Quelle Nummer 139
Rubrik 05 : KULTUR Unterrubrik 05.04 : SCHULBUCH
PROTOKOLL (TAGUNG UEBER BUCHRESTAURIERUNG)
BRIGITTE POSCHMANN
MASSENRESTAURIERUNG
PROTOKOLL EINER ARBEITSTAGUNG IM STAATSARCHIV BUECKE-
BURG VOM 17.-18. FEBRUAR 1970, BEARBEITET VON B.P.
(S. VEROEFFENTLICHUNGEN DER NEIDERSAECHSISCHEN AR-
CHIVVERWALTUNG HEFT 30
VANDENHOECK UND RUPRECHT IN GOETTINGEN 1971, S.32-37
001 Rostflecken, die das Papier durchschlagen haben und auch die
002 Tinte völlig mitnahmen, müssen zweckmäßig mit einem scharfen
003 Skalpell ausgeschnitten werden. Die endgültige Reinigung der
004 Schriften mittels Flüssigkeiten im Rahmen der
005 Massenrestaurierung steht im schärfsten Gegensatz zu jenen
006 Verfahren, die bei dem gedruckten Material der Bibliotheken
007 angewendet werden können. Hierbei kann man selbst mit dem
008 fachgemäß gründlichst durchdachten chemischen Verfahren das
009 Papier zwar schützen, den geschriebenen Text jedoch schwer
010 gefährden - besonders in solchen Fällen, wie sie unsere
011 biologisch-chemisch-physikalischen Schrift-Invaliden
012 repräsentieren. Jene Grenze also, wie weit man bei der
013 Reinigung gehen darf, muß man durch Einschätzung der Papier
014 substanzen, Tintensubstanzen und sonstigen
015 Substanzen des Schriftstückes sowie ihrer noch vorhandenen
016 Verbindung genau ermessen können. Dies gilt in erster Linie für
017 den drastischen, mit Wasserspülung durchgeführten chemischen
018 " Abbau " der verschiedenen Papierverfärbung und abgelaufenen
019 Säureprozesse, wobei betont werden soll, daß die
020 Laboratoriumstheorie dieser chemischen Prozesse vollkommen
021 zutreffend ist. Das maximale Ausmaß der Reinigung und deren
022 Technologie müssen daher vom Leiter der Massenrestaurierung der
023 physikalischen Konsistenz jeder Schriftengruppe entsprechend
024 vorgeschrieben werden. Hierzu sind nicht nur umfassende
025 persönliche Materialkenntnisse, sondern ein mit Hilfe einer
026 Garde bester Sachverständiger gebildetes sicheres Judizium
027 erforderlich. Unser besagtes, stark beschädigtes Aktenbündel
028 aus dem 17.bis 18.Jahrhundert teilen wir nun in zwei
029 Gruppen, wobei die in kleine Stücke zerfallenden und kaum mit der
030 Hand berührbaren Schriftstücke beiseite gelegt werden. Ihre
031 höchst diffizile Reinigung und Behandlung werde ich bei der
032 Gruppe 2 mitteilen. Die weitere Reinigung jeder Schriftengruppe
033 erfolgt nunmehr auf dem Arbeitstisch des Restaurators. Auf diesen
034 wird eine große Emailtasse (Foto-Entwicklertasse) gestellt
035 und darüber eine längere, aber schmälere Glasplatte gelegt, so
036 daß die Flüssigkeit auf zwei Seiten in die Tasse fließen kann.
