Kant: Briefwechsel, Brief 650, Von Christoph Gottlieb Steinbeck.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Christoph Gottlieb Steinbeck.      
           
  11. Febr. 1795.      
           
  Wohlgeborner      
  Hochgelehrter Herr      
  Verehrungswürdigster Gönner!      
           
  Ew. Wohlgeb. werden aus beiliegenden Avertissement, mein      
  Unternehmen, zur Bildung des deutschen Volks, gütigst ermessen, und      
  verzeihen, wenn ich die Dreistigkeit begehe, und Dieselben dabei, mit      
  folgender gehorsamster Bitte unterbreche, daß Ew. Wohlgeb. nämlich      
  die hohe Gewogenheit haben, und      
  in einer Ihrer gehörtesten Vorlesungen gelegentlich meine Deutsche      
  Volkszeitung Ihren Herrn Zuhörern theils zur Verbreitung derselben      
  in ihrem Vaterlande, theils zur Beförderung derselben      
  durch Beiträge aus demselben gütigst empfehlen möchten.      
           
  Darf ich mich dieser ganz auserordentlichen Gewogenheit freuen,      
  o! so habe ich bei meinem gemeinnützigen aber schweren Unternehmen      
  gewiß gewonnen, denn wie viele ädle junge Männer aus den verschiedensten      
  Gegenden Deutschlandes, werden sich dann, auf so eine      
  wichtige Empfehlung ihres grosen Lehrers für die Zeitung interessiren,      
  und mich zu ihrer Herausgabe, mit guten Beiträgen aus ihrem Vaterlande      
  unterstützen. In Jena, Leipzig, Göttingen und Halle, bin ich      
  schon so glücklich gewesen gütiges Gehör für diese Bitte zu erhalten,      
  und hoffe es bei Ew. Wohlgeb. ebenfalls, und um desto gewißer, da      
  mir von Freunden, die so glücklich sind, sich unter Dero dankbarste      
  Schüler zählen zu dürfen, die Gütigkeit, mit der Dieselben alles was      
  Gemeinnützig heist, befördern helfen, als auserordentlich beschrieben ist.      
  Die dortigen Buchhandlungen sind hinlänglich mit Avertissements      
  versehen, und zwar deswegen, damit Ihre Herrn Zuhörer auf Ihre      
  entscheidende Empfehlung sie in denselben erhalten, und in ihr Vaterland      
  schicken können.      
           
  Alle Kräfte meines Geistes habe ich angestrengt, und nachgedacht,      
  aber kein beßeres Mittel,      
           
  eine Volkszeitung mit einemmahle unter das Volk in ganz      
  Deutschland zu bringen finden können, als diese Bitte auf allen      
           
  Deutschen Universitäten zu thun, denn durch gütige Gewährung derselben,      
  wird sie ja hauptsächlich      
           
           
  allen künftigen Volkslehrern, aus allen Winkeln Deutschlandes zugleich      
  empfohlen. Ich rechne daher auf gütigste Verzeihung wegen      
  der Dreistigkeit, die ich eigentlich durch sie begehe, und die angenehmsten      
  Folgen von Dero hohen Empfehlung meines Unternehmens lege      
  noch einen Brief bei, mit dem gehorsamsten Ersuchen, ihn mit Einschluß      
  einer Ankündigung an einen Ihrer Lieblinge von Ihren gelehrten      
  Zuhörern, oder an einen dortigen Freund der Aufklärung, von dem Sie      
  glauben, daß er sich für mein Institut verwenden wird zu addressiren      
  und ihn dadurch zu einem Correspondenten für mich gütigst zu      
  engagiren. Ich bin dagegen mit innigster Hochachtung      
           
    Ew. Wohlgeb.      
  Gera Dankbarster Verehrer      
  den 11ten Febr. pr. Christoph Gottlieb Steinbeck      
  1795. Verfasser und Herausgeber der      
    Deutschen Volkszeitung.      
           
  [Beilage.]      
  P. P.      
           
  Ich bin so frei und übergebe Ihnen hier die Ankündigung einer neuen      
  Volkszeitung, die, wie ich hoffe, auch Ihren Beifall erhalten wird, mit der gehorsamsten      
  Bitte, diese Zeitung nicht nur in Ihrer Gegend zur Lectüre bestens zu      
  empfehlen, sondern auch die Gewogenheit für mich zu haben, und mich, für dieselbe      
  theils mit Ihrer eigenen mir unschätzbaren Correspondenz zu unterstützen,      
  theils für mich um diese in dem Zirkel Ihrer Freunde zu bitten.      
           
  Gewiß sind Ihnen und Denenselben, aus Ihren Gegenden mehrere gute      
  und schlechte Thaten bekannt, welche öffentlich, jene zur Belohnung und Aufmunterung,      
  diese zur Strafe und Warnung, aufgestellet zu werden verdienen - gewiß      
  kennen Sie Vorurtheile, Thorheiten, Inconsequenzen oder Schildbürgergeschichten      
  unserer Tage dortiger Gegend genug - vielleicht sind Sie mit Menschen, die sich      
  selbst unglücklich machten, und mit ihren Selbstgeständnissen vertraut -wahrscheinlich      
  erzählte man sich auch in Ihrer Gegend manche schreckliche Teufelsgeschichte,      
  bie sich aber nach der Hand sehr natürlich erklärte - gewiß fallen auch      
  bei Ihnen Unglücksfalle vor, welche öffentlich zur Belehrung und Warnung bekannt      
  gemacht zu werden verdienen - zuverlässig wird auch bei Ihnen mancher Mensch      
  durch verkehrte Behandlung in Krankheiten, dem Tode muthwillig geopfert - ganz      
  gewiß sind auch Ihnen lehrreiche und abschreckende Prozeßgeschichten nicht unbekannt      
  - sicher fanden auch Sie in mancher alten und neuen Schrifft manches,      
  das gar nicht unter das Volk kommt, und demselben doch zu wissen, höchst nöthig      
  wäre - o haben Sie die Gewogenheit und theilen mir dieses mit, und nicht      
  nur dieses, sondern überhaupt alles was Sie ausserdem noch für diese Zeitung      
           
  passend, für Ihr Publicum nützlich, für Ihren Zweck befördernd halten, ich will      
  Ihnen und Ihren Freunden dafür alles leisten, was ich in der Ankündigung versprochen      
  habe, und Sie sonst noch verlangen. Ich sehe recht bald gütiger Antwort      
  entgegen, hoffe, wegen meiner Dreistigkeit und des tittellosen Styls, des ich mich      
  bedienet habe, von Ihnen Verzeihung und bin mit inniger Hochachtung und Erwartung      
       
           
    Ihr      
  Gera ganz ergebenster      
  den 8ten Febr. Ch. G. Steinbeck.      
  1795.        
           
           
           
     

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