wie
086 dargestellt, an der engsten Stelle einen nicht geneigten Bereich
087 stehen zu lassen, um in Ausnahmefällen, z. B. beim
088 Anfahren, den ggf. eintretenden metallischen Kontakt über eine
089 größere Fläche zu verteilen. Bei einer durchgehend
090 angeschrägten Stützfläche gäbe es eine Linienberührung, d.h.
091 ein Einschneiden der scharfen Kanten in die Unterlage.
092 Für die Berechnung wollen wir den Einfluß des nicht geneigten
093 Stükkes vernachlässigen und mit einem durchgehend enger werdenden
094 Spalt arbeiten. Es sei schon hier bemerkt, daß der Druck sich
095 nur bei einer Bewegungsrichtung oder Drehrichtung im
096 Sinne des eingezeichneten Pfeiles entwickeln kann. Zur
097 Berechnung des Druckverlaufes können wir Gleichung 2-25
098 verwenden und müssen dort zunächst den linearen Spaltverlauf nach
099 Gleichung 2-19 einsetzen. Wir können dann wieder den
100 Ölstrom als vorgegeben betrachten, die Drücke bestimmen und dann
101 den Ölstrom so einstellen, daß der Druck von Anfang und nach
102 Ende jeder Stützfläche zu Null wird. Es ist hier allerdings
103 bequemer, Gleichung 2-25 als Differentialgleichung aufzufassen
104 und bei der Lösung den Ölstrom aus den beiden Randbedingungen
105 für den Druck mitzubestimmen. Man erhält dann, wie zu erwarten,
106 eine Druckverteilung mit einem Maximum etwas hinter der Mitte
107 der Stützflächen als Funktion der minimalen Spalthöhe (Formel) und
108 der Spalthöhe am Einlauf (Formel). Wichtiger ist für uns die
109 Kraftwirkung auf die Wände, die man durch Integration über das
110 Druckfeld bestimmt. Wir können sie wie folgt darstellen (Formel).
111 In Gleichung 2-42 ist (Formel) der erzeugte Lagerdruck, der vom
112 Produktausdruck und vom Verhältnis (Formel) der Spalthöhe am Eingang
113 und Ausgang nach einer Funktion abhängt, welche auf Bild 2-
114 22 erscheint. (Abb.) Welches ist der Lagerdruck, den eine
115 Stützfläche bei einer Länge von 1 cm, einer minimalen
116 Spalthöhe von (Formel) und bei einer Gleitgeschwindigkeit von 500 cm
117 /s erzeugt? Aus Bild 2-22 ersehen wir, daß die höchste
118 Tragkraft bei einem Höhenverhältnis von (Formel) mit (Formel) erzielt wird.
119 Damit wird der Lagerdruck (Formel). Wir erreichen einen
120 Lagerdruck von 16 bar. Die Neigung der Wände ist dabei (Formel).
121 Um uns die Wirkungsweise des hydrodynamischen Lagers gut
122 vorzustellen, denken wir uns die Stützflächen durch eine
123 konstante Kraft belastet und in der erforderlichen Neigung (Formel)
124 gehalten. Die Stützflächen werden sich dann bis zu einer
125 bestimmten Spalthöhe nach Formel 2-42 abheben. Diese
126 Spalthöhe steigt mit der Geschwindigkeit; ohne Geschwindigkeit,
127 d. h. bei Stillstand, findet kein Abheben statt. Wir
128 sehen daraus, daß die Tragfähigkeit mit der Geschwindigkeit
129 größer wird. Das hydrodynamische Lager arbeitet ähnlich wie der
130 Wasserski, bei welchem der Auftrieb auch durch die
131 Geschwindigkeit und eine leichte Neigung der Bretter erzeugt wird.
132 Nur handelt es sich beim Wasserski hauptsächlich um
133 Trägheitskräfte, und auch die freie Oberfläche spielt, im
134 Gegensatz zum hydrodynamischen Lager, eine Rolle. Manchmal
135 nennt man diese Druckerzeugung den " geometrischen Schmierkeil ".
136 Die wirkliche Tragkraft eines Lagers hängt sehr stark von der
137 minimalen Spalthöhe ab, über deren Wahl unsere Bemerkungen in
138 Abschnitt zu beachten sind. Bei der Anwendung der Gleichung
139 2-42 dürfen wir aber die gemachten Voraussetzungen nicht
140 vergessen: Die Viskosität wurde konstant angenommen,
141 obgleich sich das Öl durch die Tangentialkräfte erwärmt. Man
142 kann dies dadurch berücksichtigen, daß man eine effektive
143 Viskosität, z. B. die Viskosität des Öles bei der
144 mittleren Temperatur, einsetzt. Die Stützflächen wurden
145 als unendlich breit angenommen, während sie in Wirklichkeit oft
146 quadratisch oder nur wenig breiter als lang sind. Der dadurch
147 bedingte Seitenabfluß verändert das Druckfeld bei gegebenen
148 anderen Variablen, und die Berechnung wird eine schwierige
149 Aufgabe. Wir wollen uns hier nur merken, daß bei quadratischen
150 Stützflächen die Kraft infolge des Seitenabflusses auf rund
151 fünfzig Prozent sinkt. Genauere Angaben finden sich in
152 Abschnitt von ]6[. Die Wände werden als vollkommen
153 starr oder undeformierbar angenommen, was bei sehr hohen lokalen
154 Drücken zweifelhaft wird. Sehr wichtig für die Wirkungsweise
155 sind die Vertiefungen zwischen den Stützflächen, welche den
156 Druck am Einlauf sicherstellen und auch für den Zulauf von
157 frischem, kaltem Öl sorgen. Wie schon erwähnt, ist die
158 Bezeichnung " hydrodynamische Lager " nicht sehr glücklich
159 gewählt, aber allgemein eingeführt. Wie wir gesehen haben,
160 handelt es sich vielmehr um eine Druckentwicklung durch die
161 Viskositätskräfte, welche das Öl in den enger werdenden Spalt
162 hineinziehen. Die Bezeichnung " dynamisch " würde dagegen eher
163 auf Massenkräfte hinweisen. Im gleichen Sinn ist aber auch die
164 überall verwendete Bezeichnung 'Thermodynamik " nicht ganz
165 korrekt, da es sich dort um Gleichgewichtszustände thermischer
166 Systeme handelt. Verschiedene Ausführungen. Die
167 Grundanordnung von Bild 2-21 kann als die Abwicklung eines
168 Axiallagers angesehen werden. Schwierig ist die Herstellung der
169 sehr geringen (etwa 1 Milliradiant) Anschrägungen der
170 Stützflächen, doch sind heute solche Lager, ähnlich wie
171 Rollenlager, bei Spezialherstellern erhältlich. Die beste
172 Anwendung hydrodynamischer Lager findet sich bei Radialgleitlagern,
173 da bei ihnen der schwach enger werdende Spalt durch zwei Zylinder
174 mit fast gleichem Durchmesser (Welle, und Bohrung) gebildet
175 wird. Dabei spielt das Lagerspiel, d. h. die Differenz der
176 Durchmesser, eine große Rolle. Leider können wir hier nicht
177 näher auf diese interessanten Lagerform eingehen. Eine andere
178 Art des hydrodynamischen Lagers ist der thermische Schmierkeil.
179 Er beruht darauf, daß sich das Öl beim Durchfluß erwärmt und
180 ausdehnt, was in gleicher Weise wie ein sich verengender Spalt zu
181 einem Druckfeld führt, das eine Funktion des Volumenstromes am
182 Eintritt und am Ausgang ist. Die wirkliche Berechnung ist
183 schwierig, da man gleichzeitig die Kompressibilität des Öles und
184 die Temperaturabhängigkeit der Viskosität berücksichtigen muß,
185 doch lassen sich Spalthöhen von einigen Mikrometern erreichen.