037 Auf die Glasplatte wird nun eine dicke Polyäthylenfolie gegeben,
038 die auf der Vorderseite und Rückseite in die Tasse
039 hängt. Auf diese Folie wird das zu reinigende Schriftstück
040 gelegt. Der nächste Arbeitsprozeß besteht darin, daß das
041 Schriftstück mit Reinigungsflüssigkeit reichlich durchtränkt
042 wird, was mit einem sehr weichen, breiten Pinsel, schonender aber
043 dadurch erfolgen kann, daß man die Flüssigkeit aus einem Schwamm
044 auspreßt und darauffließen läßt. Danach wird das Schriftstück
045 mit einer zweiten, dicken Polyäthylenfolie überdeckt, und auf
046 dieser wird in einer bestimmten Richtung mit einer genügend
047 schweren Gummiwalze mehrmals hingefahren und hergefahren,
048 so daß die schmutzige Wasserflüssigkeit zwischen den beiden
049 Folien in die Unterlagtasse läuft. Jene Schriften des
050 sortierten Aktenbündels, die eine stärkere Konsistenz und
051 unversehrte Faserstruktur besitzen sowie frei von sonstigen
052 Schäden sind - wir nennen sie Gruppe 1 - werden nach obiger
053 Technologie mit folgenden Flüssigkeiten gereinigt: Als
054 Reinigungsflüssigkeit wird gleichfalls Sterogenol, bzw.
055 Zephirol, Tego, Desogen usw. in 5 % iger Wasserlösung
056 benutzt. Über diese Wirkstoffe muß ich hier außer ihrer
057 vorzüglichen bakteriziden und desinfizierenden Wirkung - durch
058 detaillierteres Eingehen auf ihren Chemismus - folgendes
059 berichten. Diese Mittel gehören in die Gruppe der
060 oberflächenaktiven, kapillaraktiven und detergenzaktiven Stoffe
061 und sind organische Verbindungen mit Emulsionseigenschaften
062 Wascheigenschaften und Reinigungseigenschaften. Es
063 gibt welche darunter, die chemisch sauer, andere, die basich oder
064 neutral reagieren oder einen Übergangstyp repräsentieren. Die
065 kationaktiven Detergentien auf quaternärer Ammoniumbasis -
066 mithin die erwähnten Sterogenolpräparate etc.
067 Präparate - reagieren alle alkalisch und greifen in 5 % iger
068 Lösung keine einzige Komponente der Schriftstücksubstanz an.
069 Nach dem oben beschriebenen Einpinseln mit Sterogenollösung wird
070 das zwischen den beiden Folien liegende Blatt zusammen mit den
071 Folien von der Glasplatte abgehoben, umgekippt, die obere Folie
072 entfernt, um das Bepinseln mit der Lösung, danach das neuerliche
073 Bedecken mit den Folien und das Walzen auszuführen. Diese
074 Prozedur wird sooft wiederoft, bis nunmehr klare Flüssigkeit
075 abgeht. Das gesäuberte, feuchte Schriftstück wird - zwischen
076 den beiden Folien liegend - zur Trocknung befördert, dort auf
077 ein dickes Blatt Löschpapier umgelegt, und so wird auch weiter
078 verfahren, indem jeweils eine trockene Löschpapierschicht
079 dazwischen gelegt wird. Diese Routinearbeit geht überraschend
080 schnell, und bald sind zehn Schriftstücke beisammen, die in den
081 Löschpapierlagen und zwischen Schutzkartons eingebettet eine
082 Minute lang einem starken Preßdruck ausgesetzt werden, um mit der
083 Feuchtigkeit auch den restlichen Schmutz an das Löschpapier
084 abzugeben. (Diesem Preßdruck werden selbstredend nur jene
085 Schriften unterzogen, die kein Siegel besitzen, oder solche, von
086 denen das Siegel durch ein Spezialverfahren für die Dauer der
087 Behandlung entfernt wurde.) Die als Gruppe 2 bezeichneten
088 Schriften in allerschlechtestem Zustand bestehen - nach unserem
089 Demonstrationsmodell - überwiegend aus zerfallenen, verwitterten,
