Kant: Briefwechsel, Brief 150, Von Iohann Erich Biester. |
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Von Iohann Erich Biester. | |||||||
Berlin, d. 11. April. 1779. | |||||||
Der Ueberbringer dieses Briefes ist der junge Ettner aus Breslau, | |||||||
der izt nach Königsberg geht, um dort seine Studien anzufangen. | |||||||
Er hat mich um ein Empfehlungsschreiben an Sie, theurester Mann, | |||||||
gebeten. Ich kenne ihn selbst gar nicht; nur seinen Stiefvater, einen | |||||||
sehr würdigen Mann, Bürgermeister einer nahen Stadt, der mir dieselbe | |||||||
Bitte gethan hat. Allein, wenn ich ihn auch genauer kente, wie | |||||||
könt' ich dreist genug seyn, ihm ein solches Schreiben an Sie mitzugeben; | |||||||
da die Art Bekantschaft, worin ich mit Ihnen zu stehen das | |||||||
Glück habe, mich gar nicht zu solchen Freyheiten berechtiget? - Indessen, | |||||||
ich sehe es als eine Bescheidenheit des jungen Menschen an, | |||||||
der doch lieber mit einer Art Einführung vor Ihnen erscheinen will. | |||||||
In diesem Gesichtspunkt, u. als eine Gelegenheit Sie aufs neue | |||||||
meiner wahrsten Hochachtung zu versichern, schreibe ich sehr gern | |||||||
diesen Brief. | |||||||
Der vortrefliche Kraus (den man täglich mehr schäzen lernt, wie | |||||||
man ihn mehr kennen lernt) wird Ihnen geschrieben haben, daß ich | |||||||
Ihnen einen kleinen Auszug aus Reinh. Forsters Philosophischen Beobachtungen | |||||||
auf der Südseereise schicken werde. Das Buch ist selten; | |||||||
dieß ist das Einzige, was meine Dreistigkeit entschuldigen kann, Ihnen | |||||||
so etwas von mir vorzulegen; nebst meiner heissen Begierde, Ihnen | |||||||
auf irgend eine Art einen Gefallen zu erzeigen. Ich werde Ihnen | |||||||
sehr bald Etwas, wenn auch noch nicht Alles, schicken. | |||||||
Der junge Forster, den wir hier haben kennen lernen, ist ein sehr | |||||||
liebenswürdiger edler Mann. U. der alte wird Michaelis nach Halle | |||||||
gehen, wenn ihn nur seine Gläubiger aus England ziehen lassen. | |||||||
Herz hat diese Woche, nach einer Pause, die Psychologie angefangen, | |||||||
die er ununterbrochen in einem Vierteljahr zu enden denkt. | |||||||
Unser Minister (ich bin stolz, daß ich Ihn auch meinen nennen kann) | |||||||
versäumt keine Stunde. Zuweilen bittet Er auch Krausen auf eine | |||||||
philosophische Unterredung zu sich. - - In dem Abglanz dieser | |||||||
beiden erkennen wir Ihr Licht. | |||||||
Ich bin mit der innigsten Verehrung des Herzens der Ihrige | |||||||
Biester. | |||||||
[ abgedruckt in : AA X, Seite 253 ] [ Brief 149 ] [ Brief 151 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |