Quelle Nummer 013
Rubrik 05 : KULTUR Unterrubrik 05.03 : SCHULBUCH
DIE SPRACHE DER SCHUELER AUS SOZIAL UND KULTURELL
BENACHTEILIGTEN BEVOELKERUNGSSCHICHTEN
GUENTHER HARNISCH
NEUE DEUTSCHE SCHULE 2. OKTOBERHEFT 1970,
22. JAHRGANG, HEFT 20, ESSEN 1970,S. 398-400
001 Die Sprache der Schüler aus sozial und kulturell
002 benachteiligten Bevölkerungsschichten. Seit verhältnismäßig
003 kurzer Zeit erst greift die erziehungspsychologische und
004 erziehungs soziologische Forschung in vollem Umfang die
005 Problematik auf, die für Kinder aus wirtschaftlich, sozial und
006 kulturell benachteiligten Unterschichten im schulischen und
007 außerschulischen Bildungsprozeß besteht. Untersuchungen haben
008 klar ergeben, daß Kinder der Unterschichten vergleichsweise
009 geringere schulische Erfolgschancen haben als Kinder, die aus der
010 bürgerlichen Mittelschicht kommen.
011 Schichtenzugehörigkeit und Schulerfolg. Wie stark diese
012 Erfolgschancen bei Unterschichtkindern reduziert sein können,
013 zeigt folgender Überblick über den Zusammenhang zwischen
014 schulischer Leistung und Schichtenzugehörigkeit, der auf Grund
015 von Untersuchungen im 4.Schuljahr einer Grundschule gewonnen
016 wurde. Die Versuchsklasse eignete sich besonders für eine solche
017 Erhebung, weil von ihren 35 Schülern 20 eindeutig einer sozio-
018 ökonomischen Unterschicht angehören (das entspricht einem Anteil
019 von 57,1 %). Daher bestanden günstige
020 Vergleichsmöglichkeiten, zumal Grundschulklassen wegen der noch
021 nicht eingetretenen Abwanderung zu anderen Schulzweigen in ihren
022 Leistungen am ehesten für sämtliche schulpflichtigen Kinder
023 repräsentativ sein können. Bei der Ermittlung des Schulerfolgs
024 wurde von den durchschnittlichen Leistungen jedes einzelnen Kindes
025 der Klasse in sämtlichen unterrichteten Fächern anhand der
026 Zwischenzeugnisse für das Schuljahr 1969/70 ausgegangen.
027 Naturgemäß läßt sich bei Zeugnisnoten nicht ausschließen,
028 daß sie persönliche Wertungen des Lehrers enthalten, die
029 wiederum neben anderen Einflüssen von der Schichtenzugehörigkeit
030 der Kinder her mitbestimmt sein können. Darin liegt indessen kein
031 Mangel dieser Erhebung, denn in unserem gegenwärtigen
032 Schulsystem sind es ja gerade diese Zeugnisnoten mit allen ihren
033 subjektiv bedingten Unsicherheitsfaktoren, die in der konkreten
034 Situation über das Schicksal des Kindes, über seinen
035 schulischen und beruflichen Ausbildungsgang entscheiden. Um
036 Zusammenhänge zwischen den Zeugnisnoten (Schulerfolg) und der
037 Schichtenzugehörigkeit übersichtlich graphisch darstellen zu
038 können, war es notwendig, die ermittelten Durchschnittswerte der
039 Schulleistungen in einzelnen Gruppen zusammenzufassen, z. B.
040 in einer Gruppe von gut bis (Formel) etc.. Die Anzahl der
041 Schüler innerhalb jeder Leistungsgruppe ist in Prozentzahlen
042 bezogen auf die jeweilige Gruppe (Unterschicht bzw. Mittel
043 schicht und Oberschicht) angegeben. % sind also
044 jeweils sämtliche Schüler einer Gruppe, nicht der ganzen Klasse.
045 Wegen der unterschiedlichen zahlenmäßigen Stärke der einzelnen
046 Gruppen ermöglicht die Umrechnung in Prozentsätze die graphische
047 Darstellung aller sozialen Gruppen in einer Tabelle. Damit ist
048 eine übersichtliche Vergleichsmöglichkeit geschaffen. Die
049 graphische Darstellung zeigt für Unterschichtkinder und für die
050 Kinder der Mittelschicht und Oberschicht in rein
051 äußerlichen Verlauf ähnliche Kurven. Dabei fällt aber auf,
052 daß sich der Kulminationspunkt der Kurve für die
053 Unterschichtkinder um etwa eine volle Zensur nach rechts verschiebt.
054 Während also mehr als die Hälfte aller Mittel-
055 schichtkinder und Oberschichtkinder der Klasse in den
056 schulischen Leistungen zwischen befriedigend und ausreichend liegen,
057 befinden sich 50 % der Unterschichtkinder zwischen ausreichend
058 und mangelhaft. Verhängnisvoll an dieser Verschiebung der
059 Durchschnittsleistung bei den Unterschichtkindern ist dabei, daß
060 sie direkt in die kritische Zone zwischen ausreichend und mangelhaft
061 führt, in der sich dieser Leistungsunterschied durch
062 Nichtversetzungen und die damit verbundenen weiteren Nachteile (Abb.)
063 für den einzelnen besonders negativ auswirkt. Einflüsse
064 der Sprache auf die schulische Situation der Unterschichtkinder
065 Eine sehr wesentliche Rolle in dem komplexen Zusammenhang
066 zwischen sozialer Herkunft der Kinder und schulischer Leistung
067 scheint die milieubedingte geringe Entfaltung von
068 Unterschichtkindern im sprachlichen Bereich zu spielen. Unsere
069 Schule ist aber weitgehend eine Sprachschule. Nahezu alles
070 Wissen, das sie zu vermitteln hat, wird in sprachlicher Form
071 dargeboten. Es muß von den Schülern mit den Mitteln der
072 Sprache bewältigt werden, und zwar sowohl im Lernprozeß selbst
073 als auch bei der Wiedergabe und Anwendung von Gelerntem. Die
074 Sprache des Lehrers, des Schulbuchs, die Sprache, die im
075 Aufsatz erwartet wird, ist die Sprache der Mittelschichten
076 und Oberschichten. Sprache ist mehr als eine spezielle
077 Fähigkeit von vielen, die der Mensch hat. Zwischen Sprache und
078 Denken bestehen enge Verknüpfungen. Die Sprache ist -
079 wenigstens teilweise - " ein Vehikel der geistigen Entwicklung ".
080 Untersuchungen haben ergeben, daß die Beherrschung einer
081 Vielfalt sprachlicher Formen für das Denken und Problemlösen
082 vorteilhaft ist. Eine geringe Entfaltung der sprachlichen
083 Entwicklung, wie sie sich bei Angehörigen der Unterschicht
084 häufig findet, bringt daher Nachteile auch im kognitiven Bereich
085 nach sich. Das führt zwangsläufig zu schlechteren Chancen im
086 schulischen Lernprozeß, aber auch im Berufsleben, das in einer
087 modernen " Leistungsgesellschaft " steigende Anforderungen an die
088 intellektuellen Fähigkeiten stellt. Basil Bernstein hat die
089 Unterschiede in der Sprache der gehobenen sozialen Schichten und
090 der Unterschicht exakt untersucht und ihre besonderen Merkmale
091 katalogartig zusammengestellt. Er bezeichnet die typische Sprache
092 der Unterschicht als " restricted code "; die Sprache der
093 Mittelschichten nennt er " elaborated code ". Die restringierte
094 Sprache der Unterschicht ist nach Auffassung Bernsteins in hohem
095 Maße vorstrukturiert. Sie läuft in fertigen Begriffen oder
096 Wendungen mit festgefügten Ausdrucksfolgen ab (z. B.:
097 Bemerkungen über das Wetter oder Einleitungsfloskeln bei Parties.
098 Das zuletzt angeführte Beispiel zeigt dabei, daß die
099 restringierte Sprache nicht eine ausschließlich in der sozio-
100 ökonomischen Unterschicht vorkommende Form darstellt. Stets aber
101 handelt es sich beim restringierten Code um den Gemeinbesitz einer
102 bestimmten Sprachgemeinschaft). Gleichsam genormte festgefügte
103 Ausdrucksfolgen und Satzfolgen finden sich auch in den
104 Gruppen Jugendlicher, in Banden und schließlich in den Kreisen
105 Krimineller, dort wieder als typische Sprachform einer
106 Unterschicht. Für alle angeführten Beispiele gilt: Wer zu
107 der " Gruppe " gehören will, muß die genormte Sprache dieser
108 Gemeinschaft beherrschen. Die vorstrukturierten Äußerungen in
109 der restringierten Sprachform dienen dabei weniger einer
110 intellektuellen Verständigung, sondern sie signalisieren und
111 symbolisieren die normativen Übereinkünfte einer Gruppe.