090 zerstäubenden und brüchigen Fasern, deren Zellstoff sich schon
091 längst teilweise zu Zellobiose, eventuell sogar zu Glykose
092 zersetzte. Letztere aber löst sich in Wasser. Es läßt sich
093 also denken, was auf diesem Papierblatt auch der Schreibstoff bis
094 dahin erleiden mußte und in welchem Ausmaß sich der einst so enge
095 Zusammenhalt zwischen beiden lockerte. Die Massenrestaurierung
096 solcher zu 50-90 % beschädigter Schriften baute ich auf
097 zwei Grundprinzipien auf: Das eine Prinzip ist die schon
098 beschriebene schonende Technologie. Sie besteht darin, daß das
099 festunterlegte Papierstück nach dem Pinseln, Begießen und
100 Walzen zwischen zwei Folien auf die nächstfolgende feste
101 Löschpapierunterlage gelegt wird, wobei das feuchte Bruchstück
102 durchweg unbewegt bleibt und nicht einmal sein Eigengewicht zu
103 tragen hat. Das zweite Prinzip bei der chemischen Reinigung
104 solcher Schriften ist die Anwendung von Reinigungslösungen von
105 verschiedener Zusammensetzung. Diese Lösungen müssen für die
106 Massenrestaurierung so angesetzt werden, daß mit zwei bis drei
107 Lösungstypen die chemische Reinigung der ganzen Gruppe 2
108 durchgeführt werden kann. Wir nennen die lösung " A ", " B "
109 und " C ", wobei wir an ihren Glasbehältern die
110 entsprechenden Vignetten anbringen. Im Glasgefäß " A "
111 befindet sich 96 % iger Alkohol, dem die übrigen Wirkstoffe
112 zugemessen werden, da das am stärksten verwitterte Papier auch
113 nicht die geringste Feuchtigkeit vertragen würde. In das Gefäß
114 " B " kommen 20 % destilliertes Wasser und 80 % Alkohol
115 (96 % ig) als Lösung für Schriften, die etwas Feuchte
116 vertragen können. Gefäs " C " enthält eine Lösung aus 50
117 % destilliertem Wasser und 50 % Alkohol für Schriften,
118 die schon gewagter behandelt werden können. Weiterhin werden
119 nun allen drei Basisflüssigkeiten die gleichen Wirkstoffe
120 zugegeben, jedoch mit Vaiierung ihrer prozentualen Anteile je nach
121 der Wirkung, die wir von ihnen erwarten. Für unser
122 " Aktenmodell " fertigten wir aus den drei Grundflüssigkeiten " A ",
123 " B ", " C " die erforderlichen Reinigungs
124 lösungen und Konservierungslösungen folgendermaßen an, wobei
125 für jedes der Glasgefäße 1 Liter = 1000g Alkohol bzw.
126 Alkohol-Wassergemisch gerechnet wird: 200 g Tetrachlor
127 -Kohlenstoff, der wegen seines spezifischen Gewichts im
128 Gefäß niedersinkt und bei der Reinigungsarbeit stets mit dem
129 Pinsel umgerührt werden muß, ferner 20 g Sterogenol oder eines
130 der aufgezählten ausländischen Präparate, schließlich 10 g zu
131 Staub zermahlene Thymolkristalle. In dieser Kombination
132 bringt Tetrachlor-Kohlenstoff alle fettartigen
133 Verunreinigungen mit gutem Erfolg zur Lösung. Die
134 ausgezeichnete bakterizide Wirkung des Sterogenol ereilt selbst
135 jene Mikroorganismen, die die Desinfektion im Vakuum überlebten;
136 der Reinigungseffekt des Sterogenol aber ist die wichtigste
137 Eigenschaft dieser Lösung. Dabei greift Sterogenol in dieser
138 schwachen 2 % igen Lösung keine Komponente der Schriftstücke
139 an. Thymol verwenden wir nun wegen seines der Papiersubstanz
140 übermittelten intensiven Geruches, der - wie mehrere meiner
141 Fachberater behaupten - gewissermaßen die neuen Schimmelsporen
142 davon abschreckt, sich anzusiedeln. Das Mittel wird deshalb in
143 der Parasitologie auch als " Abschreckmittel " angeführt.
