Kant: Briefwechsel, Brief 290, Von Christian Gottfried Schütz. |
|||||||
|
|
|
|
||||
Von Christian Gottfried Schütz. | |||||||
23. März 1787. | |||||||
Verehrungswürdigster Herr Professor! | |||||||
Theuerster Lehrer und Freund! | |||||||
Ich bin Ihnen auf zwey Ihrer mir jederzeit höchst interessanten | |||||||
Briefe Antwort schuldig. Im ersten schrieben Sie mir, daß es nicht | |||||||
angehe die einzelnen Bogen von der N[euen] A[uflage] der Kritik | |||||||
zu senden. Ob ich mir nun gleich darauf schon sehr nahe Hoffnung | |||||||
gemacht, auch Hr Hartknoch ganz sicher des Nachdruckes halber hätte | |||||||
seyn können, da die Bogen gewiß keinem Menschen hätten unter Augen | |||||||
kommen sollen, so unterwerfe ich mich doch sehr gern Ihren anderweitigen | |||||||
Verfügungen und bitte nur Hn. Grunert zu veranlassen, da | |||||||
mir sobald der Abdruck geendigt ein Exemplar zugesandt werde, damit | |||||||
ich die Recension schleunigst besorgen könne. | |||||||
In Ihrem zweyten Schreiben das ich vorigen Posttag erhalten | |||||||
geben Sie mir die höchst angenehme Nachricht, daß Ihr philosophischer | |||||||
Freund die Recens. v. M[einers] wirklich schon den 3 ten Tag vor | |||||||
Abgang Ihres Briefes auf die Post gegeben. Von Rechts wegen hätte | |||||||
ich sie also an eben dem Posttage erhalten müssen, da ich Ihren Brief | |||||||
erhielt. Vielleicht kömmt sie morgen hier an, welches ich sehr wünsche, | |||||||
denn ich bin unendlich begierig darauf Zweifeln Sie doch keinen | |||||||
Augenblick, vortrefflicher Mann, daß wir sie mit größtem Vergnügen | |||||||
und zwar unverändert einrücken werden. Wenn sie auch durch mehrere | |||||||
Stücke fortläuft. Ist die Recension so, wie ich sie nach den von | |||||||
Ihnen mir von ihrem Verfasser beygebrachten Ideen gewiß erwarten | |||||||
kann, so wird sie uns bey allen Lesern der Ausnahme halber rechtfertigen, | |||||||
die wir ihr zu Gunsten machen, zumal da wirklich die itzige | |||||||
Crisis höchst wichtig ist. | |||||||
Haben Sie denn Gewißheit davon, daß in Marburg die Kantische | |||||||
Philosophie verboten sey? Es ist komisch genug, daß ich Sie um eine | |||||||
Nachricht aus Königsberg über ein factum in Marburg ersuche. Aber | |||||||
die Wahrheit zu sagen, ich habe mich bisher ordentlich gescheut, an | |||||||
jemand deshalb nach Marburg zu schreiben, um fals es wahr wäre | |||||||
eine so abscheuliche Wahrheit nicht mit Gewißheit zu erfahren. Ist | |||||||
es aber wirklich wahr, so ist es eine wahre Prostitution. Daß Heyne | |||||||
so gut als die Herrn Kästner u. Lichtenberg ganz anders als Hr. | |||||||
F[eder] u. M[einers] von Ihren Schriften denke weiß ich gewiß. | |||||||
Vortreflichlich ist es, daß Sie sich gar nicht selbst mit Widerlegungen | |||||||
befassen, sondern Ihren Gang ruhig fortsetzen wollen. Sie werden | |||||||
Ihren Verdiensten warlich die schönste Krone aufsetzen, wenn Sie bald | |||||||
bald Ihr ganzes System vollenden. | |||||||
Sobald die Recension Ihres Freundes abgedruckt ist sende ich | |||||||
Ihnen die Blätter in duplo mit der allernächsten Post. Ich kann die | |||||||
morgende Post kaum erwarten, da ich nicht begreife warum Ihr Brief | |||||||
eher angekommen, da doch nach Ihrem Ausdrucke vorgestern schon | |||||||
die Recens. abgesendet war. Ihr Freund wird doch eine Abschrift davon | |||||||
haben, fals ja ein Unfall damit auf der Post vorgegangen wäre. | |||||||
Kömmt sie morgen richtig an, so schreibe ich Ihnen gleich nächsten | |||||||
Posttag wieder. | |||||||
Indeß beharre ich wie immer, mit der größten Ehrerbietung | |||||||
Ihr | |||||||
gehorsamster und treu ergebenster | |||||||
Jena | Schütz | ||||||
d. 23 März 1787 | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 479 ] [ Brief 289a ] [ Brief 291 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |