Kant: Briefwechsel, Brief 308, Von Iohann Gottlieb Peuker. |
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Von Iohann Gottlieb Peuker. | |||||||
25. Nov. 1787. | |||||||
Wohlgebohrner, Hochgelahrter Herr Profeßor! | |||||||
Wenn Ew. Wohlgebohrn gegenwärtiger Brief von einer unbekannten | |||||||
Hand - und noch mehr durch seinen Innhalt auffallend | |||||||
scheinen sollte; so halten Sie wenigstens Ihr Urtheil noch zurük, und | |||||||
nehmen einige Rüksicht auf die Lage meines Geistes und die geheimen | |||||||
Wünsche deßelben, die unaufhaltsam in mir aufsteigen; worüber ich | |||||||
gleich die Ehre haben werde, mich Ihnen zu erklären. Ich bin ein | |||||||
junger Candidat der Theologie der vor einigen Iahren von der Universität | |||||||
Halle zurückgekommen ist. Die Aussicht, als Prediger meinem | |||||||
Vaterlande zu nüzen, scheint mir ein zu enger WirkungsCreiß zu seyn, | |||||||
und von jeher war es mein heißester Wunsch, einst auf einer Academie | |||||||
meine kleine Talente gemeinnüzig zu machen. Ich kenne leider alle | |||||||
die großen Schwierigkeiten, die mir dieses Ziel verdunkeln, aber ich | |||||||
gestehe auch eben so freimüthig, daß keine andre Lage mir jemals befriedigend | |||||||
seyn wird. Wie groß muß nicht der Grad meines Zutrauens | |||||||
seyn, da ich zu Ew. Wohlgebohren meine einzige Zuflucht nehme. Wie | |||||||
glüklich wär ich, wenn Sie mir vielleicht einige Winke an die Hand | |||||||
geben könnten, die mich diesem Ziel näher führten. Die Reisekosten | |||||||
bis Königsberg würde ich bestreiten, aber weiter auch nichts. Vielleicht | |||||||
fände ich aber da in Ihnen einen zweiten Vater, da mir das Schiksaal | |||||||
den ersten schon längst entrißen hat. Gern wollte ich anfangs | |||||||
durch PrivatInformationen und andre litterairische Arbeiten, wozu | |||||||
man mich vielleicht brauchen könnte, mein Daseyn fristen, wenn ich | |||||||
nur hoffen dürfte, bald die Erlaubniß zu erhalten, öffentlich über die | |||||||
Theologie zu lesen. Theurester Herr Profeßor! versezen Sie sich wo | |||||||
möglich in die Lage meines Geistes, und ich darf hoffen, daß Sie | |||||||
meine Verwegenheit, mich an Sie zu wenden, verzeihen, und vielleicht | |||||||
- wenn Sie es können - eine meinen Wünschen gemäße Aussicht | |||||||
mir aufdecken werden. - Als Schriftsteller bin ich bekannt durch den | |||||||
Versuch einer Glaubenslehre für Kinder aus den höhern Volks Claßen, | |||||||
welcher in diesem Iahr zu Breslau bey Löwe erschienen ist. Möchten | |||||||
Sie doch darinnen die Spuren eines nicht ganz unbrauchbaren Kopfes | |||||||
für die Welt entdeken, der Ihrer Unterstüzung nicht ganz unwürdig | |||||||
wäre. - Voll Erwartung auf Ihre gütige Antwort, die so viel über | |||||||
mein Schiksaal entscheiden könnte - noch mehr aber voll Achtung | |||||||
gegen Ew. Wohlgebohren - habe ich die Ehre zu seyn | |||||||
Dero | |||||||
Falkenberg in Ober Schlesien | Ganz ergebenster Diener: | ||||||
den 25t November 1787. | I. G. Peuker. | ||||||
Hofmeister bey dem HE. Obrist=Lieutenant von | |||||||
Voß vom Mannsteinschen Cuiraßier=Regiment. | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 504 ] [ Brief 307 ] [ Brief 309 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |