Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zur Religion innerhalb der ... , Seite 109

   
         
 

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  01 bewust ist er von der Besserung des vorigen Lebens angefangen hat    
  02 mithin er immer sich einer Schuld bewust ist die er zu tilgen oder zu    
  03 büßen verbunden ist. Diese Schuld aber ist die corruption des Ebenbildes    
  04 Gottes in ihm welches wenn er es auch herstellen könnte ihn doch wegen    
  05 der Übertretung die vorherging verantwortlich bleiben läßt.    
         
  06

Ein moralischer Glaube

   
  07 ist jederzeit nur von practischer Bedeutung. Er hat seinen Beweisgrund    
  08 nicht in einem theoretischen Bedürfnis als nur so fern die Annehmung    
  09 des Objects (des höchsten Guts) nicht in sich wiedersprechend ist und dieses    
  10 wird nicht gedacht um (durch ein crede) seine pflichtmäßige Handlung    
  11 objectiv möglich oder nothwendig zu machen sondern ist nur subjectiv    
  12 ein Princip der Übereinstimmung seines sittlichen und pathologischen    
  13 Wunsches mit einander nach seiner Naturbeschaffenheit.    
         
  14

In einer Staatverfassung

   
  15 Ist ein Schöpfer des Staats durch Gesetzgebung (der Selbstherrscher)    
  16 und ob er gleich nach und nach verschiedene Gesetze geben (auch alte    
  17 aufheben) kann so kan man ihn sich doch so denken als ob er in einem    
  18 Act seines Willens alle diese Gesetze für alle künftige Fälle eingesehen    
  19 und gegeben habe. so ist es Gott über Vernunftlose Natur Wesen: semel    
  20 iussit semper parent. - Aber der Regent enthält eigentlich in sich die    
  21 Majestät (sowie der Souverain die Weisheit) er ist die mit der höchsten    
  22 Macht verbundene Willkühr. Jener nachdem er gesprochen hat so ruhet    
  23 er von seiner Arbeit und läßt die Gesetze in der Hand des letzteren wirken.    
  24 Dieser kann durch keine Macht selber eingeschränkt werden aber kann    
  25 auch nicht Gesetze geben und der Unterthan schränkt ihn also durch sein    
  26 Recht unter Gesetzen ein. Allein dieses letztere würde aber nicht geschehen    
  27 wenn nicht auch ein Richter wäre. Dieser thut nur den Ausspruch;    
  28 bey Regenten ist die Ausübung der Sentenz. So würde alles    
  29 Gut gehen wenn jede dieser Mächte von der weisesten Einsicht im Gesetzgeben    
  30 und der gütigsten und verständigsten Gesinnung im Regiren wäre.    
  31 Wie aber die Menschen sind so übt der Zweyte seine Gewalt nicht    
  32 gesetzmäßig aus und der Dritte corrumpirt das Recht.    
         
  33 Also ist es ein Nothfall dem Regenten das Recht der Unwiederstehlichkeit    
  34 zu geben.    
         
         
     

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