112 Demgegenüber zeichnet sich die elaborierte Sprachform durch
113 laufend sich neu strukturierende Äußerungen aus. Die gesprochene
114 Sprache dieser Form nimmt immer wieder eine spezielle und oft neue
115 Gestalt an, um einen Sachverhalt adäquat auszudrücken. Sie ist
116 individueller Natur und in ihren Abläufen wenig voraussagbar.
117 Bernstein sieht die elaborierte Sprache als in den Mittelklassen
118 vorherrschende und für sie typische Sprachform an. Im einzelnen
119 kennzeichnet er sie durch folgende Merkmale: Genaue
120 grammatische Ordnung und Syntax regulieren das Gesagte.
121 Logische Modifikationen und Betonungen werden durch grammatisch
122 komplexe Satzkonstruktionen, vor allem durch Verwendung einer
123 Reihe von Konjunktionen und Nebensätzen, vermittelt.
124 Häufige Verwendung von Präpositionen, die sowohl logische
125 Beziehungen als auch den zeitlichen und räumlichen Zusammenhang
126 anzeigen. Häfige Verwendung der unpersönlichen Fürwörter
127 " es " und " man ". Eine qualitative Auswahl aus einer
128 Reihe von Adjektiven und Adverbien. Die individuelle
129 Qualifikation wird sprachlich durch die Struktur und die
130 Beziehungen in und zwischen den Sätzen vermittelt. Der
131 Symbolgehalt der Sprache wird ausgeschöpft. Es wird mehr
132 zwischen Bedeutungen innerhalb von Sprechsequenzen unterschieden,
133 das Unterstreichen dominanter Wörter oder Wendungen oder das
134 formelhaft diffuse Begleiten einer Sequenz findet sich weniger.
135 Es handelt sich also um einen Sprachgebrauch, der die
136 Möglichkeiten ausnutzt, die in einer komplexen begrifflichen
137 Hierarchie für die Organisation der Erfahrung bereitliegen. Der
138 elaborierte Sprachcode kann zur hochdifferenzierten Fachsprache hin
139 entwickelt werden. Für die restringierte Sprache der
140 Unterschicht sind nach Bernstein folgende Merkmale typisch:
141 Kurze, grammatisch einfache und oft unvollständige Sätze von
142 dürftiger syntaktischer Form. Einfacher und sich
143 wiederholender Gebrauch bestimmter Konjunktionen (so, dann, und,
144 weil). Geringe Verwendung von untergeordneten Sätzen,
145 durch die die Kategorien des übergeordneten Subjekts modifiziert
146 werden. Unfähigkeit, ein Subjekt über eine ganze
147 Sprechsequenz hinweg durchzuhalten, so daß es leicht zu einer
148 Verzehrung des Mitteilungsgehaltes kommt. Starrer und
149 begrenzter Gebrauch von Adjektiven und Adverbien.Seltener
150 Gebrauch von unpersönlichen Fürwörtern als Subjekten in
151 Bedingungssätzen oder Sätzen überhaupt. Häfiger Gebrauch
152 von Feststellungen, bei denen Begründung und Folgerung
153 vertauscht sind; sie bekommen dadurch den Charakter kategorischer
154 Behauptungen. Eine große Zahl von Aussagen und Wendungen,
155 welche das Bedürfnis anzeigen, die vorausgehende Sprechsequenz zu
156 verstärken: " Nicht wahr? Da sehen Sie! Müssen Sie
157 wissen! " etc.. Dieser Vorgang wird " sympathetische
158 Zirkularität " genannt. Individuelle Auswahl aus einer
159 Gruppe idiomatischer Wendungen oder Sequenzen kommt häufig vor.
160 Die individuelle Qualifikation ist in der Satzorganisation
161 impliziert. Es ist eine Sprache implizierter Bedeutungen.
162 Beispiele für die unterschiedlichen Sprachformen in
163 Schüleraufsätzen. Der enge Zusammenhang zwischen Sprachform
164 und kognitivem Bereich zeigt sich an folgenden Schüleraufsätzen
165 deutlich. Hier finden sich starke Elemente des restringierten
166 Sprachcodes. Die Aussagen sind sehr allgemein gehalten. Sie
167 wiederholen sich inhaltlich (z. B. im ersten und im dritten
168 Satz). Der Verfasser versucht, eine Begründung für die
169 Notwendigkeit des Lesens zu geben, kommt dabei aber über
170 allgemeine Redensarten wie " im Haus und im Alltag " kaum hinaus.
171 Er begründet eine behauptete Tatsache durch Wiederholen
172 derselben Behauptung. Solche Scheinbegründungen führen dann zu
173 kategorischen Feststellungen: " Man braucht das Lesen beim
174 rechnen (...) und beim lesen "; " (...) um das zu wissen, was man
175 wissen muß ". Für diesen Schüler mag durchaus typisch sein,
176 daß er die Rechtschreibung als Ausdruck für Ordnung auffallend
177 hoch bewertet. Es ist nicht bekannt, zu welcher sozio-
178 kulturellen Schicht der Verfasser des Aufsatzes gehört. Das
179 Überbetonen des Ordnungsprinzips kann aber - neben den
180 deutlichen Merkmalen restringierten Sprachcodes - auf eine
181 Erziehung im Elternhaus hindeuten, die ein Verharren in
182 restringierten Sprachformen und damit die entsprechenden negativen
183 Konsequenzen im kognitiven Bereich begünstigt. Nach Mollenhauer
184 finden sich solche übermäßig ordnungsbetonte und
185 gehorsamsbetonte, kreatives Verhalten dagegen wenig schätzende
186 Erziehungsformen besonders häufig in Elternhäusern der sozio-
187 kulturellen Unterschicht. Im Gegensatz zu dem ersten zeigt dieser
188 Aufsatz die Fähigkeit des Verfassers, sprachlich stark zu
189 differenzieren, selbständige Begriffe zu prägen und zu definieren
190 (z. B.: " Es gibt die Schulbedeutung und die wirkliche
191 Bedeutung "), sich individuell und dem Sachverhalt angemessen
192 auszudrücken. Typisch ist hier gerade der gebrauch eigenwilliger
193 und origineller Wortbildungen, wie " schulfromm ". Das
194 Beispiel zeigt, wie sich mit dem elaborierten Sprachstil zugleich
195 wesentlich günstigere kognitive Möglichkeiten verbinden: Es
196 gelingt, schwierigere tieferliegende Ursachenzusammenhänge des
197 behandelten Problems zu erkennen und mit sprachlichen Mitteln zu
198 gestalten. Der dritte Aufsatz wurde als Beispiel für eine
199 besondere Form sprachlicher Erstarrung wiedergegeben, wie sie sich
200 oft in der sogenannten Behördensprache findet. Die Sprache der
201 Behörden und Gerichte ist ihrem Wesen nach Fachsprache. Sie
202 dient dazu, schwierige, abstrakte Sachverhalte und Gedanken
203 wiederzugeben (z. B. Gesetzesauslegungen). Hierzu bedarf
204 es einer hochdifferenzierten Fachsprache, die eindeutig dem
205 Bereich des elaborierten Codes zuzuordnen ist, wenn man die
206 Einteilung Bernsteins zugrunde legt. Der hochdifferenzierten
207 Fachsprache steht ein " entartetes " negatives Extrem gegenüber.
208 In ihm erstarrt Fachsprache zu Floskeln, zu fachlich getönten
209 Worthülsen, die sich als solche dem restringierten Sprachstil
210 zuordnen lassen. Beispiele solcher erstarrten Fachsprache finden
211 sich in dem 3.Schüleraufsatz, wenn dessen Verfasser von
212 " betreffenden Büchern ", " besagten Quellen ", " ge-
213 wissermaßen " und von einem " wichtigen Faktum " spricht.