186 Wir wollen uns hier merken, daß der thermische Schmierkeil auf
187 der Erwärmung des Öles während des Durchlaufes beruht, und
188 daß bei hoher, aber konstanter Öltemperatur kein Druckfeld
189 entsteht. Deshalb sind ausreichende Vertiefungen zwischen den
190 Stützflächen für die Versorgung mit neuem, kaltem Öl
191 besonders wichtig. Es wurde von Rayleigh ausgerechnet, daß es
192 auf die genaue Form des Spaltes wenig ankommt. Bei gegebener
193 minimaler Spalthöhe erreicht man fast die gleiche Abhebekraft bei
194 anderen Formen, z. B. wenn die Stützflächen eine Stufe
195 am Einlauf haben, die sich über die Hälfte der Länge und über
196 die Tiefe der Spalthöhe erstreckt. Es ist natürlich möglich,
197 eine Selbsteinstellung der Neigung dadurch zu erzielen, daß man
198 zwischen den Gleitflächen und der Welle ein Gelenk einbaut,
199 ähnlich wie in Bild 2-13, so daß man einen hydrodynamischen
200 Gleitschuh erhält. Dieses von Mitchell Anfang dieses
201 Jahrhunderts erfundene Lager stellte einen großen Fortschritt dar
202 und wird besonders für die Aufnahme des Axialschubs der
203 Propellerwellen großer Schiffe benützt. Mitchell hat damals
204 erkannt, daß der Schwerpunkt des Druckfeldes bei steigender
205 Neigung nach hinten wandert, so daß man automatisch die richtige
206 Neigung erhält. Wie alle hydrodynamischen Lager kann das
207 Michell-Lager bei sehr kleiner Drehzahl, z. B. beim
208 Anlaufen, nichts tragen. Dies macht sich besonders bei durch
209 Gewicht belasteten Lagern, z. B. bei Wasserturbinen, sehr
210 störend bemerkbar. Bei Propellerlagern ist der Schub bekanntlich
211 proportional zum Quadrat der Drehzahl, so daß beim Anlauf keine
212 Last auftritt. Bei manchen großen Anlagen sieht man deswegen
213 eine hydrostatische Hilfsschmierung mit einer kleinen Pumpe vor,
214 die nach dem Anlauf abgeschaltet wird. Schmierkeile in
215 Rollenlagern. Beim Rollen eines Zylinders auf einer Unterlage
216 oder beim Abrollen zweier Zylinder aufeinander, z. B. in
217 Rollenlagern und bei Zahnrädern, haben wir es mit einem zunächst
218 enger werdenden und sich dann erweiternden Spalt zu tun. Wir
219 erwarten auch da den Aufbau eines Druckfeldes. Die
220 Prinzipanordnung erscheint in Bild 2-23, wobei es im Bereich
221 der geringsten Spalthöhe, wo allein ein Druck entstehen kann,
222 nur auf den Unterschied der Krümmungen ankommt, nicht aber darauf,
223 ob es sich um Zylinder und Ebene oder um zwei Zylinder handelt.
224 Bei der Berechnung des Druckfeldes müssen wir beachten, daß
225 sich jetzt beide Wände bewegen. Bei paralellen Wänden ohne
226 Druck wäre der Ölstrom jetzt statt durch Gleichung 2-4 wie
227 folgt gegeben (Formel) (Abb.). Deshalb gilt bei veränderlicher
228 Spalthöhe statt Gleichung 2-25 folgender Ausdruck (Formel).
229 Wegen des Mitlaufens der unteren Wand ist also gegenüber
230 Gleichung 2-25 der Faktor 1 (math.Op.) 2 verschwunden, so daß hier
231 bei gegebenen übrigen Variablen dasselbe Druckfeld erzeugt wird,
232 wenn die Geschwindigkeit nur halb so groß ist. Wir können also
233 aus den Lösungen von Gleichung 2-25 durch die Substitutionen
234 (Formel) solche für Gleichung 2-45 erhalten, wenn die übrigen
235 Variablen gleich sind. Die Gleichung 2-45 läßt sich auch
236 streng aus den Navier-Stockesschen Gleichungen mit den selben
237 Vereinfachungen wie in Abschnitt, aber mit den...
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