144 Dagegen entspricht die Alkoholbasis der Lösung durchaus nicht am
145 besten dem Reinigungsmechanismus der Schriften, da Alkohol außer
146 gewissen Lösungswirkungen auf manche Flecken eine ausgesprochene
147 stabilisierende und bindende Wirkung ausübt. Doch konnte ich in
148 den 13 bisherigen Jahren unserer Werkstattarbeit weder durch
149 Befragen meiner Konsulenten noch durch das Studieren der
150 einschlägigen Fachliteratur eine Grundflüssigkeit finden, die
151 besser gewirkt hätte, ohne dabei für das Schriftstück oder die
152 Gesundheit des Restaurators eine größere Gefahr zu bedeuten.
153 Ist also das Schriftstück fettverschmutzt, so ist in dem einem
154 Gefäß eine prozentuale Erhöhung des Tetrachlor-
155 Kohlenstoffes begründet. Überwiegen jedoch die
156 Schimmelpilzkolonien, so wird in dem anderen Gefäß der
157 Sterogenolgehalt zu erhöhen sein. Der Restaurator aber kann
158 seinen Abwaschpinsel jeweils in jene Lösung tauchen, welche er
159 zum Reinigen des vor ihm liegenden Schriftstückes am geeignesten
160 findet. Selbstredend dürfen nach der Behandlung mit den
161 Lösungen " A ", " B " und " C " die Schriften der
162 Gruppe 2 mit wasserhaltigen Lösungen niemals gespült werden,
163 sondern man muß den vorigen Prozeß so lange wiederholen, bis die
164 beim, Walzen abgehende Flüssigkeit vollkommen rein ist. Wir
165 kommen zur Schlußphase der Massenkonservierung, deren
166 unentbehrliches Requisit nunmehr die Maschine ist. Wir verwenden
167 in unserer Werkstatt einen " Imprägnator " jugoslawischen
168 Erzeugnisses, doch kann hierzu auch jeder beliebige Laminator oder
169 jede großflächige Presse verwendet werden, wenn sie bei einer
170 stabilen Temperatur von 120^ C automatisch arbeitet und rasch
171 öffnet und schließt. In dieser letzten Phase der Konservierung
172 werden nämlich die gewaschenen, gepreßten, jedoch noch nicht
173 absolut trockenen Schriftstücke einzeln zwischen zwei neue
174 Löschpapiere gelegt und nur so lange in den Imprägnator oder
175 zwischen zwei andere, auf 120^ C angeheizte Preßplatten
176 eingelegt, als diese sich durch Betätigung des Druckknopfes
177 schließen und nach neuerlichem Drücken sofort wieder öffnen.
178 Das zwischen den Löschpapieren liegende und rasch sich erwärmende
179 Schriftstück soll innerhalb von 10 Sek. die Maschine verlassen.
180 In dieser Schlußzene spielen sich folgende Vorgänge ab: Die
181 zwischen den Papierfasern noch haftende Feuchte entweicht bei 120°
182 C Temperatur als Dampf aus dem Papier, wird vom
183 Löschpapier absorbiert und verdunstet dann restlos an der freien
184 Luft. Diese im Schlußakt - wieder bei schonendster
185 Technologie - erzielte Sterilasition ist nun wirklich ihres
186 Namens würdig. Von gleichermaßen ausschlaggebender Wichtigkeit
187 ist folgender Effekt: Während sich in sämtlichen bisgerigen
188 Phasen der Archivalienkonservierung die Gesamtoberfläche und die
189 Fasersubstanz des Papiers auflockerten, bringt das Erwärmen,
190 Verdunsten, Pressen, Trocknen wieder eine dichte und glatte
191 Oberfläche zustande, in die sich auch die brüchigen Partikelchen
192 der Schriftsubstanz und Tintensubstanz stabil einbetten
193 und glätten. Diese glatte Oberfläche der Tinte bedeutet aber
194 gleichzeitig auch ihre optische Verstärkung. Programmgemäß
195 müßte ich jetzt von der Entsäuerung sprechen, doch will ich
196 diese Frage lieber an den Schluß meines Vortrages setzten.
