Kant: Briefwechsel, Brief 783, An Iacob Lindblom. |
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An Iacob Lindblom. | |||||||
13. Oct. 1797. | |||||||
Hochwürdiger Herr Bischof | |||||||
Hochzuverehrender Herr! | |||||||
Die Bemühung, die sich Ew: Hochwürden gegeben haben, meinen | |||||||
Abstamm zu erkunden und mir das Resultat Ihrer Nachforschung | |||||||
gütigst mitzutheilen, verdient allen Dank; wenn gleich daraus weder | |||||||
für mich noch für Andere, nach der Lage der Sache, irgend ein baarer | |||||||
Nutzen zu ziehen seyn möchte. | |||||||
Daß mein Grosvater, der in der preussisch=litthauischen Stadt | |||||||
Tilsit lebte, aus Schottland abgestammt sey: daß er einer von den | |||||||
Vielen war, die am Ende des vorigen und im Anfange dieses Iahrhunderts | |||||||
aus Schottland, ich weiß nicht aus welcher Ursache, in großen | |||||||
Haufen emigrirten und davon ein guter Theil sich unterwegens auch | |||||||
in Schweden, der Rest aber in Preussen, vornehmlich über Memel | |||||||
verbreitet hat, beweisen die dort noch bestehende Familien der Simpson, | |||||||
[M]aclean, Douglas, Hamilton und anderer mehr, unter denen | |||||||
auch mein Grosvater gewesen und in Tilsit gestorben ist, *) war mir | |||||||
längst gar wohl bekannt. Von lebenden Verwandten väterlicher Seits | |||||||
und, ausser den Descendenten meiner Geschwister, ist also (da ich selbst | |||||||
ledig bin) mein Stammbaum völlig geschlossen. - So viel von meiner | |||||||
Abstammung, die nach dem von Ihnen entworfene genealogische Schema, | |||||||
von guten Bauern in Ostgothland (welches ich mir zur Ehre anrechne) | |||||||
bis auf meinen Vater (sollte allenfalls eher Grosvater lauten) erkundet | |||||||
seyn soll; wobey ich das Interesse der Menschenliebe, welches Ew: Hochwürden | |||||||
an diesen Leuten nehmen, mich nämlich zur Unterstützung dieser | |||||||
angeblichen Verwandten zu bewegen, nicht verkenne. | |||||||
Denn es ist zu gleicher Zeit ein Brief aus Larum, den 10 Iul. | |||||||
1797 datirt, mir zu Handen gekommen, der eine ähnliche Entwickelung | |||||||
meiner Abstammung, zugleich aber auch das Ansinnen enthält, ihm | |||||||
dem Briefsteller, der sich meinen Cousin nennt, "auf einige Iahre mit | |||||||
8 a 1O tausend Thaler Kupfermüntze gegen Interessen zu dienen, durch | |||||||
welche er glücklich werden könne." | |||||||
Dieses und jedes andere ähnliche Ansinnen werden aber Ew: Hochwürden | |||||||
selbst als ganz unstatthaft erkennen, wenn ich Ihnen sage da | |||||||
ich eine Schwester am Leben, 6 Geschwisterkinder von meiner verstorbenen | |||||||
Schwester, deren einige selbst wieder Kinder haben, aber nur | |||||||
einen Bruder den Pastor Kant in Altrahden in Curland der aber auch | |||||||
4 Kinder unter diesen 1 Sohn der erwachsen ist hat, deren eines neuerlich | |||||||
schon verheuratet ist am Leben habe, meine Verlassenschaft also | |||||||
durch diese nächste natürliche Competenten bey meinem Ableben so verdünnet | |||||||
werden dürfte, daß für eine entfernete Vetterschaft, deren Naheit | |||||||
selbst noch problematisch ist, wohl nichts übrig bleiben kann. | |||||||
Mit der großten Hochachtung bin ich indeß jederzeit | |||||||
Ew. Hochwürden | |||||||
Königsberg | Kant | ||||||
den 13 Octobr. | |||||||
1797 | |||||||
*) Mein Vater ist in Königsberg und in meinem Beyseyn gestorben. | |||||||
[ abgedruckt in : AA XII, Seite 205 ] [ Brief 782 ] [ Brief 784 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |