Kant: Briefwechsel, Brief 48, Von C. F. Ziegler.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von C. F. Ziegler.      
           
  3. Ian. 1770.      
           
  Hochedelgebohrner,      
  Hochgelahrter,      
  Besonders Hochzuehrender Herr Profeßor;      
           
  Das Verlangen, mir noch entfernt die Ehre Deroselben Bekantschaft      
  zu verschaffen, macht mich so frey, Ew. Hochedelgeb. hiermit ergebenst      
  zu versichern, daß die Nachricht von der Annehmung des von      
  hieraus an Dieselben ergangenen Rufs bey allen hier Studirenden      
  die lebhafteste Freude gewirket und die heißeste Wünsche für Deroselben      
  baldige glückliche Überkunft veranlaßet hatt. Die Herren      
  Barons von Rosen und von Löwenwolde, welche ich führe, gratuliren      
  desfals mit mir Ew. Hochedelgeb. zu dieser neuen Stelle aus dem      
  aufrichtigsten Hertzen uud wünschen nichts mehr, als nur bald die      
  Freude zu haben, Dieselben durch die überführendsten Beweise von      
  der Hochachtung und Liebe welche uns für Dieselben beseelen auch      
  hier in Erlangen bald überzeugen zu können.      
           
  Sehen Ew. Hochedelgeb. es gütigst nur als ein geringes Merkmal      
  derselben an, daß meine Herrn Barons mit mir sich jetzt unterstehen Denenselben      
  unser Quartier bei Deroselben Überkunft so lange hiermit ergebenst      
  anzubieten, bis Dieselben Sich Selbst eine anständige Gelegenheit      
  werden auswählen können. Wie groß würde unsere Freude seyn,      
  wenn Ew. Hochedelgeb. die vier in unserm Hause noch ledig stehende      
  und an die unsrige stoßende Zimmer auch würden Dero Absicht gemäß      
  finden, um so wol die Ehre Deroselben angenehmen Nachbarschaft      
  zu genießen, als auch Deroselben besondern Vorlesungen desto näher      
  zu seyn, und um, wenn unsere Wünsche gantz erfüllet werden könten,      
  auch noch Tischgesellschafter mit Ew. Hochedelgeb. werden zu können.      
  Erlangen ist ein sehr angenehmer Ort, die Luft gesund und die      
  Gegend reitzend. Alle Bedürfniße, ja so gar das Überflüßige kan      
  man sich hier um einen mäßigen Preiß verschaffen und der gefällige      
  Umgang den man hier findet, macht daß nicht leicht jemand diesen      
  Aufenthalt wieder mit Gleichgültigkeit verlaßen kann. Ehe ich nach      
  Leipzig kam, wuste ich noch nicht, ob ich dort bleiben oder noch eine      
  andere Universität wählen würde; was ich aber daselbst hörte und      
  sahe, und in eben der Zeit auch von einigen welche von Erlangen      
           
  gekommen waren, von dieser Universität erfuhr, hatt mich die Entschließung      
  faßen laßen hierher zu gehen, und es gereicht mir zu keiner      
  kleinen Beruhigung daß ich mich überzeugt halten kann, daß diese      
  Wahl weder meine junge Herren noch mich jemals gereuen wird.      
           
