Kant: Briefwechsel, Brief 184, Von Iohann Friedrich Reichardt. |
|||||||
|
|
|
|
||||
Von Iohann Friedrich Reichardt. | |||||||
15. Nov. 1782. | |||||||
Verehrungswehrter Herr Profeßor. | |||||||
Wie wenig Ursache Sie haben Herrn Mangelsdorfs Aussagen von | |||||||
Biesters übertriebenen Versprechungen Glauben beizumeßen, können Sie | |||||||
daraus ersehen daß Herr M. ehegestern an Biester schreibt: Sie hätten ihm | |||||||
entdeckt wie Sie mir für Biester die Aussicht eröfnet hätten dahin zu | |||||||
trachten, daß für ihn die Rednerstelle mit der poetischen Profeßur des | |||||||
Herrn Prof: Kreuzfeldt, der bald sterben müsse, vereinigt werden | |||||||
möchte, welche beiden Stellen gleich einträglich und zusammenpaßend | |||||||
wären, und wie Sie ihm gerathen, daß er nun dieses, welches ich | |||||||
schiene vergeßen zu haben, für sich suchen möchte. Dieses ist gewiß | |||||||
eine Lüge: und zwar eine doppelte Lüge: fürs erste haben Sie mir | |||||||
nie davon gesprochen, und haben also auch gewiß ihm nichts davon | |||||||
gesagt; fürs andere würden Sie gewiß auch nie einen ziemlich unbedeutenden | |||||||
Mann, auf den Tod eines bravern Mannes warten machen: | |||||||
eben so wenig werden Sie einem Mangelsdorf zu Gefallen die Vereinigung | |||||||
zwoer Professuren befördern helfen; die Ihnen selbst für | |||||||
Biester noch zuweilen bedenklich schien. | |||||||
Eben so wenig, theuerster Herr Profeßor haben Sie je zu besorgen, | |||||||
daß durch ein Gerücht Biesters vollkomne Hochachtung für | |||||||
Sie und brüderliches Vertrauen für mich erschüttert werden möchte. | |||||||
Biester erinnert sich dem Herrn Mangelsdorf eine solche Vorstellung | |||||||
von der Königsbergschen Profeßur gemacht zu haben, als | |||||||
könnte sie bis an 500 bis 600 thl. eintragen; wozu er freilich theils | |||||||
durch meine Briefe u. Reden, theils durch Herrn Ettners Bestellung | |||||||
Ihres Auftrages gestimt worden ist. Auf diese Vorstellung that nun | |||||||
aber auch Herr Mangelsdorf in seinen Briefen aus Halle, als hätt, | |||||||
er das Himmelreich auf Erden gefunden, sprach von Dankbarkeit bis | |||||||
ins zehnte Glied u. dgl. Nun er dort ein Viertheil vieleicht weniger | |||||||
findet, will er mit Gewalt wieder fort und sagt in Halle 1000 thl | |||||||
gehabt zu haben. Es ist aber dem Minister Zedlitz und selbst Biestern | |||||||
ganz recht, daß sie, für ihre Sucht nach auswärtigen Profeßoren, und | |||||||
für ihre Nachläßigkeit in Hervorziehung tüchtiger Preußen, mit solchen | |||||||
unruhigen und unzufriedenen Männern zu thun beckommen. Litten | |||||||
nur nicht meine armen Landsleute doppelt darunter! Indeß bleibt die | |||||||
doch immer eine Ursache mehr, am wenigsten für auswärtige Profeßoren, | |||||||
die Vereinigung mehrerer Profeßuren zu befördern. Noch bitt' ich | |||||||
Sie, bester Herr Profeßor, sich davon zu überzeugen, daß Zedlitz u. | |||||||
Biester nicht immer glauben, die schätzbarsten Männer hinzuschicken, | |||||||
sondern daß der hingeschickte es meistens darum ist, weil sie keinen | |||||||
andern bekommen können. Sie sehen daß ich aus herzlicher Liebe | |||||||
für mein Vaterland und aus Verehrung Ihrer mehr antworte, als Sie | |||||||
mir gefragt haben. Ich wünsche daß dadurch der Vorsatz bey Ihnen | |||||||
erzeigt werde, allemahl, wenn es Ihnen daran gelegen ist, aufrichtige | |||||||
und ganz unverholene Nachrichten die Königsbergsche Akademie betreffend, | |||||||
von hier zu erhalten, mich geradezu darum zu befragen; und | |||||||
daß Sie zugleich dadurch überzeugt werden mögen von der vollckomnen | |||||||
Hochachtung mit der ich zeitlebens verharre | |||||||
Ihr | |||||||
ganz gehorsamst ergebenster | |||||||
Berlin. Am 15 Nov. 82. | Reichardt. | ||||||
Biester trägt mir diesen Augenblick auf Ihnen seine vollkommenste | |||||||
Hochachtung und Ergebenheit zu versichern. | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 291 ] [ Brief 183 ] [ Brief 184a ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |