Kant: Briefwechsel, Brief 541, Von Ludwig Ernst Borowski.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Ludwig Ernst Borowski.      
           
  24. Oct. 1792.      
           
  Eben kehre ich, edler, verehrungswürdiger Mann! von einer Mahlzeit      
  außer meinem Hause zurück und finde Ihre gütige Zuschrift nebst      
  meinem Ihnen eingehändigten Manuscripte. - Auch nicht eine einzige      
  unangenehme Minute sollen Sie - durch mich haben; deswegen schreibe      
  ich, nachdem ich Ihre Deklaration gelesen habe, augenblicklich zurück.      
  Die Handschrift soll weder vorgelesen und noch weniger bei Ihren      
  Leben abgedruckt werden; sie soll zu derjenigen Bestimmung, die Sie      
  selbst ihr zu geben gewürdiget haben, aufbehalten bleiben. Sie hatten,      
  Theuerster! keine inständige und ernstliche Bitte an mich nöthig, denn      
  Ihr kleinster Wink ist mir so heilig und werth, daß ich ihn sogleich      
  befolge.      
           
           
  Tausend Dank für Ihr Beigeschriebenes! Die übrigen mir zum      
  künftigen Gebrauch zugesandten Materialien remittire ich morgen zu      
  Ihren Händen. - Das Manuscript wird nun gänzlich an die Seite      
  gelegt. Wie freu' ich mich, daß Sie meine wahrlich gute Intention      
  doch nicht verkannt haben! Ich fange gleich diesen Abend an, über      
  einer andern Vorlesung, da ich doch eine halten muß, zu brüten.      
  Etwa "Ueber die Veränderungen des Geschmacks in philosoph. und      
  theol. Wissenschaften in Preußen u. s. f." oder, was ich der Nothbrochure      
  für einen Namen geben werde. Und nun, gütigster Freund!      
  leben Sie noch lange und recht wohl. Sie müssen, wenn ich vor      
  Ihnen heimgehe, einen Ihrer würdigen Biographen finden und Sie      
  werden ihn auch gewiß finden. Mir hat der weggelegte Aufsatz, da      
  ich ihn entwarf, frohe Stunden gemacht, weil ich mich mit Ihnen beschäftigte      
  - und mit gehorsamer und gegen Sie dankvoller Empfindung      
  lege ich diesen, durch Ihre Beischriften bereicherten und nun von      
  Ihnen autorisirten biographischen Entwurf an die Seite, weil ich dadurch      
  Ihren Willen erfülle. Mit wahrer und herzlicher Ehrerbietung      
  bin u. f.      
           
  Kön. 24 Octbr. 1792.      
           
           
           
     

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