214 Die sprachliche Förderung von Unterschichtkindern im
215 Unterricht. Soll der Grundsatz der Chancengleichheit in
216 unserer Schule verwirklicht werden, so gilt es, auch im
217 Unterricht Möglichkeiten zur Überwindung der sprachlichen Enge
218 zu finden, der die Kinder aus sozio-kulturellen Unterschichten
219 von Geburt an in ihrem Elternhaus ausgesetzt sind. Wege zu
220 stärkerer sprachlicher Beteiligung der Unterschichtkinder können
221 sich im fachlichen, aber auch im außerfachlichen Bereich ergeben,
222 etwa durch Diskussionen über Probleme und Angelegenheiten der
223 Klasse oder einzelner Schüler. (Eindrucksvolle Beispiele für
224 derartige Gruppengespräche finden sich bei Rudolf Dreikurs,
225 Psychologie im Klassenzimmer, Stuttgart 1967). Zu einer
226 starken und breit gestreuten sprachlichen Aktivierung führen vor
227 allem aber szenische Darstellungen von Sachverhalten und
228 Gruppenaufführungen. Steht der Lehrer allerdings ständig unter
229 dem starken Druck eines zu bewältigenden Stoffpensums, so wird er
230 im allgemeinen nicht allzuviel Neigung zum Einsatz solcher relativ
231 " aufwendigen " Mittel zeigen. Gemeinsame Züge der
232 Richtlinien. Alle Richtlinien fordern, daß die Lerninhalte
233 und Unterrichtsverfahren in Gesamtkonferenzen zwischen den
234 einzelnen Fächern aufeinander abgestimmt werden sollten.
235 Anschließend sollten dann in Elternversammlungen die Richtlinien
236 erörtert, die geplanten Unterrichtsinhalte und Unterichts
237 ziele erläutert und Lehrhilfen vorgeführt werden. Das würde die
238 Eltern befähigen, mit ihren Kindern zu hause sinnvolle
239 vorbereitende Gespräche zu führen. Diese Elternarbeit kann
240 durch Merkblätter, Podiumsgespräche, Elternseminare und
241 Einzelgespräche vertieft und unterstützt werden. Ein
242 frühzeitiger Beginn dieser Arbeit ist bereits bei
243 Kindergarteneltern angezeigt. Die Schule hat ferner, wenn ihr
244 Abwehr, Verbote, Tabuierung auf dem Gebiete der
245 Sexualerziehung bekannt sind, helfend und korrigierend einzugreifen.
246 Der sexualpädagogische Erziehungsprozeß vollzieht sich im
247 Elternhaus durch allmähliche Einübung der Verhaltensmuster.
248 Der Schule steht im allgemeinen die rationale Klärung der
249 Positionen und Vorstellungen zu, die auf künftige
250 Realsituationen in einem größeren Umfange bezogen sind. Obwohl
251 die Eltern darauf Anspruch haben, über das sexualpädagogische
252 Vorhaben der Schule informiert zu werden, bedeutet das nicht,
253 daß die Tätigkeit der Schule abhängig wäre von der Zustimmung
254 der Eltern. Beide Formen der Erziehung sollten sich
255 normalerweise ergänzen. Da unterschiedliche Erziehungsziele und
256 Erziehungsmethoden zum Zerfall der Erzieherautorität und zum
257 Glaubwürdigkeitsverlust führen können, sollten alle bestehenden
258 Schwierigkeiten in Elternversammlungen sachlich ausdiskutiert
259 werden. Bei aller Pluralität der Zielvorstellungen in unserer
260 Gesellschaft scheinen sich bei der Betrachtung aller vorhandenen
261 Richtlinien, deren gemeinsame Grundlage die Empfehlungen sind,
262 folgende Erziehungsziele herauszukonsolidieren: Die Erziehung
263 zur Bejahung der menschlichen Sexualität soll dem jungen Menschen
264 Wege und Möglichkeiten erschließen zu einem späteren
265 glücklichen und erfüllten Leben. Sie soll den jungen Menschen
266 zum kritischen Denken erziehen und zeigen, wie man zwischen den
267 vielfältig durch Massenmedien und die Gesellschaft selbst
268 angebotenen Verhaltensmustern die richtige Wahl trifft.
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