  Es ist wahr, die Zahl der hiesigen HEn. Profeßoren ist nicht      
  so groß als in Leipzig und Göttingen; man findet aber doch auch      
  schon jetzt in allen Theilen der Wißenschaften hier sehr würdige      
  Männer, und da Ihro Hochfürstl. Durchlaucht der regierende HE.      
  Marggraf es sich vorgesetzt haben, die hiesige Universität zu einer der      
  blühendsten in Teutschland zu erheben so wird Erlangen sich auch      
  gewis in Kurtzem in einer glänzendern Gestalt zeigen können. Die      
  hiesige Universitätsbibliothek welche schon sehr ansehnlich ist, weil sie      
  aus 3 fürstlichen u. verschiedenen privat Bibliotheken nebst der halben      
  Heilbrunnischen besteht, wird auch noch mit der andern Hälfte von      
  Heilbrunn und 3000 kostbaren Büchern welche erst kürtzlich der verstorbene      
  Geh. Rath von Treiden hierher vermacht hatt, vermehret      
  werden auch haben Ihro Hochfürstl. Durchl. der reg. HE. Marggraf      
  zur Unterhaltung derselben ein jährliches Einkommen von 700 Gulden      
  bey zu legen geruhet. Das Kunst und Naturalien Cabinet von Bayreuth      
  ist auch der Universität geschenkt worden, nebst einem ansehnlichen Gelände      
  über welchem auch noch kommenden Sommer ein Observatorium      
  aufgeführt werden soll. Mit Anlegung eines weitläuftigen Botanischen      
  Gartens wird auch in diesem Frühjahr schon der Anfang gemacht werden.      
  Die theologische und medicinische Facultäten sind mit den vortreflichsten      
  Männern besetzt; es fehlt auch nicht in der juristischen u. philosophischen      
  an geschickten Lehrern; aber auch diese beyde Facultäten,      
  werden noch ansehnlich erweitert werden; das Fach der schönen Wißenschaften      
  allein ist bisher etwas zu sehr vernachläßiget worden, doch      
  wird auch diese Lücke nicht lange mehr unausgefüllet bleiben. Zu      
  Sprachen und Exercicien hatt man hier so gute Gelegenheit als auf      
  irgend einer Universität. Die hiesige frantzösische Colonie bey welcher      
  zween geschickte Prediger stehen von welchen der eine ein Gelehrter      
  und vortreflicher Redner ist, tragen auch nicht wenig zu dem angenehmern      
  Umgange u. der Erlernung der frantzösischen Sprache bey.      
  Ietzt will ich aber noch eines Umstandes erwehnen, der Ew. Hochedelgeb.      
  besonders betrift. Des Herrn Staatsministers u. Curators der hiesigen      
  Universität Freyherrn von Seckendorf, Excellentz, ein Herr welcher Wißenschaften      
           
  u. wahre Gelehrsamkeit über alles schätzt, haben sich gleich      
  Ew. Hochedelgeb. erinnert, so bald der HE. Marggraf bey dem Antritte      
  der Regierung der Bayreuthischen Lande, es sich vorgenommen,      
  der hiesigen Universität, welche unter der letzten Regierung so sehr      
  gelitten hatte, wieder aufzuhelfen. Die Lesung der unvergleichlichen      
  Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen, hatte      
  gleich bey diesem großen Minister, in welchem die hiesige Universität      
  einen wahren Maecen zu ihrem Glücke zu verehren hatt, den Wunsch      
  entstehen laßen, den Würdigen HEn Verfaßer derselben Selbst in      
  Erlangen zu sehen; sie erinnerte Sich dieser schönen Schrift verschiedene      
  male in den gnädigsten Ausdrücken gegen mich, und Ew. Hochedelgeb.      
  können Sich versichert halten daß dieser Herr alles was nur von      
  Ihm abhangen kan dazu beytragen wird, Dieselben die Entschließung      
  hierher zu kommen nicht gereuen zu laßen. An einer künftigen Erhöhung      
  des Gehalts dürfen Ew. Hochedelg. daher im geringsten nicht      
  zweifflen, ich glaube auch, daß wenn das zur Reise Bewilligte nicht      
  zureichen sollte, die Ersetzung deßen was etwan die Reise mehr      
  kosten könnte, Denenselben auch gewiß nicht entstehen wird. Weil man      
  von Berlin verschiedene Wege hierher nehmen kann, so rathe ich, wenn      
  Ew. Hochedelgeb. ein Liebhaber rauher und gebirgigter Gegenden sind,      
  den Weg über Hof und Bayreuth an; ich widerrathe aber zugleich      
  hierbey die Nacht. So beschwerlich er auch ist, so hab ich ihn doch      
  mit meinen jungen Herren mit vielem Vergnügen zurückgelegt; der      
  andere gewöhnliche Weg, der etwas weniger rauh, doch auch nicht      
  gantz ohne Gebirge ist, gehet über Halle, Iena und Coburg. Welchen      
  Weg Dieselben auch wählen werden, so wünsche aus dem Innersten      
  meiner Seele, daß er unter der Obhut des Allerhöchsten mit unwandelbarer      
  Gesundheit und ununterbrochenem Vergnügen möge zurück gelegt      
  werden. Der Tag Deroselben glücklichen Überkunft, wird ein Fest seyn für      
           
    Ew. Hochedelgeb.      
  Erlangen d. 3ten Ienner ergebensten Freund u. Diener      
  1770 C. F. Ziegler      
           
  Unser Hauswirth ist der Herr Commercienrath Friese      
  An den HE: Rode, der bey Remus logirt, erbitte mein Compliment      
  In Berlin ersuche gehorsamst, mich dem HE. Kriegesrath Wloemer      
  bestens zu empfehlen.      
           
           
           
           
     

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