197 Meiner Meinung nach können Schriften, welche die bisher
198 beschriebenen Behandlungsverfahren durchliefen, im Sinne der
199 Massenrestaurierungstechnologie bereits als konserviert betrachtet
200 werden, allerdings nur in jener Technologie der
201 Massenrestaurierung, die ich nun - eben zur Begründung meiner
202 obigen Behauptung - jetzt außer Programm und nur in kurzen
203 Zügen aufzeichnen möchte. Der Restaurierung jedes
204 Schriftstückes geht die hier mitgeteilte Konservierung voraus.
205 Die danach folgende physikalische Verstärkung der geschwächten,
206 zerfallenen, inkompletten Schriftstücke in der maschinellen
207 Massenrestaurierung beruht darauf, daß das Papier des
208 Schriftstückes ausschließlich nur dort und nur mit neuen Fasern
209 solchen Tpys komplettiert werden darf, wo und welcher Art die
210 Mängel sind, die sich an gewissen Stellen oder an dem
211 geschwächten ganzen Schriftstück zeigen. Damit wird dem
212 geschriebenen Text ein Papierblatt von überall gleichmäßiger
213 Dicke und Stärke zur Unterlage gegeben und die physikalische
214 Labilität der Schrift vollständig eliminiert. Den
215 ursprünglichen Leimstoff aber, der aus dem Papiermaterial der
216 Schriften teils verschwand, teils im Konservierungsprozeß
217 absichtlich von uns durch Lösen entfernt wurde, ersetzen wir nun
218 durch Verwendung neuer stabiler synthetischer Kleb stoffe
219 bezw. Haftstoffe. Dieses erfolgt in der geheizten
220 " Imprägnator "-Maschine, wo die auf das Schriftstück
221 gelegte 0,02 mm dünne Polyäthylenfolie zu einer
222 dünnflüssigen Klebflüssigkeit schmilzt, die die lose Masse des
223 Papiers durchtränkt und rings um die geschwächten Fasern
224 sozusagen eine Schutzhülle legt. Im gleichen Prozeß werden die
225 vorher in Flecken oder auf die ganze Fläche aufgelegten neuen
226 Papierfasern von dem flüssigen Polyäthylen erfaßt,
227 weitergetragen, eingebaut und fixiert. Die an dem Austrag des
228 " Imprägnators " angebrachten, streng eingepaßten Metallwalzen
229 aber pressen aus der neuen Papierschichtung alle Luftbläschen aus
230 und halten damit viele noch mögliche schädliche Einflüsse von den
231 Schriften fern. Ähnlich vorteilhaft wirken auf die Konservierung
232 der Fasersubstanz auch die wissenschaftlich nachgewiesenen guten
233 Eigenschaften des Polyäthylens als Leimstoff. Mit diesem
234 Verfahren kann nicht nur die Restaurierungsarbeit von Schriften
235 schnell, rationell und mit niedrigen Kosten durchgeführt werden,
236 sondern die auf diese Weise restaurierten Schriften können im
237 Mikrofilmverfahren vorzüglich vervielfältigt werden und sind auch
238 auch in äthischer Hinsicht " originalgetreu ". Das Endprodukt
239 ist ein Schriftstück, das auf der Oberfläche keine besondere
240 Deckschicht besitzt, so daß es insgesamt kaum dicker wird, als es
241 ursprünglich war. Jedes Blatt eines aus 600 Blättern
242 bestehenden Buches wurde nach diesem Verfahren von uns restauriert
243 und fand im alten Originaleinband restlos Platz. Dabei ist in den
244 vergangenen 12 Jahren noch niemals einem Schriftstück ein Schaden
245 zugefügt worden. Gemäß dem Ergebnis der ständig
246 durchgeführten nachträglichen Kontrollprüfungen konnten in keinem
247 einzelnen Fall biologische Schädlinge oder selbst nur geringste
248 Spuren von Säureschäden in unserem Archiv festgestellt werden,
249 obwohl unser Archivalienbestand weder klimatisiert noch in
250 geschlossenen Behältern aufbewahrt wird, sondern allen Nachteilen
251 einer rauchgeschwängerten Großstadtluft ausgesetzt ist. Deshalb
252 stehe ich auch den - überall in der Welt - in Archiven so ost
253 geäußerten Zweifeln ziemlich skeptisch gegenüber, wenn Fragen
254 an mich gestellt werden, z. B.: " Womit kann man nachher
255 das Polyathylen aus den Schriften wieder entfernen? " oder die
256 zweite wiederkehrende Frage: " Mit welchem
257 Entsäuerungsverfahren kann die chemische Konservierung der
258 Schriften in der Massenrestaurierung gesichert werden? "
259 Entsäuerung. Nichts liegt mir ferner als die Bagatellisierung
260 jener Gefahr, die in den Substanzen der Schriftstücke eine
261 nachweisbare saure chemische Reaktion bedeutet. Bei meiner ganzen
262 Arbeit stehe ich in ständiger Konsultation mit unseren besten
263 Spezialisten auf diesem Gebiet der Chemie; außerdem verfolge
264 ich fortlaufend - in vier Weltsprachen - die einschlägige
265 Fachliteratur über Restaurierung. Was mich davon abhält, in
266 den hier beschriebenen Prozeß der Archivalisierung eine besondere
267 Entsäuerungsphase einzuschalten, möchte ich nicht in einer
268 präzisen konzipierten Begründung, sondern als bloße
269 Überlegungen vorgetragen. Unser " Aktenbündel " des 17.
270 -18.Jahrhunderts wurde wahrscheinlich schon vor so langer
271 Zeit - im Rahmen irgendeines Lagerungsinstitutes - von der
272 schädlichen Wirkung der Säure betroffen, so daß sich der
273 chemische Prozeß offensichtlich schon vor Jahrzehnten, ja vor
274 Jahrhunderten abspielte und längst zum Abschluß kam.
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