Kant: Briefwechsel, Brief 193, Von Friedrich Victor Leberecht Plessing.

     
           
 

 

 

 

 

 
  Von Friedrich Victor Leberecht Plessing.      
           
  18. April 1783.      
           
  Wohlgebohrner, Hochgelahrter Herr,      
  Verehrungswürdiger Menschenfreund,      
           
  Dero menschenfreundliche Liebe und die Theilnehmung deren Sie      
  mich nun so verschiedentlich gewürdigt, läßt mich hoffen, daß Ew.      
  Wohlgeb. mir vergeben werden, wenn Sie schon wieder durch GeschäftsAngelegenheiten      
  von mir beschwert werden: Meinen Brief vom Dienstag,      
  mit 46 rthlr., worin 40 für das Diplom und 6 für HE Haman bestimmt      
  waren, werden Sie vermuthlich erhalten haben, wie ich denn      
  auch noch der Hoffnung lebe, durch dero Vorsorge mein Gesuch bei      
  der Fakultät zu erreichen, wie dero gütiges Schreiben mir diese Hoffnung      
  gemacht hat. Das was ich Ew. Wohlgeb. in meinem ersten      
  Briefe neulig geschrieben trift ziemlich ein: Ew. Wohlgeb. werden ohngefehr      
  auf den Montag als den 21 April 45 rthlr. vom HE Regimentsquartiermeister      
  Crüger vom Rothkirchschen Regiment ausgezahlt erhalten,      
  wogegen ich Ew. Wohlgeb. bitte nur einen Empfangsschein zu      
  geben, daß Ihnen vom HE Regimentsquart. 45 rthl. ausgezahlt worden.      
  Und hiebei erinnere ich: HE Crüger weiß nicht, daß dieses Geld in      
  meiner Angelegenheit an Ew. Wohlgeb. gezahlt wird; sondern mit der      
  heutigen fahrenden Post (: ich schreibe dies mit der reitenden :) wird      
  ihm blos gemeldet durch einen gewißen Capitain von Lartsch er solle      
  an HE Prof. Kant 45 rthl. auszahlen: ich bitte daher Ew. Wohlgeb.      
  gehorsamst sich auch gegen HE Crüger nicht merken zu laßen, da      
  dieses Geld für mich gezahlt wird, sondern ihm blos zu sagen, daß Ew.      
           
  Wohlgeb. aufgegeben worden, vom HE. Crüger 45 rthl. anzunehmen,      
  und ihm darüber einen Empfangsschein zu geben. Es wird dies Geld      
  durch meine Anverwandten dorthin assignirt, hat aber Ursachen, (: wegen      
  einiger kleinen ehemaligen Zwistigkeiten mit HE Crüger und ihnen :)      
  daß HE Crüger nicht wißen soll in weßen Angelegenheiten er das      
  Geld zahlet. Dieses Geld bitte ich nun Ew. Wohlgeb. gehorsamst an      
  HE Haman zu überschikken, als welcher etwas Schulden bezahlen und      
  meine übrigen Sachen davon einlösen soll. Den beikommenden Brif      
  schikken Sie ihm sogleich, weil ihm etwas durch denselben zu wißen      
  nöthig ist, noch ehe er die 45 rthl. empfängt. Zukünftigen Monath      
  denke ich alle meine zurükgebliebenen Schulden in Königsberg vollends      
  zu bezahlen; Nun habe ich schon binnen 10 Tagen 133 rthl. nach      
  Königsberg besorgt.      
           
  Noch eine Bitte habe ich an Wohlgeb.: ich haben einen ehrwürdigen      
  vortreflichen Vater, der Prediger in Wernigerode ist, dieser      
  wird sich sehr freuen, wenn er die Nachricht von meiner Promotion      
  sobald als möglich hört, wollten Sie wohl daher nicht Güte haben,      
  um diesen alten Mann diese Freude zu erwekken, und ihm grad von      
  Königsberg aus mit der ersten Post es melden, sobald mein Diplom      
  ausgefertigt ist? Denn wenn ich ihm von hieraus schreibe und die      
  Sachen aus Königsberg erst abwarte, so erhält er die Nachricht weit      
  später. Ich wünschte, daß Ew. Wohlgeb. den Brief so einrichten      
  könnten, daß mein Vater ihn auch andern vorlesen könnte; dem guten      
  Manne dürfte dies große Freude verursachen: Meine Bitte ginge daher      
  auch ohngefehr dahin, daß Ew. Wohlgeb. ohngefehr so an ihn schrieben:      
  wie Sie von mir gehört, wie ich meinen Vater liebe und achte, und      
  daß es ein würdiger Mann seye, so nähmen Sie daher nicht Anstand      
  ihm eine Nachricht zu melden die ihm angenehm seyn müße, um damit      
  er sie auf diese Weise desto eher erführe.      
           
  Edler Menschenfreund! ich bitte tausendmahl um Vergebung wegen      
  der vielen Mühwaltungen die ich Ihnen verursache; es ist dies eine      
  unglükliche Verwikkelung meines Schiksaals: doch nunmehr haben die      
  Aussichten meines Lebens ein beßeres Aussehn gewonnen; meine Seele      
  fängt an heiterer zu werden.      
           
  Werden Sie auch so gütig seyn, und mir Ihr Urtheil sagen in      
  Absicht des Ihnen mitgeschikten Plans meines zukünftigen Werks ?      
           
  Ich bin izt unter so vielen Denken und Geschäften vergraben, da      
           
  ich Ew. Wohlgeb. daher aufs gehorsamste um Vergebung bitte, wegen      
  meines unordentlichen Schreibens; auch dringt mich der Abgang      
  der Post.      
           
  Mit der ehrerbiethigsten Hochachtung bin ich ewig      
           
    Ew. Wohlgeb.      
  Graudenz treugehorsamster      
  den 18 April 83 P      
           
           
           
     

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